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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 71
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digen Lehrers, des Rabbis'] Jakob, Sohn des Bunem js"rv [,er möge viele und gute Jahre lang leben'], benannt
Rabbi Koppelmann js"jja [,er soll Nachkommenschaft sehen und lange leben, so sei es', Jes 53,10].

Um mit ihm den vielen Männern, Frauen und Kindern [Jer 40,7] gerecht zu werden, ist ihm eine Erklärung
der fremden Wörter hinzugefügt, siehe, eure Augen sehen [Gen 45,12]. Nicht hat man Kosten gescheut,
reichlich gegeben [Ps 112,9] an die Künstler, doppeltes Geld [Gen 43,12], um es in zwei Farben zu
drucken, damit sich die Käufer dafür begeistern.

das thargumfun den chomes megilos*, wol ver-deitscht [,ins Jiddische übertragen']20 os ba'os* ^Buchstabe
für Buchstabe'], gedeidscht un' gereimt mit ganzer vleis'*, gedrukt un'gemacht izund erstfun neis*.
un' vil midrasim [hier: ,Geschichten'] zu-gesezt vein*, gemacht noch dem nigun [,Melodie'] fun dem
Smu'el-buch [,Samuelbuch']21, das es gut sol zu singen sein*, gemacht un'gedeischt dorch r[abi] Kopel-
manfun Brisk deKuje'*, Got schik uns Mesiech [,Messias'] bald, omen vechen jehi rozen, haleluje* [,So
sei es, und so sei Gottes Wille, preist Gott'].

Gedruckt in der Provinz Breisgau in der Druckerei des Herrn Frobinio.

Im 16. Jahrhundert war es üblich, auf Titelblättern jiddischer Bücher Kurzbeschreibungen
des Inhalts sowohl auf Hebräisch als auch auf Jiddisch abzudrucken. Sifroni verwendet für den
hebräischen (roten) Text drei verschiedene Schrifttypen, eine große Quadrattype für den Titel,
eine kleinere Quadrattype für den ersten Absatz und eine Raschitype für den zweiten Absatz
und die letzte Zeile. Für den jiddischen (schwarzen) Text ist - auf dem Titelblatt wie in dem
gesamten Buch - eine Halbkursive verwendet, die so genannte Wajbertajtsch-Type, die um
1530 von aschkenasischen Druckern speziell für jiddische Bücher entwickelt wurde. Mit der
Bezeichnung wajbertajtsch (,Frauendeutsch', vgl. Anm. 20) ist darauf angespielt, dass jiddische
Bücher überwiegend von Frauen gelesen und für Frauen geschrieben wurden. Frauen und
weniger gebildete Männer waren der Gelehrtensprache Hebräisch in der Regel nicht mächtig
und bildeten ein eigenes Lesepublikum für religiöse und weltliche jiddische Literatur.

Eine besonders beliebte Gattung in der jiddischen Literatur ist die Fabel, die Ende des
16. Jahrhunderts einen Höhepunkt in den beiden frühesten Sammlungen von Fabeln findet:
Dem von Sifroni 1583 gedruckten Sefer Misle Su'alim (,Buch der Fuchsfabeln') von Jakob
Koppelmann und dem KW-Buch (,Kuhbuch') von Abraham ben Mattitja, gedruckt 1595 in
Verona/Italien.22

Koppelmanns Sefer Misle Su'alim ist der früheste bekannte jiddische Text, in dem ein sla-
visches Wort vorkommt (slavische Elemente waren bis dahin zumindest in der Schriftsprache
noch nicht gebräuchlich), und zwar die Tierbezeichnung tchorsch für den Iltis in der kurzen
Fabel von Hühnern, Marder und Iltis (Abb. 4). Die Fabel in lateinschriftlicher Transkription
(der Fließtext des Originals ist hier in Verszeilen aufgelöst) lautet:

ain bei'-spil vun hiner un'ain merder [,Marder'] un'ain tchorsch

ufain zeit teten vil huner bei-anander sten,

ain tchorsch, uf teitsch ain Utes genant, kam zu gen.

far ain zobel tet er sich ous-geben,

er maint, der-durch di huner zu brengen um ir leben.

di huner kenten in nit un'sprachen: „mir welen es losen an weil an-sten

un' welen sehen, mit wem er wert spaziren gen. "

mit dem merder war al sein gang,

di hiner flogen bald ken-por, si' sprachen: „sein urtel [,Urteil'] is iber uns sträng."

2,1 Im 16. Jahrhundert war deitsch bzw. teitsch/tajtsch (,deutsch') die innerjüdische Bezeichnung für die jiddische
Sprache, ver-teitschen für ,ins Jiddische übertragen'.

21 Gemeint ist hier die jiddische Paraphrase des biblischen Buchs von Moshe Esrim Wearba (Augsburg 1544) in
einer charakteristischen Strophenform.

22 Eine Faksimile-Edition bietet: The Book of the Cows. A Facsimile Edition of the Famed Kuhbuch Verona 1595.
Hg. von Moshe N. Rosenfeld. London 1984.

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