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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 14
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2006/0014
vermehrt Städte die Kontrolle über die Gutleuthäuser. In einer Urkunde aus dem Jahr 1272 wird
erstmals von einem städtischen Amtsträger gesprochen, der für die Belange des Freiburger Gut-
leuthauses verantwortlich war: herre Gerunke der mezziger, der vorgenanter siechen phleger,
tritt als stellvertretender Empfänger einer Stiftung an das Aussätzigenspital auf.55 Der zweite
Hinweis auf die Beteiligung der Stadt Freiburg am Schicksal des Gutleuthauses stammt aus
dem Jahr 1273: scultetus, consules et universitas civium in Friburg, also Schultheiß, Rat und
alle Bürger der Stadt Freiburg forderten zur Unterstützung des Almosensammlers des Gutleuthauses
auf, weil es wegen Überfüllung in Not geraten sei.56 Demnach hatte die Stadt sowohl
die Kontrolle und Verwaltung des Vermögens als auch die Rechtsgeschäfte des Gutleuthauses
in ihren Händen.57 Hierauf lässt auch eine Urkunde von 1452 schließen, worin Bürgermeister
und Rat von Freiburg beurkunden, dass Erhart Billstein und Conrat Adler in ihrer Eigenschaft
als pfleger der armen siechen lute am veld die Rechtsvertretung des Gutleuthauses an den Bürgermeister
, den Schultheißen, den Stadtschreiber und ihren dritten Mitpfleger übertrugen.58

Das städtische Schultheißengericht repräsentierte die höchste Instanz,59 die über fast alle
Streitigkeiten - nicht nur der Bürger, sondern auch der Aussätzigen - entschied.60 Einer der
Pfleger oder manchmal der Siechenmeister übernahm für das Gutleuthaus die juristische Vertretung
in Rechtsangelegenheiten. Mittels dieser beiden Amtsträger hatte der Rat die Kontrolle
über diese Institution. Durch den Erlass der Siechenordnung regelte der Rat auch die innere
Ordnung des Gutleuthauses. Das vordringlichste Anliegen war hierbei der Schutz der Allgemeinheit
vor den Aussätzigen. Die Verfügungen der Siechenordnung zielten deshalb unter anderem
auf die örtliche Ausgrenzung der Aussätzigen und den Aufenthalt der Siechen in der
Stadt. Seidler trifft die damit übereinstimmende Aussage, dass die Anordnungen zur Abwehr
und Bekämpfung von Seuchen den städtischen Behörden von Freiburg oblag.61

Die Gutleutpfleger wurden vom Rat gewählt. Sie waren Bürger von Freiburg und - nach den
Ratsbesatzungsbüchern zu urteilen - Ratsherren.62 Eine solche Pflegschaft wurde auch für die
Münsterfabrik, die Nikolauskirche, das Heiliggeist-Spital, das Findelhaus und später das Armenspital
in der Neuburg vom städtischen Rat installiert. Die Amtsperiode dauerte ein Jahr, beginnend
am 24. Juni.63 Eine Wiederwahl durch den Rat war möglich. Die Amtsausübung war
ehrenamtlich; zumindest gibt es nach Ansicht von Ingrid Lincke keine Anhaltspunkte dafür,
dass die Pfleger für ihre Tätigkeit Geld oder Geschenke empfangen hätten, wie z. B. die Pfleger
des Heiliggeist-Spitals.64 Dies änderte sich spätestens im 17. Jahrhundert: Im Ratsprotokoll
von 1668 findet sich der Hinweis, dass die Guotenloütennds pflegere einen finanziellen Bonus
-jeder 3 Gulden und 3 Batzen jährlich - für ihre Bemühungen erhielten. Da besonders vihl zuo
schaffen war, wurde die gleiche Summe an die Pfleger nochmals ausbezahlt.65

Die Personen, die das Amt des Pflegers bekleideten, kamen aus den angesehensten Freiburger
Familien, was darauf schließen lässt, dass mit der Übernahme des Gutleutpflegeramtes ein

55 Ebd., S. 645f., G Nr. 146.

56 Korth/Albert (wie Anm. 6), S. 470f., G Nr. 2.

57 Dagegen geht Huggle davon aus, dass die Stadt Freiburg spätestens im 17. Jahrhundert die Rechtsgewalt über
das Gutleuthaus hatte, Huggle (wie Anm. 43), S. 207.

58 Korth/Albert (wie Anm. 6), S. 519, G Nr. 72.

59 Hecht (wie Anm. 29), S. 24.

60 Hierzu und im Folgenden Knefelkamp (wie Anm. 10), S. 68.

61 Seidler (wie Anm. 3), S. 342. Er macht diese Aussage im Zusammenhang mit der Pest. Die Anordnungen zur
Bekämpfung des Aussatzes waren wahrscheinlich nicht so detailliert wie die der Pestordnung. Dennoch kann
man diese Aussage angesichts der Bestimmungen der Siechenordnung auch auf die Seuche der Lepra übertragen
.

62 StadtAF, B5 Ia Nr. 1 und 2 (Ratsbesatzungsbücher, 1378-1443 und 1454-1542); Lincke (wie Anm. 16), S. 63.

63 Knefelkamp (wie Anm. 10), S. 68.

64 Lincke (wie Anm. 16), S. 64.

« StadtAF, B5 XIHa Nr. 92 (Ratsprotokolle, 1668-1670), fol. lOlv und 102r. Vgl. auch Huggle (wie Anm. 43),
S. 208.

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