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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 89
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Der medizinische Einsatz von Hanf beschränkte sich allerdings vorwiegend auf die äußerliche
Anwendung, weil nach zeitgenössischer ärztlicher Auffassung die Einnahme von Hanfsamen
unangenehme Nebenwirkungen haben konnte. Hierzu heißt es ist im Zedlerschen „Uni-
versal-Lexicon":

„Der Saame wird selten im Leibe gebraucht, weil er das Haupt mit vielen groben Dünsten ... und den Magen
beschweret und böse Feuchtigkeit im Leibe verursachet; öffters genossen, soll er die Natur schwächen
und den natürlichen Saamen mindern ... Er vertrocknet den Zeugungs-Saamen wie der Campher [Kampfer
]. Hingegen soll er bey denen Persern, nebst denen jungen zarten Blättern [des Hanfs], unter dem
Namen Bengi oder Bange die Natur stärcken und zum Venus-Spiel brünstig machen, und [so] haben diejenigen
, so es in Persien genüssen, bey ehrbaren Leuten nicht ein gar zu gutes Lob, man nennet sie Bengi,
Kidibengi, hanffresserische Hahnreiher und verhurte Hunde."60

Und Krünitz schreibt über die berauschende Wirkung des Hanfs:

„Die Hanfpflanze hat in allen ihren Theilen einen starken Geruch und eine besondere Kraft, den Geist zu
ermuntern, und gleichsam trunken oder gar verwirrt zu machen. Rumph [ein Autor] behauptet, daß die
Menschen davon närrisch und rasend werden könnten. Die Blätter, mit Tobak vermischt, werden auch den
geübtesten Tobakrauchern die Sinne benebeln."61

Angesichts der vielfältigen medizinischen Verwendung des Hanfs erscheint es nur folgerichtig
, dass der bereits erwähnte, 1665 verstorbene Kenzinger Wundarzt Laurenz Hawer dieses
Gewächs selbst anbaute. Rezepte für die Herstellung und Anwendung von Therapeutika
hatte er jedenfalls zur Hand: Zu seinem Nachlass gehörte auch ein geschreyben [handschriftliches
] artzney biechlin. Etwas erstaunlich ist die Aufnahme von 1 buoch daz Leben Christi, ein
Evangelium buoch, ein klein vndt ein groß beth [Gebet] buoch in die Auflistung seines wundärztlichen
Handwerkszeugs - vielleicht entsprang sie der Auffassung der Nachlassrichter, dass
auch beste ärztliche Kunst ohne Gottvertrauen nichts vermöge. Die zwei übrigen, von Hawer
hinterlassenen Bücher, 1 klein bäder biechlin und / träum buoch [zum Traumdeuten] sind allerdings
wieder berufsbezogen; Traumdeutung gehörte damals durchaus zum Methodenspektrum
der ärztlichen Diagnostik. Weiteres ärztliches Handwerkszeug von Laurenz Hawer
waren etwelich gläßer vndt laß Eisen [für den Aderlass], ein klein Fueterlin [Futteral] mit
Instrumenten, ein bindt [Binden?] bixen [Büchse] sambt dem Schrepff zeug [zum Schröpfen].
Ebenfalls zu seinem berufsbezogenen Nachlass gehörte einpren heim [Brennhelm], der Deckel
eines Brennkolbens - offensichtlich hatte der Verstorbene auch Destillate zur Anfertigung seiner
Arzneien hergestellt. Unter dem Gesichtspunkt der medizinischen Anwendung von Hanföl
ist interessant, dass sich unter den mehreren, teils noch von der Kriegszerstörung des Jahres
1638 ruinierten Hofstätten, die Hawer hinterließ, auch eine befand, darinnen ein traten [Öl(?)-
Trotte] gestanden. Unklar in ihrem Zweck bzw. in ihrer Bedeutung sind dagegen ein bley Scheiben
sowie ein hiltzener [hölzerner] laden auff dem Schafft, die unter seinem wundärztlichen
Handwerkszeug aufgeführt sind. Außer als Wundarzt war Hawer auch als Bader und Barbier
tätig gewesen, wie nicht nur das bereits genannte Baderbüchlein verrät, sondern auch ein Fou-
theral sambt Schermessern und Schern und die zwei Scherbecken, die ebenfalls zu seinem Nachlass
gehörten.62 Hanfbau hat er angesichts des nicht geringen Umfangs seiner Hanfländer
jedoch vermutlich nicht allein zur Herstellung von Arzneien betrieben, sondern wohl auch zur
Fasergewinnung und zum Verkauf.

60 Zedler (wie Anm. 22), Sp. 461.

61 Krünitz (wie Anm. 7), S. 826. Über die Verwendung von Cannabis als Rauschmitte] bei „Persern, Türken und
Indianern [Indern]", ebd., S. 827. Zur Verwendung als Rauschmittel „bey denen Türcken" auch bereits Zedler
(wie Anm. 22), Sp. 462.

62 StadtAF, LI Kenzingen A, V 190, 192 und 193. Zu Brennhelm vgl. Grimm (wie Anm. 22), Bd. 2, Sp. 370.

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