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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 177
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schon deshalb gehindert, weil sie selbst über keine Ausbildungskonzeption verfügte. Noch Anfang
des Jahres 1948 hatte Schmittlein unumwunden zugegeben, dass er dieses Problem bislang
nicht gelöst habe.57 Aber jetzt, seit dem Frühjahr 1948, ergriff die DEP die Gestaltungsinitiative
, indem sie ein projet d'ensemble5* anstrebte, ein Gesamtkonzept der Gymnasiallehrerausbildung
also, die deren universitäre und praktische Teile zu einem sinnvollen Ganzen verknüpfen
wollte. Freilich geriet dieses Projekt nicht über einen Teilbereich, nämlich die Redaktion
der wissenschaftlichen Prüfungsordnung, hinaus. Wie jedoch aus seiner Sicht die institutionellen
Umrisse einer künftigen Referendarausbildung hätten aussehen können, das umriss
Schmittlein im Mai 1948 in einem vertraulichen Schreiben an die Freiburger Delegation Superieure
: Demnach sollten die jeweils besten höheren Semester unter den Lehramtsstudenten
von den Universitäten abgezogen und einer elitären Ecole Normale Superieure zugewiesen
werden, um sich dort unter optimalen Bedingungen auf das Assessorenexamen vorzubereiten.
Schmittlein wünschte sich die künftige Gymnasiallehrerschaft als eine Leistungs- und Gesinnungselite
von hoher innerer Geschlossenheit, die kulturell und politisch auf Frankreich hin
ausgerichtet war. Die Initiative zu diesem Projekt sollte allerdings von deutscher Seite kommen
.59 Mit letzterem trug Schmittlein dem Umstand Rechnung, dass eine solche Konzeption,
die auch im damaligen Frankreich utopisch gewesen wäre, den Deutschen im Jahre 1948 nicht
mehr gegen ihren Willen aufzuzwingen war (wie beispielsweise noch ein Jahr zuvor das Zentralabitur
). Seine Überlegungen stifteten bei der Freiburger Delegation - wie die zahlreichen
Randbemerkungen auf diesem Schreiben zeigen -, eher Verwirrung als Zustimmung. Fraglich
bleibt, ob sich damit das Kultusministerium überhaupt befasst hat, eine Reaktion ist jedenfalls
nicht belegt.

Die raschen und tiefgreifenden politischen Veränderungen des Jahres 1948 sind bekannt und
brauchen hier nicht dargestellt zu werden.60 Sie beendeten die Sonderwege französischer Besatzungspolitik
und führten bereits 1949 zum Entstehen eines föderativen Weststaates und zum
Übergang der Kulturhoheit in deutsche Hände. Beinahe implosionsartig erloschen Herrschaft
und Kontrolle der Militärregierung. Die dreieinhalb Jahre Besatzungsherrschaft hatten den tradierten
Kern der deutschen Gymnasiallehrerausbildung nicht verändert: Solange die Militärregierung
die Macht besaß, verfügte sie über kein Konzept. Und als sie schließlich ein solches
zu entwickeln begann, verlor sie die Macht.

Freilich besaß auch das badische Kultusministerium kein innovatives Konzept, sondern
nahm vorerst an der von NS-Ideologie gereinigten Reichsausbildungsordnung von 1940 Maß.
Daneben orientierte es sich weiterhin an zwei Vorgaben der Besatzungsmacht. Gemeint sind
Praxisorientierung und elitäre Leistungsanforderungen. So ordnete das Ministerium im Frühjahr
1948 an, dass die Lehramtsstudenten künftig in ihren ersten Semesterferien mehrwöchige
Praktika (Einführungsdienst genannt) an einer Volksschule und an einem Gymnasium absol-

57 Denkschrift vom 27.1.1948. In: Vaillant (wie Anm. 3), S. 171t".

,x Schreiben von Schmittlein an die Delegation Superieure vom 3.5.1948. In: AOFA, Bade 4149/1.

59 Ebd.: Elle [la methode pour Information des maitres] consiste essentiellement d selectionner parmi les etudi-
ants dejd avances les meilleurs de ceux qui se destinent aux carrieres pedagogiques, et ä les grouper dans im
institut special analogue ä nos ecoles normales superieures pour leur permettre de terminer leurs etudes dans
les meilleures conditions possibles. tout en creant un esprit particulier et en permettant une actum plus directe
que s'ils restaient disperses parmi les milliers d'auf res etudiants ...Je vous serais reconnaissant de voir si les
autorites de votre Land ne seraient pas susceptibles de marcher dans [cette] ... voie. Mais il est bien entendu
que I'initiative devrait venir d'elles-memes. A ce moment il pourrait etre entendu que seuls les candidats qui
seraient passes par cette ecole normale superieure et dont le nombre correspondrait approximativement ä celui
des besoins du Land pourrait se presenter ä l'examen de Studienreferendare.

60 Zu den unterschiedlichen und gescheiterten Versuchen Schmittleins, eine fortdauernde Kulturhoheit der drei
Westmächte im Besatzungsstatut festzuschreiben, vgl. Zauner (wie Anm. 1). S. 118-137. Schmittlein selbst
übernahm 1949 die weitgehend auf beratende Funktionen zurückgestutzte Directum Generale des Affaires Cul-
turelles beim französischen Hochkommissar in Deutschland mit Sitz in Mainz, vgl. dazu neuerdings Helmut
Vogt: Wächter der Bonner Republik. Die Alliierten Hochkommissare 1949-1955. Paderborn 2004.

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