Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 166
(PDF, 48 MB)
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6. Ihr sollt nicht ehebrechen - wie Jene, die sich mit Tänzerinnen u. s. w. abgaben, sondern ihr sollt
musterhaft mit euren eigenen Weibern hausen, wie es jedem guten Bürger ziemt.

7. Ihr sollt nicht stehlen - nicht durch übertriebene Steuern und Verschwendung besonders an Pensionen
und Militärgehalte unser Geld an euch bringen, sondern unser Handel und Gewerbe befördern,
uns zu Nahrung und Wohlstand verhelfen.

S. Ihr sollt kein falsches Zeugnis geben - uns nicht durch Versprechungen hinhalten, unsere gerechte
Forderung bald erfüllen, uns nicht länger durch Vorenthaltungen der Waffen in Ungeduld lassen.

9. Ihr sollt euch nicht gelüsten lassen - nach russischen Allianzen; lasst das Erbe eurer Väter, den deutschen
Bund, im Stich, damit er in sich selbst zerfalle, und unser Vaterland glorreich hervorgehe.
10. Ihr sollt nicht begehren - eures Volkes Hab und Gut, durch Auspfändungen bei schon ohnehin
armen Leuten, und es wäre besser, ihr besteuert mehr die Kapitalisten und Zinswucherer, und ließet
den Armen Weib und Magd, Ochs, Esel und Alles was sein ist.124

Beim Vergleich mit den Zehn Geboten des Alten Testamentes ist festzustellen, dass sich die
Version auf dem Flugblatt stark am Original orientiert. So blieben etwa die Originalstruktur
und gewisse Schlüsselwörter erhalten. Eingebunden in diese Struktur waren Hinweise auf aktuelle
Ereignisse, wie der Aufstand der schlesischen Weber, das Verhältnis König Ludwigs I.
von Bayern mit der Tänzerin Lola Montez oder die Gefahr einer russischen Intervention.

5.1.2. Didaktische Formen

Neben den religiösen Rezeptionsformen waren auch didaktische Formen eine Möglichkeit,
dem Leser auf einfache Art den Inhalt zu übermitteln. Im Flugblatt Ein deutsches Rechen-
exempel wurden beispielsweise sämtliche Ausgaben für alle fürstlichen Familienmitglieder, für
die Verwaltung und die Armee aufgelistet, zusammengezählt und den lebensnotwendigen Bedürfnissen
des Volkes gegenübergestellt.125 Diese Auflistung war visuell sichtbar und nahm
fast eine Spalte des zweispaltigen Flugblattes ein. Daneben gab es Flugschriften, die politische
Inhalte in Form eines ABC oder mittels eines Gespräches zu vermitteln suchten.126

5.1.3. Lyrische Formen und Karikaturen

Auch lyrische Formen dienten dazu, Leser aus den unteren Bevölkerungsschichten zu gewinnen
. Dabei unterschied sich die Lyrik der 48er-Flugschriften nicht grundsätzlich von der des
Vormärzes. Sie behielt deren überwiegend pathetischen Tonfall und ihre propagandistische und
agitatorische Zielsetzung.127 Als Beispiel dient ein Gedicht über den mutigen und ehrenvollen
Kampf des deutschen Volkes für seine Freiheit

So hast du denn die Schlacht geschlagen,
zu der Dich 's lange schon gedrängt,
Und hast mit männlich kühnem Wagen
Die Kette, die Dich hielt, gesprengt!
Hast die Freiheit Dir errungen
Und stehst nun als Sieger da:
Den Lorbeer um das Haupt geschlungen,
Den Lorbeer der Victoria.

Nun stehe fest und bleib' im Siege,
Gerüstet, und die Hand am Schwert;
Weißt Du ja doch nicht, was die Wiege
Der neuen Zeit Dir noch beschwehrt. -

124 Ebd., Blatt 23a.

125 Ebd., Blatt 22.

126 Vgl. Weigel (wie Anm. 74). S. 210 sowie StadtAF, Dvd 7680 RARA, Teil 1, Blatt 401.

127 Weigel (wie Anm. 74), S. 202 ff.

Und immer höher sollst Du steigen
Zur Warte, wo der Wächter steht: -
Und allen Völkern sollst Du zeigen
Des Volkes hehre Majestät.

Steh' männlich da; nicht Herr'n und Knechte,

Ein einig Volk von Brüdern sei!

Steh' fest für Deine heil'gen Rechte

Nicht sei allein, bleib' immer frei.

Und allen Fürsten sollst Du 's sagen:

Ein Volk, das kühn sein Blut vergießt,

Der Freiheit Krone zu erjagen.

Ein Volk von Gottes Gnaden ist.

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