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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 222
(PDF, 48 MB)
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graphischen Verarbeitung. Guy P. Marchai nimmt in einer konzisen Analyse nochmals die umstrittene
Frage nach der Bedeutung des (Schweizer) Bauern in der zeitgenössischen Quellensprache auf. Marchai
unterscheidet drei Diskurse, die die Metapher des Bauern mit unterschiedlichen Bedeutungshorizonten
benutzten, und bekräftigt mit der Conduit-Theorie aus der Erzählforschung, „dass die Assoziationen zwischen
den Diskursen je nach gesellschaftlicher Zugehörigkeit und den damit verbundenen Affinitäten
unterschiedlich ausfallen konnten" (S. 276), weshalb Vorstellungen von verschiedener Herkunft und Qualität
nebeneinander treten konnten. Nebenbei trägt Marchai Wesentliches zur Interpretation der Quellen
zum Freiburger Bundschuh bei. Tom Scott fragt abschließend nach Verbindungslinien zwischen Bundschuh
und Bauernkrieg, die er nicht strikt voneinander abgrenzen will.

Die Frage nach der „Revolutionierbarkeit Europas" wird bezeichnenderweise von den Autoren kaum
aufgeworfen, geschweige denn beantwortet. Das Konzept vom „unruhigen Reich" dagegen - das lässt
sich den Beiträgen entnehmen, obwohl ein eigentliches Fazit nicht gezogen wird - erweist sich als tragfähig
, um die verschiedenen Aufstände zusammenzufassen, ohne falsche ideologische, organisatorische
oder personelle Kontinuitäten zu unterstellen. Damit sind freilich weder Thema noch „neue theoretischmethodische
Zugänge" dazu erschöpft. Auch an Anlässen für weitere Forschungen mangelt es nicht: 2013
wird sich auch der Freiburger Bundschuh zum 500. Mal jähren. Clemens Joos

Fasnacht, Fasnet, Carnaval im Dreiland. Hg. von Dominik Wunderlin in Zusammenarbeit mit Waltraud
Hupfer und Peter Kalchthaler. Schwabe Verlag Basel, Basel 2005. 158 S. mit zahlrr. S/W- und Farb-
Abb.

Vermummung, Tanz und Spiel, Lärmen, Schlagen und Pritschen, Rituale, die mit Wasser zu tun haben,
oder der Genuss von Schmalzgebackenem sind Ausdrucksformen alten Volksbrauchtums, das sich vor Beginn
der Fastenzeit ausleben darf. So steht es sinngemäß im Lexikon für Theologie und Kirche von 1931.
Die Frage, ob Fastnacht mit oder ohne „t" zu schreiben sei, stellte sich für den Verfasser des Lexikonbeitrags
nicht. Er hielt sich an den Duden, der das „t" vorschrieb, und fügte eine etymologische Erklärung
bei: Der erste Wortteil leite sich von „vasen" her, was „umherschwärmen" oder „ausgelassen sein" bedeute
. Hermann Eris Busse, der sich etwa gleichzeitig zu dem Thema äußerte, führte das Wort auf
„faseln" im Sinne von „fruchtbar sein" zurück und postulierte energisch die Schreibweise ohne „t" , um
das Verwobensein des vermeintlich heidnisch-germanischen Brauchtums mit dem Kirchenjahr - Fastnacht
als Vorabend der Fastenzeit - in den Hintergrund treten zu lassen. Auch die Basler stießen sich an
dem „t" und schrieben ab 1925 nur noch Fasnacht, was der Duden als „landschaftlich und schweizerisch"
akzeptiert.

Wer heute über Fastnacht schreibt, hält sich also am besten an die örtlichen Gepflogenheiten. Die
variable Verwendung von Fastnacht, Fasnacht und Fasnet habe Methode, teilen die Herausgeber des dreiregionalen
Fastnachtsbuches ihren Lesern mit. Im Frühjahr 2005 ist es parallel zu 14 Ausstellungen in
Museen der Region am Oberrhein erschienen. Schon beim Blättern in dem freundlich gestalteten Buch
fällt auf, wie vielgestaltig, bunt und lebendig das Fastnachtsbrauchtum in der Regio Trirhena, alias Dreiland
, ist. Peter Kalchthaler eröffnet den Reigen der Beiträge mit einer Betrachtung zur Rolle des Narren
im Spätmittelalter, zitiert Sebastian Brant und sein 1494 im Druck erschienenes „Narrenschiff' und stellt
den Freiburger Münsternarren ins Zentrum: einen um 1500 geschaffenen Wasserspeier, der eine klug oder
versonnen dreinblickende männliche Gestalt zeigt, die eine Schellenkappe mit Eselsohren trägt. Freiburger
Fastnachtsfreunde lassen den Münsternarren alljährlich am 11.11. auferstehen als Einzelfigur, die das
Motto der kommenden Fastnachtssaison verkündet. Kalchthaler - selbst in der Freiburger Fastnacht
aktiv und im Gewand des Berthold Schwarz im Diskurs mit dem Münsternarren, alias Markus Weber von
den Fasnetrufern, abgebildet - stellt in einem weiteren Beitrag die jüngere Geschichte der Freiburger Fastnacht
dar unter der Überschrift: „Fastnacht, Karneval, Fasnet in Freiburg".

Im 19. Jahrhundert orientierte sich das Freiburger Bürgertum am Karneval vom Mittel- und Niederrhein
. Diese Mode erfasste auch Basel, Lörrach und Mülhausen, wie Waltraud Hupfer, Kulturwissen-
schaftlerin am Museum Burghof in Lörrach, in ihrem Beitrag „Prinz Karneval im Grenzland" ausführt.
Oder auch Waldkirch, was Evelyn Flögel erforscht und mit Bildern aus dem Elztalmuseum belegt hat.
Nach dem Ersten Weltkrieg setzte der Trend zur alemannischen Volksfastnacht ein. Hermann Eris Busse,
der Geschäftsführer des Landesvereins Badische Heimat, organisierte 1928 in Freiburg ein großes Oberrheinisches
Narrentreffen. Als 1934 die Breisgauer Narrenzunft gegründet wurde, war die Ära von Karnevalsvereinen
und Karnevalgesellschaften vorüber. Der Elferrat konnte sich aber in die neue brauch-

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