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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 78
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Spitzen]] vor [für] ein großer Handel durch alle Welttheile getrieben, und wie viel tausend Personen
dadurch ernehret werden. Wobey dann insonderheit von denen Seilern und Leinenwebern
, ihren Handwerks=Terminis, Privilegiis, Gewohnheiten und Arbeiten gehandelt, denen
Hauß=Müttern, Kaufleuten und Leinwands=Händlern aber ein stattlicher Unterricht, wie sie
sich in ihrem Leinwand=Handel verhalten, und was sie wegen der Leinenweber und des
Kauff=Garns zu ihren eigenen Nutzen und hoher Obrigkeit Verordnungen noch zu observiren
haben." Wie es im ausführlichen Titel weiter heißt, wollte der bedeutende Vertreter des Kame-
ralismus19, der deutschen Variante des Merkantilismus, schließlich aufzeigen, „wie alle drey
oberzehlte Manufacturen in Teutschland weit besser als biß anhero geschehen, könnten in Flor
gebracht werden."20

Rund ein Drittel des Buches ist dem Handel mit den aus Hanf und Flachs gefertigten „Manufacturen
" und dem „Spitzenhandel in specie" gewidmet. Der Abdruck von Zolltarifen und
von Gewicht und Maß verschiedener, für den Leinwandhandel bedeutsamer Orte sowie von für
den Gegenstand einschlägigen Rechtsvorschriften und landesherrlichen Verordnungen zeigen
die kaufmännisch-ökonomische und merkantilistische Ausrichtung des Werkes, in dem buchstäblich
alle Aspekte der auf diesen beiden Faserpflanzen fußenden Ökonomie abgehandelt
sind. Die praktische Ausrichtung zeigt sich nicht zuletzt an dem ausführlichen Inhaltsverzeichnis
und dem Register, das dem Kaufmann oder den sonst mit der Materie Befassten oder
an ihr Interessierten eine gezielte Suche ermöglichte. Um so erstaunlicher ist, dass Marpergers
Abhandlung weder Neuauflagen noch Übersetzungen erfahren zu haben scheint.

Wie Marpergers Veröffentlichung von 1710 und Marcandiers eingangs erwähnten Schriften
aus den 1750er-Jahren zeigen, war Hanf als unverzichtbarer Rohstoff und bedeutender Wirtschaftsfaktor
im 18. Jahrhundert zu einem Thema praxisorientierter Wissenschaft geworden.
Ein schönes Beispiel dafür bietet Norwegen. Dort lobte die königliche Akademie der Wissenschaften
zu Trondheim, um den heimischen Anbau dieser nicht zuletzt für die Schiffahrt und
die Fischerei so unentbehrlichen Faserpflanze zu fördern, im Jahr 1775 einen Preis für die beste
Arbeit über die Methoden des Hanfbaus aus, den der Gemeindepfarrer Claus Finde mit seiner
allerdings nie in Druck gegangenen Abhandlung gewann.21

Die Bedeutung des Hanfs für die materielle Kultur der frühen Neuzeit spiegelt sich nicht zuletzt
in seiner Darstellung in Lexika und Enzyklopädien des 18. Jahrhunderts, das ja unter anderem
auch als das „enzyklopädische Jahrhundert" bezeichnet wird. Für Deutschland steht hier
an erster Stelle das 1732 von Johann Heinrich Zedier (1706-1751) begonnene und von ihm
bis 1738 selbst verlegte, bei seinem Abschluss im Jahr 1754 auf 64 Bände und vier Supplementbände
angewachsene „Grosse vollständige Universal-Lexicon aller Wissenschaften und
Künste, welche bishero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert wurden
". Diese umfangreichste deutschsprachige Enzyklopädie des 18. Jahrhunderts widmet dem
Artikel „Hanff" in ihrem 1735 erschienenen 12. Band immerhin vier Spalten, wobei allerdings
die medizinische Verwendung von Hanf fast die Hälfte des Artikels ausmacht.22

Weitaus umfangreicher, immerhin zehn zweispaltig bedruckte Seiten, ist das 18 Jahre nach
dem Zedlerschen Artikel „Hanff" erschienene Pendant „CHANVRE" in der bereits angeführ-

19 Siehe den Artikel „Kameralismus" im Internetportal Wikipedia.

20 Marperger (wie Anm. 18), Titel.

21 Jan Bojer Vindheim: The History of Hemp in Norway. In: Journal of Industrial Hemp 7. 2002. H. 1. S. 89-103,
hier S. 95; Claus Finde: Afhandling som viser hvorledes Lin og Hamp Alling Best b0r Behandles i Norge efter
Jordarternes Ulige Beskaffenhed, samt hvilken Jord her i Landet dertil er Tienlig og Brugelig (Treatise showing
how flax and hemp crop should best be treated after the variable nature of the soil, also which soils in this coun-
try are best suited therefore). Manuscript (1775), Gunnerusbiblioteket, Trondheim, Norwegen.

22 Großes vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste. 34 Bde. u. 4 Supplbde. Hg. von
Johann Heinrich Zedler. Leipzig/Halle 1732-1754, hier Bd. 12, 1735, Stichwort „Hanff. Sp. 459-464. hier
Sp. 462f. Ein Rezept für Hanfsuppe auch in: Jacob Grimm/Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bde.
[in 32 Teilbänden]. Leipzig 1854-1960, hier Bd. 10, Sp. 435.

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