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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 174
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Frage, ob ehemalige Mitglieder der NSDAP überhaupt für ein Amt in der Lehrerausbildung in
Betracht kamen, zumal General Schmittlein noch vor kurzem ausdrücklich selbst die politische
Sensibilität gerade dieser Ämter hervorgehoben hatte.33 Die Delegation Superieure
betonte deshalb in ihrem Schreiben nach Baden-Baden, dass sich unter den vorgeschlagenen
Personen zwei ehemalige Parteigenossen befänden, von deren Bestellung man abrate.34 Eine
Antwort von General Schmittlein ist nicht erhalten. Aber beide Namen tauchten dann überraschenderweise
doch in der Liste jener Fachleiter auf, die die Delegation Superieure - auf welche
Weise auch immer - approbiert hatte.35

Mit der Ernennung des chef de stage zeigten Ministerium und Militärregierung mehr Spürsinn
. Der aus einer schlesischen Fabrikantenfamilie stammende Hermann Scharnke36 hatte
Altphilologie studiert, war 1917 in Lörrach in den badischen Schuldienst eingetreten und 1931
zum Direktor in Wertheim aufgestiegen. 1934 übernahm er die Leitung des Gymnasiums von
Donaueschingen, wurde dort aber 1938 wegen Unzuträglichkeiten mit der NSDAP7,1 abgesetzt
und als Oberstudienrat an das Freiburger Hindenburg-Gymnasium (dem späteren Goethe-
Gymnasium) versetzt. Möglicherweise verdankte er seine Berufung an das Studienseminar
einer Empfehlung von Leo Wohleb - inzwischen Kultusminister und kommissarischer Staatspräsident
von Baden -, der selbst bis Ende 1931 Direktor in Donaueschingen gewesen war.

Der Dienstbetrieb des Studienseminars begann am 10. Mai 1947 mit 12 Referendaren.38 Das
gravierendste Problem dieser Anfangszeit war die Raumnot in der zerstörten Stadt. Teile des
Real-Gymnasiums - unter anderem sein Nordwestflügel, in dem sich der Dienstsitz des Seminars
befunden hatte - waren den Bomben zum Opfer gefallen. Die wichtigste Aufgabe des
Direktors bestand zunächst darin, Räume für Verwaltung und Lehrveranstaltungen zu finden.
Er selbst erledigte die Direktoratsgeschäfte von seiner Privatwohnung aus39 und hielt seine
Lehrveranstaltungen im Katholischen Institut in der Eisenbahnstraße (dem späteren Sankt Ursula
-Gymnasium) ab, wo auch der Historiker und der Romanist Zuflucht fanden. Der Geograph
lehrte in Räumen der Universität, die Physiker, Mathematiker und Chemiker im (unzer-
störten) Physiksaal des Realgymnasiums. Alle anderen Fachleiter unterrichteten in ihren Privatwohnungen
.40

Gedrängt von der Delegation Superieure41 reichte Scharnke im Herbst 1947 schließlich den

33 Schreiben an die Delegation Superieure in Freiburg vom 9.4.1947: // est d'autre part evident qu'en raison de
Vinfluenae que peuvent exercer les professeurs sur la formation des futures maitres pendant la Referendarzeit
des garanties particulieres doivent etre exigees d'eux. II importe donc que ce choix et tont particulierement le
choix du chef de stage fasse l'objet de Vagrement prealable de votre administration. In: AOFA. Bade 4149/1.

34 Schreiben vom 14.5.1947 (ausgefertigt vom Administrateur Daty): Le Secretariat d'Etat a fait connaitre ä nies
Serx'ices les noms des professeurs charges des cours; en revanche, deux sont d'anciens P.G. Je desirais savoir
si vous considerez que Vappartenance au N.S.D.A.P. exclut les candidats ä de telles fonctions. En ce qui me con-
cerne, j'emets un avis defavorable sur leur emploi. In: Ebd.

35 Vgl. Schreiben der Delegation Superieure vom 4.7.1947. In: StAF, F 110/9 498. Fachleiter der ersten Stunde
waren: Frau Dr. Kohlund für Deutsch, Dr. Schaub für Geschichte, Dierenbach für Geographie, Schmidt für Englisch
, Longerich für Französisch. Dr. Breithaupt für alte Sprachen. Dr. Feurstein für Mathematik und Physik.
Moser für Chemie und Frau Dr. Wölfle für Biologie.

36 Zu den folgenden Angaben vgl. seine (Ersatz-)Personalakte unter StAF, L 50/1 12394.

37 Schreiben des Kultusministeriums an die Wiedergutmachungskommission vom 3.12.1951. In: Ebd.. Zu den Hintergründen
vgl. Wolfgang Hilpert: „Der Fall Scharnke ist ein politischer Fall". Ein Schulleiter-Schicksal im
Dritten Reich. In: 1778-2003. 225 Jahre Fürstenberg-Gymnasium Donaueschingen. Festschrift. Donaueschingen
2003, S. 64-73.

38 Schreiben von Scharnke an Hauptmann Sigmann vom 2.6.1947. In: StAF, F 110/9 498.

39 Schreiben an die Stadtverwaltung von Freiburg vom 23.9.1947: Als Leiter des Staatlichen Studienseminars bin
ich genötigt, meine DienstgeSchäfte so gut wie ausschließlich in meiner Privatwohnung Zasiusstraße 107 zu versehen
; in keiner Schule konnte mir ein Raum zur ausschließlichen Benutzung zugewiesen werden. In: StAF, L
50/1 12394.

40 Ebd.

4' Schreiben an das Kultusministerium vom 2.9.1947. In: StAF, F 110/9 498.

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