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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 238
(PDF, 48 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2005/0238
Der Innenraum der neuen Hugstetter Kirche war entsprechend dem Stilempfinden der Bauzeit sehr
schlicht gehalten, belebt allein durch die farbigen Glasfenster von Wilfried Perraudin. In den 1980er- und
1990er-Jahren setzten sich Geistliche und Gemeindemitglieder für die Rückführung von Bildwerken aus
der alten Kirche ein. König David und Mutter Anna, zwei eindrucksvolle Barockstatuen von Johann
Michael Winterhaider aus Vöhrenbach wurden auf steinernen Sockeln im Chorraum aufgestellt, ebenso
die Büsten von Blasius und Urban. Die Statue des Kirchenpatrons St. Gallus, 1778 von Matthias Faller
aus St. Märgen für Hugstetten gefertigt, erhielt eine neuzeitliche sehr bewegte Umrahmung durch den
Freiburger Künstler Michael Fischer.

Hermann Brommer, der bewährte Kenner der Kunstlandschaft am Oberrhein, erforschte die Bau- und
Kunstgeschichte von St. Gallus in Hugstetten und stellte seine Ergebnisse in einem kleinen Kunstführer
zusammen. Er verfolgt auch die Geschichte der Organisation der Pfarrei durch die Jahrhunderte und
merkt an, dass die heutige Seelsorgeeinheit March, die Hugstetten, Buchheim, Holzhausen und Neuershausen
zusammenfasst und damit der seit 1973 bestehenden politischen Gemeinde entspricht, im 16. Jahrhundert
ihren Vorläufer hatte: 1597 entschied sich der damalige Pfarrer Kleinwalter für das „in der Mitte
gelegene Hugstetten", als Zentrum für die Seelsorge in der March.

Brommer behandelt auch die Buchheimer St. Georgskirche, die schon im 16. Jahrhundert Filiale von
Hugstetten war und wie diese über weite Strecken bis ins ausgehende 18. Jahrhundert mit der Adelsfamilie
Stürtzel von Buchheim verbunden war. Ulrich Stürtzel ließ 1586 einen neuen Glockenturm errichten,
der in den 1880er-Jahren um zwei neugotische Spitzbogengeschosse erhöht wurde. Der Chor stammt aus
spätgotischer Zeit. Die Gewölberippen aus Sandstein laufen auf einen Schlussstein mit dem Stürtzel'-
schen Wappen zu.

Mit einer zurückhaltenden jetztzeitlichen Möblierung kommt der Raum in seiner Ursprünglichkeit zur
Geltung. 1760/62, als das Langhaus der Buchheimer Kirche durch einen Neubau ersetzt wurde, scheint
der Chor nach dem Stil der damaligen Zeit barockisiert worden zu sein.

Die heutige Innenausstattung hält Erinnerungen an alle Bauepochen seit dem 16. Jahrhundert wach.
Besondere Beachtung verdient eine „Anna selbdritt" (Mutter Anna mit Maria und dem Jesusknaben), eine
Plastik aus der Zeit um 1500. Sie ist allerdings nur als Nachbildung zu sehen, da das Original 1974
einem Diebstahl zum Opfer fiel. Aus der Zeit des Barockumbaus der Kirche sind Statuen erhalten, die
Fidelis Sporer zugeschrieben werden. Detailliert äußert sich Brommer auch zu den Orgelwerken beider
Kirchen.

Der kleine Kunstführer über die March-Kirchen St. Gallus und St. Georg informiert den Besucher nicht
nur durch den übersichtlich gegliederten Text, sondern auch durch ansprechende Bebilderung mit Farbaufnahmen
und historischen und aktuellen Planskizzen. Renate Liessem-Breinlinger

Rosalie Hauser (1840-1924): „In meinem Heimatdorfe Rust ..." Erinnerungen einer badischen Jüdin an
das Alltagsleben im 19. Jahrhundert. Hg. und bearb. im Auftrag der Gemeinde Rust von Karl-Heinz
Debacher und Jürgen Stüde. Selbstverlag, Rust 2004. 143 S., zahlr. S/W-Abb.

Über die spezifische Lebenswirklichkeit und Gesellschaftswahrnehmung jüdischer Frauen in ländlichen
Gemeinden sind für den oberrheinischen Raum nur wenige Erkenntnisse vorhanden. Explizit wurde dieses
Themenfeld bislang nur in Ulrich Baumanns Freiburger Dissertation „Zerstörte Nachbarschaften" aus
dem Jahr 2000 aufgegriffen. Baumann lieferte hierzu eine Reihe von interessanten Aspekten, musste das
Thema aber auch als offenkundiges Desiderat stehen lassen. Ein solches ist es weitgehend geblieben.
Diesbezüglich muss man das Engagement der Gemeinde Rust loben, die Lebenserinnerungen der aus der
jüdischen Landgemeinde des Ortes stammenden Rosalie Hauser in einer eigenen Edition zu publizieren.

Rosalie Hauser wurde 1840 in Rust geboren, wo sie 1862 ihren Vetter, den Eisenwarenhändler Sigmund
Hauser, heiratete und mit ihm zusammen sieben Kinder bekam. 1897 wechselten die Hausers ihren
Wohnort und zogen wahrscheinlich aufgrund der besseren Geschäftsmöglichkeiten in die Stadt nach
Straßburg. Nach dem Tod ihres Mannes 1906 lebte Rosalie Hauser abwechselnd in Colmar und Straßburg
, bevor sie im September 1921 für ungefähr ein Jahr ihren Wohnsitz in Freiburg i.Br. nahm. 1922 zog
sie wieder in die Ortenau nach Offenburg, wo sie 1924 starb und auf dem jüdischen Friedhof der Stadt
begraben wurde.

Eine erste Fassung ihrer Erinnerungen schrieb Rosalie Hauser 1910 für einen ihrer Neffen. 1922 formulierte
sie, offenbar während ihrer Freiburger Zeit, eine zweite Fassung für eine ihrer Enkelinnen. Die
Originale dieser beiden handschriftlichen Erinnerungsbücher befinden sich heute im Privatbesitz von Eva

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