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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 233
(PDF, 48 MB)
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Machtkonzentration und Zusammenschlüssen unter langsamer Erosion der Anbindung an das Nordschweizer
Gebiet, was politisch erst im 16. Jahrhundert erreicht worden sei (S. 46). Den Weg zu überterritorialer
Zusammenarbeit hätten ökonomische Zwänge gewiesen: „Co-operation across political, judicial
- and, by the sixteenth Century, confessional - frontiers was essential if the basic requirements of economic
life, and therewith human survival, were to be met" (S. 69). Der zweite Teil gilt dem Märkte-System
und dem Verhältnis zwischen Märkten und ihrem Einzugsgebiet, für das der Verfasser die Städte nach
Typen systematisiert und in ihrer Interdependenz untersucht. Im Ergebnis stellt er die Offenheit der Wirtschaftsregion
Oberrhein und strukturelle Unterschiede zwischen dem rechts- und linksrheinischen Gebiet
fest; die Dichte der mittleren und kleineren Märkte und ihre gegenseitige Konkurrenz dienen ihm zugleich
als Argument gegen das Verteilungsmuster der Zentralorttheorie (S. 171 f.). Das dritte Kapitel widmet sich
unter dem Aspekt der Identität wirtschaftlichen Aktivitäten, die quer zu Territorien und Reichskreisen liegen
: dem Rappenmünzbund, der bis 1584 für ein stabiles Währungssystem eintrat, und der herrschafts-
übergreifenden /W/eeygesetzgebung über Fleisch und Korn, die sich im 16. Jahrhundert an das Gebiet
des Münzbundes anlehnte. Während die ersten beiden bis zum Ende des 16. Jahrhunderts weitgehend
funktionierten, wurde ein konzertiertes Handeln bei der Kornverteilung zunehmend schwerer. Diesen auffallenden
Befund unterschiedlicher Formen der Zusammenarbeit interpretiert Scott als Nebeneinander
verschiedener Identitäten, „the simultaneous coexistence of overlapping regional identities superimposed
lipon one antother" (S. 272). Im vierten Teil sucht der Verfasser nach Gründen dafür, warum der Oberrhein
im 16. Jahrhundert wirtschaftlich ins Hintertreffen geriet und schließlich den Schritt zur Protoin-
dustrialisierung verpasste. Neben den vieldiskutierten Ursachen (von der Zunftpolitik bis zum demographischen
Wandel) betont Scott dafür vor allem das Verblassen des regionalen ökonomischen Zusammenhalts
, der zwar nicht gänzlich zerstört, aber infolge der Konsolidierung der Territorialstaaten und der
Konfessionalisierung von innen ausgehöhlt worden sei. Das Buch schließt mit der augenzwinkernden Bemerkung
, die Wiederherstellung einer solchen Identität am Oberrhein sei als Messlatte für die „unifying
capacity" der EU anzusehen (S. 322).

Tom Scotts intime Quellenkenntnis, klare Sprache und sorgfältige Gliederung zeichnen den Text aus,
15 instruktive Karten und ein Register sorgen für Anschaulichkeit und gute Benutzbarkeit. Der Blick des
Autors aus der Ferne mit einer besonderen Sensibilität für Strukturen und Entwicklungen, der Wahl eines,
angesichts überkommener Periodisierung noch immer ungewöhnlichen Untersuchungsrahmens von 1450
bis 1600 und einer gelungenen Verbindung von Wirtschafts-, Verfassungs- und politischer Geschichte
eröffnet zugleich eine Vielzahl neuer Perspektiven auf die oberrheinische Geschichte.

Um von regionaler Identität im Vollsinn des Wortes sprechen zu können, bleibt aber zu fragen, ob über
eine partielle ökonomische Interessengemeinschaft hinaus auch ein regionales Bewusstsein existierte und
wie dieses im Vergleich zur Territorial- und Reichsidentität beschaffen war. Wenn der Rappenmünzbund
sich 1522 eine 200-jährige Vorgeschichte gab (S. 182) oder die Ensisheimer Regierung 1586 von einem
bezürckh der negstanrainenden be nachbarschafft spricht (S. 267), so deutet manches darauf hin. Solche
Belege gilt es freilich in Zukunft weiter zusammenzutragen und zu bewerten. Clemens Joos

Karin Stober: Denkmalpflege zwischen künstlerischem Anspruch und Baupraxis. Über den Umgang mit
Klosteranlagen nach der Säkularisation in Baden und Württemberg. W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart
2003. 367 S., 11 Farb-Tafeln, 126 S/W-Fotos.

Die im Jahre 2000 von der Philosophischen Fakultät der Universität Freiburg angenommene Dissertation
bietet eine Fülle an Fakten zum Thema Geschichte der Denkmalpflege im 19. und 20. Jahrhundert. Im
Mittelpunkt der Entwicklung der Denkmalpflege und dem,Umgang mit Denkmalen stehen exemplarisch
vier Klöster: Das Zisterzienserkloster Maulbronn, das Zisterzienserinnenkloster Lichtenthai, das Prä-
monstratenserkloster Allerheiligen und die Benediktiner-Reichsabtei Ochsenhausen.

Zur Einführung wird die geschichtliche Grundlage für die ,Säkularisation im deutschen Südwesten'
dargestellt. Bekanntlich wurden als Folge der Reformation bereits einige Klöster aufgehoben und einer
neuen Nutzung zugeführt. In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden weitere Klöster im Rahmen der
Aufklärung und der damaligen Kirchenpolitik aufgelöst. Für den Laien ist die „Säkularisation" das Stichwort
. Als Mittel der napoleonischen Machtpolitik wurde mit dem Reichsdeputationshauptschluss vom 25.
Februar 1803 die politische Landschaft neu geordnet. Der Besitz wurde zwischen dem neuen Großherzogtum
Baden und dem Königreich Württemberg aufgeteilt. Der Wunsch nach vermehrten Einkünften

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