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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 234
(PDF, 48 MB)
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sollte sich nicht verwirklichen, denn der Versuch, die Immobilien gewinnbringend zu veräußern, misslang
. So wurden die Klöster zu einer Last für ihre Eigentümer.

Bevor die Autorin anhand der oben erwähnten vier Klosteranlagen die Details vorstellt, wird ein
Abriss zur Geschichte der Denkmalpflege gegeben. Das Bewusstsein für die Denkmale musste sich erst
entwickeln. Hinzu kommt der Einfluss einzelner Persönlichkeiten auf diese Entwicklung. So verstand
Gustav Kachel (1843-1882) seine Aufgabe in der Ruine Allerheiligen: Es galt, neben den Sicherungs- und
Ergänzungsarbeiten ein Phänomen zu erhalten. Nicht nur ein versteinerter Zeitzeuge sollte vor dem Verfall
bewahrt, sondern auch dem fiktiven und flüchtigen musste Konsistenz und Beständigkeit verliehen
werden; hier sollten Stimmung und Sentiment konserviert werden (S. 204 f)- Franz Baer (1850-1891) blieb
eine Ausnahme, er war seiner Zeit voraus: Salem sollte in seinem Bestände erhalten werden, zu dem nichts
Neues hinzugefügt werden soll (S. 345). Der kunstgeschichtliche Wert wurde oftmals zu spät erkannt. Erst
in letzter Minute konnte Friedrich Weinbrenner den Abriss der von Pierre Michel d'Ixnard geschaffenen
Kuppel in St. Blasien verhindern (S. 329).

Das Zisterzienserkloster Maulbronn wurde 1555 aufgelöst, Teile davon als Schule genutzt. Seit 1993
gehört die Anlage zum Weltkulturerbe. Daraus ergibt sich das heutige denkmalpflegerische Konzept: „So
viel es geht soll hier im Großen, d.h. am Gesamtbild, wie im Kleinen, d.h. an historischer Substanz, erhalten
werden" (S. 105). Das 1245 von einer badischen Markgräfin gegründete Zisterzienserinnenkloster
Lichtenthai überlebte durch die enge Anbindung an das Haus Baden. So ist heute die von Peter Thumb
konzipierte Gesamtanlage gut erhalten. Seit 1771 unterstand die Abtei dem protestantischen Markgraf
Friedrich von Baden. Dieser wurde schließlich Kurfürst und 1806 Großherzog. Da die Klosterfrauen sich
bereit erklärten eine Mädchenschule einzurichten, konnten sie die Auflösung verhindern. Die Klostergebäude
wurden immer wieder modernisiert. Gerade die zahlreichen Veränderungen in der Fürstenkapelle
dokumentieren den jeweiligen Zeitgeist (S. 116-138).

Das am Ende des 12. Jahrhunderts von Uta von Schauenburg gestiftete Prämonstratenserkloster Allerheiligen
wurde 1802 vom badischen Staat übernommen und aufgelöst. Das Gymnasium wurde geschlossen
, der wirtschaftliche Mittelpunkt der Gegend (S. 165) verlassen. Die Lage im romantischen Schwarzwald
führte dazu, dass die Anlage nicht wirtschaftlich gewinnbringend genutzt werden konnte. Stattdessen
wurden die Gebäude durch Menschen zerstört. Schließlich wurde der malerische Reiz der
stimmungsvollen Ruine zum tourismusfördernden Objekt (S. 192 Bericht von Mark Twain). Die Kurhäuser
wurden von einem Kinderheim (1933) abgelöst und 1947 vom Caritasverband erworben. 1960
wurde eine Kirche und 1964 ein neues Gästehaus gebaut. Seit dem 800-Jahr-Jubiläurn 1996 gibt es auch
ein Museum und der Tourismus boomt.

Die Benediktiner-Reichsabtei Ochsenhausen wurde um 1090 gestiftet. 1803 besaß die Abtei ein Territorium
mit 66 Dörfern und etwa 11.000 Einwohnern (S. 221). Die großflächige Klosteranlage dominiert
das Rottumtal, denn für den Besucher sind der markante Kirchturm und die lange, vierstöckige Fassade
der Konventsgebäude weithin sichtbar. Das Kloster ist nicht nur das Abbild barocker Frömmigkeit, sondern
auch das Bild eines weltlichen Machtanspruchs. Am 24. Juli 1803 nahm Franz Georg von Metternich
-Winneburg (1746-1818) als neuer Besitzer hier die feierliche Huldigung entgegen. Bekannter ist sein
berühmter Sohn Clemens Wenzel (1773-1859), der u.a. auf dem Wiener Kongress die europäische Politik
mitbestimmte. 1825 erwarb die württembergische Krone bis auf wenige Ausnahmen den Komplex, infolge
dessen zahlreiche Bücher, Instrumente und Möbel entfernt wurden: „Die klösterlichen Einrichtungen
aber, die Ochsenhausen eine Blütezeit in Wissenschaft und Kunst hatten erleben lassen, hörten 1825
auf zu existieren: Bibliothek und Armarium waren weitgehend leergeräumt und das bedeutende und kostbare
Inventar in alle Winde zerstreut. Und auch für die Sternwarte interessierte sich niemand mehr"
(S.245). Die Klosterkirche wurde zur Pfarrkirche.

Im dritten Abschnitt stellt die Autorin die besprochenen Klöster in den Gesamtkontext. Es blieben die
Bildungseinrichtungen. In Württemberg wurden 1806 die Klosterschulen für den Pfarrernachwuchs (seit
1556) nun in evangelisch-theologische Seminare umbenannt. In Baden wurden Frauenklöster zu Lehrinstituten
für die weibliche Jugend. Andere Klostergebäude wurden zu Fabriken oder zu Badeanlagen und
konnten als Ruinen für den aufkeimenden Tourismus genutzt werden. Wenige der modernen Konventsgebäude
wurden nun zu Residenzen, „in der Abtei Neresheim und im Damenstift Buchau residierten die
Fürsten von Thum und Taxis, den Prälatenbau der Abtei Weingarten nahm der Fürst von Nassau-Dillenburg
zur Sommerresidenz, in der Abtei Gutenzell unterhalten noch heute die Grafen Törring einen Wohnsitz
" (S. 339). Größere Überlebenschancen hatten die Klosterkirchen, wenn sie zur Pfarrkirche wurden,

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