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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 241
(PDF, 48 MB)
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Basler Bauverwalters Johann Jacob Müller war, private Bauten wie den Wildensteinerhof in der St.-Al-
ban-Vorstadt. Als 60-Jähriger stellte er bei dieser Anlage unter Beweis, wie aufgeschlossen er neuen Stil-
und Ausdrucksformen gegenüber zu sein vermochte. Dabei verdient es einige Beachtung, dass der finanziell
recht gut gestellte Ingenieur selbst kein eigenes Wohnhaus besaß.

Huggels Arbeit erhält mit dem vom Kunstverlag Josef Fink verlegten Band eine äußere Form, die sich
durch ansprechende Typographie und die bei diesem Gegenstand notwendige Ausstattung mit aussagekräftigen
Abbildungen auszeichnet. Kleine Schönheitsfehler wie die uneinheitliche Schreibung von
Fechters Vornamen Jakob/Jacob auf Titelblatt und Einband stören den guten Gesamteindruck nicht. Obgleich
die Verweisung auf Einträge im Anmerkungsteil uneinheitlich gehandhabt wird (teils wird die Seitenzahl
des Textes, teils die der Endnoten angegeben, z.B. Freiburg/Augustinereremitenkirche versus
Freiburg/Kartause), bietet das Register einen zusätzlichen lokalen oder biographischen Zugriff, und eine
Zeittafel (S. 172 f.) stellt außerdem die chronologischen Aspekte in geraffter Form dar.

Johannes Mangei

Kinder, Kinder. Kindheit und Jugend im Nationalsozialismus. Hg. von Hanno Hürth und Gerhard A.
Auer ('S Eige zeige'. Jahrbuch des Landkreises Emmendingen für Kultur und Geschichte 19). Emmendingen
2005. 355 S., 153 S/W-Abb.

Dem Thema „Kindheit und Jugend" war bereits Band 17 (2003) des Emmendinger Kreisjahrbuchs gewidmet
. Er behandelte die 1950er-Jahre und wurde vorbereitet durch eine hervorragend bestückte und gestaltete
Ausstellung in Emmendingen.

Für den diesjährigen Band haben die Autoren Gerhard A. Auer, Oliver Sänger und Anton Wild über
170 Zeitzeugen aus Dörfern und Städten des Landkreises über ihre Erinnerungen an den Nationalsozialismus
, den Krieg und das Kriegsende 1945 befragt; es ergab sich eine in vieler Hinsicht beeindruckende
Fülle von kleineren und größeren Berichten. Bei deren Auswertung haben sich die Autoren/Interviewer
auf eine chronologische und sachliche Gliederung beschränkt; gelegentliche Anmerkungen enthalten
lediglich Sacherklärungen.

Auf diese Weise entstand ein - je nach subjektiver Wahrnehmung und Rückbesinnung - äußerst vielgestaltiges
Erinnerungs-Mosaik, das den größten Teil des Bandes einnimmt. Es reicht vom Ersten Weltkrieg
und der Weimarer Republik über die „Jugend in Bewegung 1933-1939", den „Krieg in der Heimat"
und „in der Fremde" bis in die Nachkriegszeit. Ergänzt wird es durch eine größere Zahl in sich geschlossener
„Lebensmomente, Lebensläufe".

Diese - konsequent anonyme - Vielstimmigkeit wird zwei Mal unterbrochen. Anton Wild hat „Ideale
und Pseudo-Ideale" zusammengestellt, ideologische Versatzstücke, die dem Regime zur Bearbeitung der
Jugend dienten. Ausgrenzung, Verfolgung und Vernichtung in ihrer ganzen Härte erscheinen in den Überlebensberichten
der jüdischen Zeitzeugen Hanna Meyer-Moses, Klaus Teschemacher und Gershon Gottlieb
.

Dass der Terror auch für die damaligen „Volksgenossen" zu erkennen, wenigstens zu ahnen war, belegen
viele einzelne Erinnerungsbilder. Aber insgesamt zeigt sich die ganze Spannweite der Wahrnehmungen
und Haltungen, damals wie heute. Themenbedingt ist es vor allem die Faszination der „neuen Zeit"
für Kinder und Jugendliche: Geländespiele, Wandern, Flieger-HJ, BDM-Mädel „auf Fahrt", die Freiheit
von häuslicher Bevormundung und dörflicher Enge. So manche(r) gerät noch jetzt darüber ins Schwärmen
. Die andere Seite: „Widerwille, Widerspruch, Widerstand". Unwillige, gar oppositionell eingestellte
Eltern, Pfarrer, die „dagegen" predigen, die Baronin, die ein jüdisches Ehepaar versteckt. Oder es ist einfach
die Anständigkeit einer Mutter, die dem Judenhass ihres Kindes begegnet: „Das macht man nicht!
Das rächt sich einmal!" So reichen auch die Kriegserinnerungen vom Mitmachen aus Überzeugung,
Selbsterhaltungstrieb oder Fatalismus über den inneren Widerstand bis hin zu kleinen und größeren Verweigerungen
, manchmal zur Desertion.

Es wäre sicher einfach gewesen, alledem Betrachtungen anzuschließen über die Filter, denen auch erzählte
Geschichte unterliegt, über Selbstreflexion, auch über Verdrängung und Exkulpierung („Letzten
Endes waren wir ja alle Opfer!"). Solche Mechanismen sind - wie könnte es anders sein - auch hier an
vielen Stellen wirksam. Die Autoren/Interviewer haben jedoch bewusst darauf verzichtet, das ihnen Berichtete
zu analysieren, zu kommentieren oder zu werten. Sie nehmen die befragten Frauen und Männer
ernst und bevormunden sie nicht nachträglich. Das ist einer der großen Vorteile dieses Bandes, in dessen
Vorwort Alfred Andersch zitiert wird: „Erinnern ist immer subjektiv. Unwahr ist es deshalb nicht."

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