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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 84
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Zufahrtswege für die verschiedenen Besitzer direkt aneinander lagen, die im Jahresablauf anfallenden
bäuerlichen Arbeiten, vor allem Pflügen, Dungfuhren, Aussaat und Ernte, gemeinschaftlich
organisiert und terminiert werden, um Schäden durch das Überfahren anderer Felder
möglichst zu vermeiden oder, wo dieses unumgänglich war, möglichst gering zu halten.
Wohl vor diesem Hintergrund erließ der Rat der Stadt unter der Ägide von bawmeister Simon
Gisinger im Jahr 1662 eine Sath Ordnung und eine ackher baw Ordnung. Ebenso vom städtischen
Regiment festgelegt wurden die Termine für die Heu- und Öhmdernte sowie für die
Weinlese. Allerdings standen gerade der Weinbau und der Weinhandel auch in größeren, stärker
von Handel und Gewerbe geprägten Städten wie etwa Freiburg unter der Kontrolle des Rats;
auch dort wurden Lesetermine und ebenso die Löhne für die Rebleute per Ratsbeschluss bestimmt
. Schließlich zeugen die bei der jährlichen Ämtervergabe in Kenzingen stets aufgeführten
Dienste der Kuh-, Ochsen-, Pferde-, Schaf- und Schweinehirten sowie eine 1655 erlassene
äggerich Ordnung für die herbstliche Eichelmast der Schweine in den städtischen Waldungen
vom offenbar nicht geringen Umfang der Viehhaltung und ihrer Bedeutung im Wirtschaftsleben
der Stadt.46 In unmissverständlicher Deutlichkeit brachte im Jahr 1778 der damalige
Amtmann der vorderösterreichischen Kameralherrschaft Kürnberg und Stadt Kenzingen, Franz
Ignaz Bauer von Ehrenfeld, die wirtschaftlichen Strukturen in der ländlichen Kleinstadt zum
Ausdruck, als er an die vorderösterreichische Regierung in Freiburg schrieb, dass die Kenzin-
ger nur dem Namen nach Bürger, in der thatt selbsten aber bauern seynd, die ihr gewerb nur
als eine nebensache treiben und sich fürnemlich auf den Ackerbau, wie in den Dorffschaften,
verlegen müssen.41

Bäuerliches Wirtschaften in Kenzingen beschränkte sich in der frühen Neuzeit nicht nur auf
Viehhaltung und den Anbau der üblichen Feldfrüchte, also neben Erbsen, Rüben, Kohlsorten,
Gemüse und Obst in erster Linie Getreide - spätestens seit den 1730er-Jahren auch welschkorn,
Mais48 -, sondern schloss in erheblichem Umfang den Bereich ein, der mit den Begriffen Sonderkulturen
und Handelsgewächse bezeichnet wird. Dies waren zum einen der Wein, dessen
Kultivierung auf Kenzinger Gemarkung seit dem 8. Jahrhundert urkundlich bezeugt ist, zum
andern der Hanf, dessen Anbau schon Karl der Große in seinem um 795 erlassenen capitulare
de villis vel curtis imperii zusammen mit Lein, der anderen bedeutenden Faserpflanze, für die
königlichen Wirtschaftshöfe des Frankenreichs angeordnet und forciert hatte.49 Wie andernorts

46 Das Zitat über die Bauaufgaben Gisingens in: Stadtarchiv Kenzingen (StadtAK), Rats- und Gerichtsprotokolle
der Stadt Kenzingen, Bd.l (1655-1675), noch ohne endgültige Signatur, Protokoll vom 10. Januar 1662; Saat-
und Ackerbauordnung: ebd., Protokoll vom 19. August 1662. Zugänglichkeit der Felder: Werner Rösener: Bauern
im Mittelalter. München 1985, S. 55. Zum Begriff „Baumeister" siehe Karl Siegfried Bader: Studien zur
Rechtsgeschichte des mittelalterlichen Dorfes. 3. Teil. Rechtsformen und Schichten der Liegenschaftsnutzung im
mittelalterlichen Dorf. Wien/Köln/Graz 1973, S. 232, vor allem Anm. 204. Zu Baumeister Gisinger vgl. Hell-
wig (wie Anm. 38), S. 105f; Beispiele für die Festlegung von Terminen für die Weinlese und die Heuernte ebd.,
S. 106. Zur Bestimmung solcher Termine durch den Rat in Freiburg siehe Franz Leopold Dämmert: Freiburg
in der zweiten Hälfte des XVII. Jahrhunderts. Bd. 1. Freiburg 1878, S. 123ff. Äggerich Ordnung: StadtAF, LI
Kenzingen C, VIII Extra Iudiciale Prothocollum civitatis Kentzingensis (1655-1674), Protokoll vom 25. September
1655 (fol. lr + v); Besetzung der Hirtendienste, ebd., z.B. Protokolle vom 26. Dezember 1657 (fol. 12v)
und vom St. Stephanstag 1659 (fol. 19r).

47 Zitiert nach Andreas Weber: Kenzingen als frühneuzeitliche Stadt (1530-1806). In: Kenzingen, Bd. 1 (wie Anm.
41), S. 95-134, hierS. 102.

48 Welschkorn als Fruchtvorrat in Kenzinger Hinterlassenschaftsinventaren: StadtAF, LI Kenzingen A, V 97 (1738,
10. September) Salome Ringhyß, gewesene Ehefrau von Joseph Volck, Altzunftmeister; ebd., V 134 (1733, 5.
November) Schwarz, Daniel, gewesener Bürgermeister; ebd., V 228 (1737, 4. Dezember) Schmidt, Anna Maria.
Witwe von Jacob Schwab, Fischer.

49 Schenkung von vineae in pago Brisgowe in Kencinger marca im Jahr 772, Ansel-Mareike Andrae-Rau: Burg
und Dorf Kenzingen und die Kirnburg bis zum 13. Jahrhundert. In: Kenzingen, Bd. 1 (wie Anm. 41), S. 23-44,
hier S. 23. Zur Bedeutung des Weinanbaus für die Kenzinger Wirtschaft im Mittelalter vgl. Jürgen Treffeisen:
Die Breisgaukleinstädte Neuenburg, Kenzingen und Endingen in ihren Beziehungen zu Klöstern, Orden und
kirchlichen Institutionen während des Mittelalters (Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte 36). Frei-

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