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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 33
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2006/0033
Wechsel bestand,57 wurde beim „Großen Dingrode]" aufgrund der noch vorliegenden älteren
Rodel, Briefe und Register deutlich erschwert. Das heißt, dass eine vorsätzliche Veränderung
der Rechte - aus welchen Gründen auch immer sei dahingestellt - in der Übergangszeit zwischen
mündlicher Tradition und Verschriftlichung schwieriger zu erreichen war. Wichtig ist
auch festzuhalten, dass die Klosterleute, bevor sie ihre Aussage machten, vereidigt wurden,
d. h. es wurde eine „höhere (metaphysische) Instanz" angerufen - z. B. Gott oder Heilige -, um
so die Richtigkeit zu gewährleisten.58

In der Einleitung des „Großen Dingrodels" fällt die Anzahl der genannten Hintersassen auf,
nämlich 13. Aufgrund dieser Zahl ist davon auszugehen, dass es sich bei dem Dinggerichtstag
nicht um die Sitzung des so genannten Zwölfergerichts handelte.59 Die 13 Personen dürften
vielmehr die Befragten gewesen sein. Es muss unterschieden werden zwischen dem so genannten
Dorfgericht, dem Organ der Gemeinden, und den Dinggerichtsversammlungen. Daher
ist angesichts der Aufzählung von mindestens 13 Bauern aus den verschiedenen Gemeinden60
anzunehmen, dass die Versammlungen des Dinggerichts und des Dorfgerichts nicht identisch
waren und wohl nicht am gleichen Tag oder gar zur gleichen Zeit stattfanden.

Der Text schreibt ebenso vor, dass die Rechte nach wie vor jährlich den Bauern verkündet
werden sollten.61 Diese periodische Wiederholung der Rechte war nicht nur zur Verkündung
gedacht, sondern auch, „damit der Rechtsstoff überhaupt in Erinnerung blieb."62 Bei diesen
„jährlichen" Gerichtstagen, die allerdings auch mehrere Male im Jahr abgehalten werden konnten
,63 herrschte Anwesenheitspflicht. So sollte yederman, wer zu dem gedingk gehört da sin.64
Ein Nichterscheinen wurde im Falle von St. Peter mit dry Schilling rappen pfening bestraft.65

Ein interessanter Aspekt ist die Anwesenheit des Anton von Pforr,66 dechan zue Rundingen61.
Er wird im Umfeld des Vogtes Rudolf IV. von Hachberg als dessen gretrewer6% Rat genannt
und hatte wahrscheinlich bei der Verfassung des „Großen Dingrodels" maßgeblichen Einfluss.
Bei ländlichen Rechtsabhandlungen des 15. Jahrhunderts erscheint ein gelehrter rechtskundiger
Rat vermehrt notwendig, da sich die zahlreichen Rechte, Gewohnheiten und Pflichten der
bäuerlichen Genossenschaft „mit einer Fülle komplizierter und vielschichtiger Fragen und Probleme
" beschäftigten, die „mit großer Wahrscheinlichkeit umfangreiche Spezialkenntnisse verschiedenster
Art voraussetzte."69 Da Pforr bereits 1455 als ain gemainer commissari und gesalzter
richter10 in Erscheinung trat, ist davon auszugehen, dass er über diese Fähigkeiten ver-

57 Ebd., S. 42.
Ebd., S. 86.

59 Vgl. Simon (wie Anm. 13), S. 191; Prosser (wie Anm. 47), S. 64f.

60 Siehe die Transkription des „Großen Dingrodels" von St. Peter im Anhang, Einleitung, Z. 40ff. Hier ist unklar,
welcher der genannten Männer das Amt des Untervogtes bekleidete, Claus Haug oder Berschy Löffler, wobei
ersterer ohne Ortsangabe genannt wird. Es ist daher nahe liegend, dass Haug dieses Amt ausübte. Demzufolge
muss offen bleiben, ob der Untervogt zur Herrschaft oder zur Dorfgenossenschaft zählte, auch wenn Simon (wie
Anm. 13), S. 190, betont, dass „der Dorfvogt ... eine Doppelfunktion hat: ... im Amt des Dorfvogtes überschneiden
sich ... herrschaftliche und genossenschaftliche Sphäre."

61 Siehe die Transkription des „Großen Dingrodels" von St. Peter im Anhang, Einleitung, Z. 62f.

62 Prosser (wie Anm. 47), S. 56.

63 Ebd. Siehe auch den „Großen Dingrodel" von St. Peter in: Weisthümer (wie Anm. 19), S. 346, Ziffer 1.

64 Ebd.
« Ebd.

66 Siehe die Transkription des „Großen Dingrodels" von St. Peter im Anhang, Einleitung, Z. 32f. und 38.

67 Gemeint war vermutlich die Ortschaft Endingen am Kaiserstuhl. Vgl. Bärmann/Prosser (wie Anm. 2), S. 40,
dort Anm. 18.

68 Siehe die Transkription des „Großen Dingrodels" von St. Peter im Anhang, Einleitung, Z. 32.

69 Bärmann/Prosser (wie Anm. 2), S. 43.

70 Urkundliche Nachweise zu Anton von Pforr liefert Friedmar Geibler: Anton von Pforr, der Übersetzer des
,Buches der Beispiele'. Urkundliche Belege zum Lebensweg des Humanisten am Hof der Erzherzogin Mechthild
zu Rottenburg. In: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 23, 1964 [1965], S. 141-156. Der
„Große Dingrodel" von St. Peter war Geißler offensichtlich im Zusammenhang mit Anton von Pforr nicht bekannt
, zumindest hat er ihn nicht erwähnt.

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