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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 112
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2006/0112
Als sich der regierende Markgraf und seine Familie 1733 wegen des polnischen Thronfolgekrieges
von Rastatt auf die böhmischen Güter nach Schlackenwert in der Nähe von Karlsbad
(ca. 455 km) zurückzog,25 wurde Elisabeth zur Erziehung in das Stift Essen und Thorn geschickt
.26 Die Großmutter Sibylla Augusta hatte dieses Stift noch selbst ausgewählt, denn über
ihre Mutter Herzogin Maria Hedwig Augusta von Pfalz-Sulzbach war sie mit der dortigen
Äbtissin Franziska Christine von Pfalz-Sulzbach entfernt verwandt. Im Frühjahr 1734 reiste die
achtjährige Prinzessin in Begleitung der Hofdamen Fräulein von Löwenburg und Frau von
Rauber sowie einer Kammerfrau nach Thorn, wo sie am 28. April ankam.27 Im Kloster sollte
Elisabeth lesen und schreiben lernen und zwar in Deutsch, Französisch und auch Latein.28 Zur
Ausbildung gehörten ferner Handarbeiten wie Nähen, Sticken, Häkeln, bordieren und dergleichen
. Wichtig war ebenso die Musik, denn Elisabeth soll nicht nur tanzen und singen, sondern
auch das clavessin schlagen können. Es wird berichtet, dass die Prinzessin in Thorn mit dem
dort üblichen Essen Probleme hatte, denn sie seie diese landtsspeißen noch nit gewohnt. Die
begleitende Hofdame bat deshalb die Köchin für Elisabeth eine eigene Mahlzeit zuzubereiten,
was jedoch nicht zugelassen wurde. Möglicherweise war geplant, die Erziehung der Prinzessin
im berühmten, nur zwei Stunden entfernt liegenden Ursulinenkloster Roermond fortzuführen
. Doch die Nachricht vom Tod des Erbprinzen Karl Ludwig veränderte die Lage
grundsätzlich.29 Markgraf Ludwig Georg unterrichtete die Äbtissin umgehend darüber und bat
um die Rücksendung seiner Tochter. Im Antwortschreiben vom 14. August 1734 heißt es:
Durch Euer L[ie]bden geehrter Schreiben vom 31.ten vorigen Monaths vernehm ich, daß Dieselben
Sich Entschloßen haben, zur Conselation der Frauen Gemahlin L[ie]bden, welcher mich
hinwiederumb höchstens empfehle, dero eintzige Printzessin Tochter L[ie]bden zu sich hinauff
kommen zu lassen, umb an dero fürstlichen] Hof weiters Erzogen zu werden. Die Äbtissin
brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass die Prinzessin gesund ankommen und dass die Frau
Gemahlin wieder einen Erbprinzen zur Welt bringen werde, um den Verlust zu ersetzen. Über
die weitere Ausbildung finden sich keine Hinweise, aber es ist anzunehmen, dass die oben erwähnten
Fächer weiter unterrichtet wurden. Vermutlich wurde Elisabeth nach der Rückkehr aus
Schlackenwert in Rastatt von den Piaristen30 erzogen. Eine weitere Ausbildung im Kloster fand
nicht statt.

Elisabeth scheint lebenslustig, selbständig und auch beliebt gewesen zu sein. Dies zeigte
sich bereits bei ihrem Aufenthalt im Stift. Aus der Kindheit ist lediglich eine Unartigkeit
überliefert. Am 27. März 1736 schrieb der Vater aus Rastatt an die Hofdame Frau von Nagel
, dass er von seiner Gemahlin gehört habe, wie ungehorsamb und unmanierlich sich meine
Tochter Elisabeth noch immerhin aufführe, und wie alle die ihm thuende gutte Erinnerungen
bishero iedoch nichts helfen wollen.3* Dies sei der Grund dafür, dass er ihr nichts zum
Namenstag (19. November) schenke und auch jetzt nichts mitschicke. Bei seiner Rückkehr
wolle er sie nicht sehen, wenn sie sich nicht bessere. Ob der Ungehorsam als kindlicher Trotz
einer Zehnjährigen oder bereits als Hinweis für den eigenen Kopf zu interpretieren ist, sei
dahingestellt.

25 Dies war nach dem Tod seiner Mutter am 10. Juli 1733.

26 GLA. 46/4319; Ute Küppers-Braun: Frauen des hohen Adels im kaiserlich-freiweltlichen Damenstift Essen
(1605-1803). Münster 1997, besonders S. 152-165 und 345f. Das adlige Damenstift Essen an der Ruhr war unter
Äbtissin Salome von Salm-Reifferscheid (t 1688) mit der Abtei Thorn an der Maas bei Roermond dauerhaft
verbunden worden.

27 GLA, 46/4319, S. 9. Der Name Löwenburg wird auch Leuenberg oder Leyenburg geschrieben.

28 GLA, 46/4324, S. 3 (in französisch) und 4 (Anweisung in deutscher Übersetzung).

29 GLA, 46/4319 und 46/4324 vom 9. Juni 1734.

30 Angehöriger eines katholischen Lehrordens.
" GLA, 46/4324.

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