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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 181
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dem - es gab nichts, was in den Augen dieser Studenten für die Politik gesprochen hätte.*9

Wer sich damals freilich nicht ausschließlich auf seine Qualifikation konzentrierte, der
konnte an einer amüsanten Episode Unterricht in Demokratie nehmen: Für die Einberufung
der Referendare benutzte das Kultusministerium damals noch immer einen aus dem Dritten
Reich stammenden Formulartext. Im Februar 1949 erschien dann in einer überregionalen Zeitschrift
aus dem fernen Hamburg folgender Leserbrief: Der Zufall spielte mir vor einigen Tagen
das Schreiben einer hohen Dienststelle unserer südbadischen „Demokratie" in die Hände,
das die Erinnerung an meine Militärzeit wachrief: Sie werden dem Staatlichen Studienseminar
in Freiburg zur Ableistung des Vorbereitungsdienstes zugewiesen und haben sich am ... in
der Zeit zwischen ... bei dem Leiter des Seminars ... zum Dienstantritt zu melden. Als ich diese
Benachrichtigung an eine künftige Erzieherin andachtsvoll gelesen hatte, klang es mir wie aus
weiter Ferne im Ohr: „Stillgestanden - Weggetreten!"90 Die Lektion wirkte. Denn von nun an
benutzte das Ministerium in seinen Einberufungsschreiben das freundlich-zivilere Wir bitten
Sie ...

Neben der sich verschärfenden Auslese bedrängte die Referendare wirtschaftliche Not. Die
Geldverknappung als Folge der Währungsreform hatte das Leben insgesamt teurer gemacht.
Um den Landeshaushalt zu konsolidieren, strich die Regierung im Jahre 1949 alle bisher91 gewährten
Unterhaltszuschüsse. Hiergegen erhob die CDU-Fraktion des Landtages bereits Mitte
Oktober Einspruch und forderte eine der Notlage der Referendare gerecht werdende Lösung
der Frage des Unterhalts.92 Wenigstens jene, die mehr als zwei Jahre durch Kriegsdienst und
Vergleichbares verloren hatten, sollten künftig einen Unterhaltszuschuss erhalten.93 Die badische
Regierung reagierte zunächst mit dem Zugeständnis, dass Flüchtlinge, Sachgeschädigte,
politisch Verfolgte und Spätheimkehrer einen Ausbildungszuschuss in Höhe von 70 DM für
Ledige und 140 DM für Verheiratete erhalten sollten.94 Als sich die Haushaltslage wieder etwas
entspannte, weitete das Ministerium diese Förderung auf alle anderen bedürftigen Referendare
aus.95 Allerdings betonten im Sommer 1952 die Referendarsprecher aller Seminare des
gerade gegründeten Südweststaates bei ihrer ersten Zusammenkunft, dass die gewährten Unterhaltszuschüsse
zu den augenblicklichen Lebenshaltungskosten in auffälligem Missverhältnis
stehen.96 Letztere bezifferte der Sprecher des Studienseminars Stuttgart auf monatlich 238
DM für Ledige.97 Erst im Sommer 1954 schuf dann das Kultusministerium des Südweststaates
Abhilfe und erhöhte die Unterhaltszuschüsse für Ledige auf 200 DM und 265 DM für Verheiratete
.98

Nach 1950 begann die Zahl der Referendare schnell zu steigen, zunächst deshalb, weil die
Kriegsheimkehrer ihr Studium im Durchschnitt erst sechs bis sieben Jahre nach Kriegsende
zum Abschluss brachten.99 Im Jahre 1951 gehörten insgesamt 80 Referendare dem Freiburger

«9 Wie Anm. 87.

90 Artikel Stillgestanden - Weggetreten! In: DIE ZEIT vom 10.2.1949.

91 Vgl. die Bekanntmachung über Unterhaltszuschiisse und Vergütungen für Beamte im Vorbereitungs- und Probedienst
vom 28.6.1946. In: Badisches Amtsblatt 1946. S. 52.

» Hektographierter Antrag vom 19.10.1949. In: StAF, F 110/9 488.

93 Eingabe des Abgeordneten Vielhauer an das Kultusministerium vom 7.1.1950. In: Ebd.

94 Runderlass vom 16.9.1950. In: Ministerialblatt der Landesregierung von Baden 1950, S. 210f.

95 Runderlass vom 31.10.1951. In: Ministerialblatt der Landesregierung von Baden 1951, S. 329.

96 Petition an das Kultministerium in Stuttgart vom 16.6.1952. In: StAF, F 110/9 488.

97 Denkschrift an das Kultministerium vom 15.4.1953. In: Ebd. Da diese Aufstellung auch in wirtschafts- und sozialgeschichtlicher
Hinsicht von Interesse ist, seien hier die einzelnen Posten genannt: Miete 55 DM; Gas, Licht.
Wasser 6 DM; Essen 110 DM; Bahnfahrten zur Ausbildung 20 DM; Kleidung und Schuhe 25 DM: Heizung 10
DM; Waschmittel, Toilettengegenstände 7 DM; Versicherung 5 DM; wissenschaftliche und kulturelle Fortbildung
20 DM.

98 Rechtsverordnung vom 1.7.1954. In: Ebd.

99 Denkschrift der Referendarsvertreter in Baden-Württemberg vom 15.4.1953: Die Gründe hierfür liegen teils
in längerer Kriegsgefangenschaft, teils in den zu absolvierenden Vorsemestern zur Erlangung eines gültigen

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