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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 176
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tig darum ersuchte, den studierten Psychologen Dr. Joseph Rombach von der Mädchenoberrealschule
mit einem psychologischen Lehrauftrag am Seminar zu betrauen,51 liegt es nahe, in
diesem auch den Anreger zu vermuten.

General Schmittlein reagierte hierauf zunächst mit einer vagen acceptation de principe.52
Anfang September verlor er jedoch in einem Schreiben an die Freiburger Delegation
Superieure seine bislang geübte Contenance, zum einen weil er in dem Ausbildungsplan immer
noch keine Hinweise auf die längst geforderten politischen Lehrgänge entdecken konnte,
zum anderen weil ihm seine Ausrichtung auf Theorie oder - in seiner Sicht - auf theorieschwere
Realitätsferne als ein Merkmal des deutschen Sonderweges nicht passten. Damit markiert
seine Stellungnahme zugleich die inzwischen erkennbare Distanz zwischen französischer
und deutscher Bildungskonzeption.

Es sei unbedingt zu vermeiden, so Schmittlein, dass sich die künftigen Gymnasiallehrer, immerhin
die aufgeklärteste Gruppe ihrer Nation, in nutzlose philosophische Diskussionen verstrickten
. Statt dessen müssten sie entschieden ihren Stand im Leben gewinnen, genauer
gesagt in der demokratischen Ordnung, wobei ihnen Vertreter politischer Gruppen oder Gewerkschaften
lebendigere Einblicke vermitteln könnten als die ins Allgemeine dozierenden
Professoren.53

Die Freiburger Delegation sah sich endlich veranlasst, zur Baden-Badener Forderung nach
politischen Lehrgängen Stellung zu nehmen. Der Administrateur Daty persönlich und damit
ihr zweitwichtigster Repräsentant teilte dem General Schmittlein mit, dass man schon deshalb
keine politischen Lehrgänge habe einrichten können, weil es hierfür keine geeigneten Lehrer
gäbe. In ihrer Mehrheit seien diese entweder unpolitisch oder folgten blindlings ihren jeweiligen
Parteien. Politische Bildung könne aber nur von solchen Persönlichkeiten vermittelt werden
, die bereits in der Vergangenheit ihren Mut und ihre Weitsicht unter Beweis gestellt
hätten.54 Solche im Widerstand gegen das NS-Regime bewährte Persönlichkeiten gab es in
Freiburg durchaus.55 Deshalb konnte diese undifferenzierte Argumentation nur eines bedeuten:
Die Freiburger Delegation wollte nicht und dies wahrscheinlich deshalb, weil auch das Kultusministerium
nicht wollte.56

An einer scharfen Reaktion auf diese offenkundige Insubordination sah sich die DEP wohl

51 Schreiben an die Delegation Superieure vom 5.4.1948. im StAF. F 110/9 488.

52 Schreiben an die Delegation Superieure vom 12.5.1948. In: AOFA. Bade 4149/1.

s3 Schreiben vom 1.9.1948: Je vous rappelte tonte l"importance qu'ü convient d'accorder ä ces stages [politiques]
pour lesqueh je n ai, jusqu ici, recu aucune proposition concrete de pmgramme. J attacherais du prix ä ce que
les jeunes etudiants fussent form es ä une ecole vraimenl democratique et que les Conferences qui leur sont fai-
tes au cours de ces stages fussent tenus non seulement pur des professeurs avertis de la chose publique qui trai-
teraient de problemes generaux, mais meine pur des representants qiialifies des organisations politiques ou syn-
dicales qui donneraient aux jeunes gens des apercus vivunts plus precis et plus directs du regime democratique.
II s 'agit. en somme. que les futurs professeurs s 'evadent. ä bon escient, des discussions philosophiques byzanti-
nes, generatrices de faillites. pour prendre pied resolument dans la vie. L'educateur ne doit plus faire partie
d'une caste d'intellectuels privilegiee. il doit sc sentir apparente aux couches profondes et populaires de la na-
tion dont il est. naturellement, le representant le plus eclaire. In: Ebd.

** Schreiben an die DEP vom 8.9.1948: Jusqu'ä la presente. il a ete impossible d'envisager l'Organisation de stages
de jormation politique, fautes de maitres capables d'y enseigner dans l'esprit que vous considerez precise-
ment comme destine ä placer dans la vie reelle les futures educateurs. La plupart des maitres ou bien ignorenl
Unit des realites politiques. ou bien sont etroitement associes d un parti politique. qu'ils suivent aveuglement.
La Jormation civique ne peut etre donnee que par des personnalites ayant fait la preuve dans le passe de leur
courage et de leur largeur de vues. In: Ebd.

55 Man denke nur an Persönlichkeiten wie den Mediziner Franz Büchner, die Nationalökonomen Constantin von
Dietze und Walter Eucken. den Philosophen Max Müller oder den SPD-Bürgermeister und Stadtrat Franz Geiler
.

36 Die Gründe für den von Anfang an deutlichen Widerstand des Ministeriums gegen die stages politiques werden
im Quellenhorizont nicht deutlich. Wahrscheinlich spielten dabei traditionelle Ängste vor einer Politisierung der
Schule ebenso eine Rolle wie Befürchtungen vor einer politischen Indoktrination zugunsten der Besatzungsmacht
.

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