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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 167
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2005/0167
Und hast Du für Dein Recht zu fechten.
So thu 's mit kühnem Mannesmuth;
Die Schmeichelrede lass' den Knechten;
Du gabst dafür Dein Bürgerblut. -

Damit die Fürsten es erkennen,
daß würdig Du und mündig bist:
Und wie sich auch die Redner nennen
Des Volkes, - Gottes Stimme ist.m

Im Gegensatz zur Lyrik des Vormärzes bezog sich, gemäß Sigrid Weigel, ein großer Teil der
Flugschriftengedichte ironisch oder parodistisch auf Einzelereignisse oder auf politisch wichtige
Personen, wobei die thematischen Bezüge sehr konkret und aktuell gehalten waren. Beispiele
dafür lassen sich viele finden, sowohl in der Literatur129 als auch in dem hier untersuchten
Quellenkorpus130. Die Gedichte in den Flugschriften waren oftmals, wie etwa im
Guckkastenlied vom großen Hecker, mit Karikaturen versehen, die Bezug auf den Inhalt der
Strophen nahmen, sie kommentierten und den schlechten Leser durch die Geschichte führten.
Dass Flugblätter mit Gedichten so populär waren, lag vor allem auch daran, dass sie sich
besonders gut vortragen ließen. Unterstützt wurde ihre Popularität zudem dadurch, dass die
Verfasser dieser Gedichte auf Melodien bekannter Lieder zurückgriffen. So musste etwa der
Pfiffikus von Preußen131 nach der Melodie O du Deutschland ich muss marschieren gesungen
werden.

Eine schreibstrategische Maßnahme zu Gewinnung unterer Leseschichten war die bewusste
Verwendung von ironischer Sprache. Diese zeichnete sich dadurch aus, dass sie in ironischer
Weise auf den Bildungs- und Bewusstseinsstand des gemeinen Volkes zurückgriff, um politische
Inhalte zu vermitteln. Ein schönes Beispiel für die Verwendung von Ironie stellt das Flugblatt
Die Pfälzer Bauern an den provisorischen Landes-Ausschuss der Volksvereine dar. Darin
wurde die Aufforderung des Landesausschusses der Volksvereine zur Gründung von Volksvereinen
kritisch hinterfragt:

In Eurem Schreiben v. 8. Januar sagt Ihr, „in Frankreich sei die Februarrevolution durch die im ganzen
Land bestandenen politischen Clubbs vorbereitet worden; gewiss auch in Deutschland und zunächst in
unserem engeren Baden wäre in der ersten Zeit der Bewegung des vergangenen Jahrs ein ganz anderes
Ziel erreicht worden, wenn dieselbe Organisation bestanden hätte. " Was meint Ihr mit dem ganz andern
Ziel? Seht, mit uns müsst Ihr deutlich reden, sonst verstehen wir Euch nicht... Wir, auf dem Lande, sind
gewohnt, daß Jeder sagt, wie es ihm um 's Herz ist und wenn einer sagt, er sei ein wahrer Volksfreund, so
glauben wir ihm und denken, er meint es gut mit uns. Drum ist es nicht recht, wenn man unsere Treuherzigkeit
missbraucht und unsere Gutmüthigkeit hintergeht.

In Eurem Schreiben v. 3. Februar sagt Ihr: „Schande über den Bürger, der nicht freudig ein Opfer zu
bringen vermag, wenn es gilt, die Freiheit und Ehre seines Vaterlandes zu erringen " Darin sind wir ganz
mit Euch einverstanden, und wir werden gewiss nicht die Letzten sein, wenn es gilt. Aber nehmt uns das
nicht übel, daß wir soviel fragen, wir wissen eben nicht Alles so gut, als Ihr Städter: Wer bedroht denn
die Freiheit und Ehre unseres Vaterlandes? Das sagt Ihr uns nicht. Dagegen heißt es in Eurem Schreiben
v. 8. Januar: „Es ist durchaus nöthig, daß einzelne Männer in unserer Sache das Land bereisen, und auf
auswärtigen Congressen vertreten und engere Verbindungen anknüpfen. Solchen Männern können wir
nicht zumuthen, daß sie auf eigene Kosten Zeit und Mühe opfern. Jeder, der eine Mission, auch die unbedeutendste
, zu erfüllen hat, soll eine verhältnismäßige Vergütung aus der allgemeinen Casse erhalten."
Wie reimt sich aber das zusammen, daß ihr Schande ruft über den Bürger, der nicht Opfer bringt für die
Ehre und Freiheit des Vaterlandes und doch sagt, Ihr könnt jenen Männern, die das Land bereisen und
Euch auf auswärtigen Congressen vertreten, nicht zumuthen, Zeit und Mühe zu opfern? Nichts für ungut,
aber wir meinen, Ihr solltet nicht alleine von uns Opfer fordern, sondern auch von Euren guten Freun-

128 StadtAF. Dvd 7680 RARA. Teil 1, Blatt 32.

129 So etwa in Otto (wie Anm. 98).

130 Der Pfiffikus von Preußen, StadtAF, Dvd 7680 RARA. Teil 1. Blatt 205. Das Guckkastenlied vom großen

Hecker. ebd., Blatt 152. Ein schönes neues Lied von dem weltberühmten Struwwel-Putsch, ebd., Blatt 153.
i3i Ebd., Blatt 205.

5.1.4. Ironie als schreibstrategische Maßnahme

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