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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 92
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2006/0092
für den Erntebeginn und in manchen Orten wurde zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Qualität
des Hanfes der Erntetermin vom Gemeindevorstand festgelegt.76 Wegen der früheren Reife
des Femelhanfs praktizierte man je nach Gegend unterschiedliche Ernteverfahren. In Hanfbaugegenden
, deren Produktionsziel in erster Linie feiner, zum Spinnen geeigneter Hanf war,
wurde schlagsweise, also der Fimmel zusammen mit dem noch nicht völlig ausgereiften Mas-
kel- oder Samenhanf geerntet - dies vor allem deshalb, weil der Maskelhanf stark verholzte
und keinen feinen Faserbast mehr lieferte, wenn man die Samen ausreifen ließ. Andernorts, darunter
in der Gegend von Emmendingen wie allgemein im badischen Oberland, wurde gefemelt,
d.h. es wurde zunächst nur der Femelhanf ausgezogen, während man die weiblichen Pflanzen
noch drei bis vier Wochen, bis zur Samenreife auf dem Feld ließ.77 Allerdings hatte nach fachlicher
Auffassung in der Mitte des 19. Jahrhunderts diese Methode bedeutende Nachteile, nämlich
„daß der Saamenhanf dem Acker sehr viel Kraft entzieht; daß der Femmel- und Mastelhanf
dem Schlaghanf an Güte bedeutend nachstehen, daß das Feld nicht schon im Sommer wieder
bestellt werden kann; dass das Rösten und Brechen [des Hanfs] zweimal vorgenommen
werden muß und zwar zu einer Zeit, wo es nicht möglich ist, eine gute Qualität zu erzielen."78
Oftmals zog man daher für den eigenen Bedarf an Saatgut für die Wiederaussaat einzeln gesäte
Pflanzen in Kraut-, Rüben-, nach deren Einführung auch Welschkorn und Kartoffel- sowie
Brachäckern oder ließ an den Rändern des Hanflandes einige weibliche Pflanzen stehen.79

Bei der Ernte wurde der Hanf üblicherweise samt der Wurzel ausgezogen, ausgerauft, ge-
liecht,m auch um so die Oberfläche des Hanffeldes aufzulockern.81 In Frankreich dagegen
wurde der gröbere, für Seilerwaren bestimmte Hanf abgeschnitten und es gab. zumindest in der
Mitte des 19. Jahrhunderts, auch am Oberrhein Gegenden, in denen er „gleich dem Getreide
mit der Sichel oder einer scharfen Hippe geschnitten" wurde.82 Die Ansichten darüber waren
allerdings konträr. Die Verfechter des Schneidens argumentierten, dass „es etwas schneller
geht, und die ohnedies schlechteren bastgebenden Wurzelenden später doch abgeschnitten werden
sollen."83 Auch werde durch die Notwendigkeit, die Wurzeln später zu entfernen, „alle
Arbeit bis zum Spinnen vielfach [ge-]stört und vertheuert und ... die Qualität des gehechelten
Hanfes und des daraus gesponnenen Garnes verschlechtert." Zudem seien „beim Brechen des
Hanfes ... die Wurzeln nachtheilig, weil sie die Arbeit erschweren und mit der harten Wurzel,
wenn sie zerschlagen wird, immer auch Theile von gutem Baste entgehen."84 Die Gegner des
Hanfschneidens führten dagegen ins Feld, dass dieses mehr Arbeit erfordere und es vorkomme,
„daß die Arbeiter nicht dicht genug am Boden abschneiden, wodurch Materialverlust entsteht
."83 Nach dem Abschneiden oder Liechen wurden jeweils einige Handvoll, sorgfältig nach
Länge und Stärke sortierter Stängel zu garbengroßen Bündeln, so genannten Schauben zusammengebunden
und diese, soweit sie nicht direkt zum Rösten gebracht wurden, zunächst an
einem sonnigen Ort zum Trocknen aufgestellt, damit die Blätter welkten und der Bast anfing,
mürbe zu werden.86

Nach dem Trocknen wurden die Samen der weiblichen Pflanzen, des Maskelhanfs, mit

76 Vogelmann (wie Anm. 31), S. 32.

77 Ebd., S. 32; Dosch (wie Anm. 1), S. 46f.; Der Hanfbau (wie Anm. 31), S. 5.

78 Der Hanfbau (wie Anm. 31). S. 5f.

7y Encyclopedie (wie Anm. 8), S. 149; Dosch (wie Anm. 1). S. 46; Der Hanfbau (wie Anm. 31), S. 5; Wilhelm
Schadt: Der Hanfbau im badischen Hanauerland. In: Die Ortenau 52, 1972, S. 148-164, hier S. 155.

80 Schadt (wie Anm. 79), S. 155. Zum Verb „liechen" siehe Grimm (wie Anm. 22), Bd. 12. Sp. 981. Siehe auch
unter dem Stichwort „luchen" bei Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Stuttgart 341974, S. 130.

81 Encyclopedie (wie Anm. 8), S. 148; Marcandier (wie Anm. 3), S. 592; Krünitz (wie Anm. 7), S. 781.

82 Löbe (wie Anm. 31), S. 53; Dosch (wie Anm. 1), S. 47.

83 Dosch (wie Anm. 1), S. 47.

84 Der Hanfbau (wie Anm. 31), S. 7.

85 Löbe (wie Anm. 31), S. 53.

86 Zedler (wie Anm. 22), Sp. 461; Encyclopedie (wie Anm. 8), S. 149; Marcandier (wie Anm. 3), S. 592; Löbe
(wie Anm. 31), S. 54.

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