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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 23
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2006/0023
Vergehen gegen die Hausordnung

In der Siechenordnung von 1480 ist von kriminellen Vergehen noch keine Rede. Um so ausführlicher
unterscheiden die Ergänzungsbestimmungen zwischen verschiedenen Delikten der
Körperverletzung. Schlahen und Stoßen, ob mit Juristen, messern, bengeln, steinen oder dergli-
chen, war strengstens untersagt. Auch wenn einer der Aussätzigen das ander blütrunsig141 gemacht
hatte, das die pfleger und scherer erkannten, das es ein blütruns wäre, so wurde er dafür
bestraft nach der brüder erkantnus und irer verstentnus. Eine schwere Strafe hatte derjenige
zu erwarten, der einen seiner Mitbrüder so verwundete, das die pfleger und ein scherer erkannten
, das es ein wund wäre. Der Täter wurde zum einen nach dem Urteil seiner Brüder bestraft
und zum andern wurde die Sache von den Pflegern vor den Bürgermeister und den Rat
gebracht. Am härtesten wurde der Totslag geahndet: Schläge ouch ir eins das ander zu tot, das
soll ein huwsmeister furderlich on Verzug anbringen dem meister im hof und dann der meister
den pflegern. Die Pfleger waren verpflichtet, die Tat sofort beim Bürgermeister und Rat anzuzeigen
, die die Angelegenheit vor das städtische Blutgericht brachten. Wenn der Täter entflohen
war, dann sollte man ihn und mögliche Komplizen aus der Bruderschaft ausstoßen und
ihnen ihre Pfründe entziehen.142

Der Unzucht wurde ein weiterer großer Teil der Siechenordnung gewidmet. Den Leprosen
deshalb eine besonders ausgeprägte Libido zu unterstellen, wäre falsch. Auch Knefelkamp hält
ihr scheinbar überdurchschnittliches Triebleben eher für ein Resultat der erzwungenen Isolierung
. Wie bei den zuvor angesprochenen Bereichen wird auch die Unzucht in der Siechenordnung
von 1480 nur ein einziges Mal (in allgemein gehaltener Form) verboten, in den Ergänzungsbestimmungen
dagegen in mehreren Paragraphen behandelt: Item ob sich die siechen mit
unluteren wercken vermischten, sollen die pfleger uff anbringen eins meisters hartlich straffen,
damit sy als kinder des herren ir leben in reinikeit halten und sich mit disem laster nit verschulden
, heißt es in der Ordnung.143 Dass man gezwungen war, ihnen den sexuellen Umgang
miteinander zu verbieten, zeigt, dass es nicht ohne weiteres gelang, die Aussätzigen in einer
keuschen gesitteten Lebensform zu vereinen. Bei wiederholter Zuwiderhandlung drohte der
Verlust der Pfründe und die Ausweisung aus dem Gutleuthaus. In den Ergänzungsbestimmungen
finden sich fünf Paragraphen zu diesem Thema.144 Dazu zählt auch das Verbot, schampore
wort, darzü soliche lieder zu singen, so dass Gott und die Heiligen nicht entehrt und kein Mitbruder
dadurch verärgert werden konnte. Sowohl Frauen als auch die Männer der Bruderschaft
sollten von unkuuscher handlung usserhalb der ee Abstand nehmen, es sige mit werken, buleri
oder cuppleri im hus oder anderswa. Weder untereinander noch mit anderen Personen, zum
Beispiel farenden tochtren, war der sexuelle Umgang erlaubt. Alle Bewohner des Hauses waren
unter Strafandrohung dazu angehalten, ihre Mitbrüder und -Schwestern anzuzeigen, wenn
man erfuhr, dass sie solichs täten. Zum Schutz vor „Verunreinigung" war es ebenfalls untersagt
, dass einer der Aussätzigen mit einem gesunden und schönen zu bülschaftwise ze schaffen
hette. In diesen Fällen wurden nicht nur die Aussätzigen bestraft. Auch die gesunde Person, die
beteiligt war, sollte vom Pfleger beim Bürgermeister und dem Rat angezeigt werden. Das Gebot
der Keuschheit bezog sich auch auf umbfahen, halsen, küssen oder an die brüst grifen. Dies
durfte weder Mann noch Frau, weder bei gesunden Personen noch untereinander tun. Die Höhe
des Bußgeldes betrug ein Pfund Wachs. In den Ergänzungsbestimmungen muten die Strafen
für Unkeuschheit (im Gegensatz zum Pfründverlust, wie er noch 1480 angedroht wurde,) sonderbar
niedrig an. Maximal zwei Pfund Wachs oder sechs pfening werden in den Ergänzungsbestimmungen
für Verstöße gegen die Enthaltsamkeit gefordert. Entweder wurden die Aussät-

141 Jemandem eine blutende Wunde zufügen.
i« Rest (wie Anm. 15). S. 681-688, G Nr. 215.
>« Korth/Albert (wie Anm. 6), S. 537, G Nr. 108.
144 Rest (wie Anm. 15), S. 683, G Nr. 215.

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