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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 81
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noch keineswegs selbstverständlichen oder flächendeckenden Einsatz von Maschinen zur Fasergewinnung
und -aufbereitung, darunter die im einzig erschienenen Band des oben vorgestellten
„Magazins für den Teutschen Flachs- und Hanf-Bau" beschriebene „Christianische
Brech-Maschine".34 Doch waren diese Werke anscheinend noch nicht ausgereift. Jedenfalls betonte
der „Landwirthschaftliche Bezirksverein Emmendingen" in seiner im Jahr 1850 veröffentlichten
Anleitung zum Anbau und zur Bereitung des Hanfs, dass „wir alle künstlichen Mittel
zur Bereitung des Hanfes unerwähnt gelassen haben, weil sie nach unserer Überzeugung
weniger taugen als die bisher übliche Handarbeit, der wir den Lohn für ihre Leistung erhalten
und wo möglich vermehren wollen."35

Standen damals der Bedarf an, der Anbau von und der Handel mit Hanf am Oberrhein gerade
noch in Hochkonjunktur, so wurde diese äußerst vielseitige Nutzpflanze im Lauf der zweiten
Hälfte des 19. und dann vor allem im 20. Jahrhundert durch Baumwolle, Jute, Sisal, Manilahanf
, Stahlseile, Kunstfasern und Erdöl fast völlig vom Markt verdrängt und, abgesehen
von einem Zwischenspiel in der Kriegswirtschaft Nazi-Deutschlands ebenso wie der USA36,
ökonomisch und auch in der öffentlichen Wahrnehmung weitgehend marginalisiert sowie spätestens
seit den 1960er-Jahren aufgrund der rauscherzeugenden Inhaltsstoffe mancher Hanfsorten
zunehmend kriminalisiert. Erst seit der Aufhebung des ab 1982 für die Bundesrepublik
geltenden, gesetzlichen Anbau Verbots im Jahr 1996 ist der Anbau von Nutzhanf Sorten, so genanntem
Faserhanf mit nur sehr geringem Gehalt an dem psychotropen Wirkstoff Tetrahydro-
cannabinol (< 0,3 %) unter staatlicher Kontrolle hier zu Lande wieder zugelassen und wird unter
dem Generalthema nachwachsende Rohstoffe von verschiedenen Bundesländern, darunter
auch Baden-Württemberg, vom Bund und von der Europäischen Union mit Förderprogrammen
unterstützt und mit Studien begleitet, wie sich bei einer Internet-Recherche unschwer feststellen
lässt.37 Als Biomasse, als Werk- und Dämmstoff, unter anderem in der Bau- und Autoindustrie
, als Lieferant von Ölen, Fetten und Biodiesel sowie von Ausgangsstoffen für die pharmazeutische
und die kosmetische Industrie und nicht zuletzt in ihrer traditionellen Rolle als Faserpflanze
für die Herstellung von Kleidung, Taschen, Planen u. ä. erlebt Hanf, derzeit noch
weitgehend als Nischenprodukt, eine Renaissance auch in Deutschland. So erscheint es durchaus
von Interesse, den Blick zurück in die Geschichte zu wenden und die einstige Bedeutung
des Hanfs für die materielle Kultur im frühneuzeitlichen Europa im Allgemeinen sowie die
Rolle des Hanfanbaus und -handels im damaligen Wirtschaftsgefüge des Breisgaus und angrenzender
Landschaften im Besonderen näher zu untersuchen.

Auf das Thema Hanf stieß der Autor eher zufällig bei Quellenrecherchen zum Wiederaufbau
Kenzingens und seines Rathauses nach der Zerstörung der Stadt im Dreißigjährigen Krieg.38
Bei der Durchsicht der städtischen Ratsprotokolle fanden sich dort auch einige wenige Einträge
über einen Lohnkampf der Kenzinger Hanfhechler in den 1660er-Jahren, der schließlich in
einem Streik kulminierte. Erst bei der näheren Beschäftigung mit diesem Thema schälte sich
nach und nach heraus, welch immense Bedeutung diese alte Kulturpflanze in der frühen Neuzeit
besessen und welch große Rolle, gerade im Oberrheingebiet als einer der bedeutendsten

34 Vogelmann (wie Anm. 31), S. 4-8; Löbe (wie Anm. 31), S. 60f. Vgl. Anm. 30.

35 Der Hanfbau (wie Anm. 31), S. 4.

36 Der US-amerikanische Werbefilm „Hemp for Victory" von 1942 zur Förderung des heimischen Hanfanbaus für
den Kriegsbedarf, der die Ernte und die Fasergewinnung mit den damals üblichen maschinellen Methoden zeigt,
ist in allerdings schlechter Bildqualität im Internet abrufbar unter: www.kentuckyhemp.com/library/victory.html.
dip.bundestag.de/btd/13/008/130081 l.asc; dip.bundestag.de/btd/13/026/1302672.asc; www.hanffaser.de/hanf/
Allgemeines.htm; www.uni-giessen.de/nawaro/pflanzen/hanf.html (mit Links zu weiteren Webseiten); Artikel
„Hanf. In: Wikipedia (1.10.2006).

38 Edgar Hellwig: Vorgenomben vnndt Vollenzogen widerumb das Erste Mahl auff dem New Erbawten raths haus.
Zum Wiederaufbau der Stadt und ihres Rathauses nach der Zerstörung Kenzingens im Dreißigjährigen Krieg. In:
Die Pforte (Arbeitsgemeinschaft für Geschichte und Landeskunde in Kenzingen e.V.) 21.-23. Jg., Nr. 40-45,
2001-2003, S. 92-125.

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