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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 176
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Wolf arbeitete als selbständiger Architekt in Freiburg, Wolfdieter Panther betätigte sich als
Stadtbaumeister in Kehl, Oberbaurat Möhrle bei der Stadt Karlsruhe, und Erich Sendling war
soeben zum Professor am Karlsruher Staatstechnikum berufen worden.32 Zwei weitere Kandidaten
, Hermann Alker und Joseph Schlippe waren nicht einmal gebürtige Badener. Ersterer
stammte aus der Pfalz, lehrte seit 1921 an der Technischen Hochschule Karlsruhe und war dort
1940 zum Professor ernannt worden. 1934 hatte er die Heidelberger Thingstätte entworfen,
wofür er den Kulturpreis des Reichsstatthalters erhielt.33 Auch Schelling konnte sich dem Gauleiter
bereits durch eine architektonische Leistung, den Bau des Verlagshauses für das Karlsruher
NS-Blatt „Der Führer", empfehlen.34 Selbstverständlich waren nahezu alle Teilnehmer
Parteigenossen, Panther sogar schon seit 1928. Wolf, ebenfalls ein Nazi der ersten Stunde, leitete
in Freiburg den örtlichen „Kampfbund deutscher Architekten und Ingenieure".35 Derlei
nationalsozialistische Meriten konnte Joseph Schlippe nicht vorweisen. Stattdessen engagierte
er sich seit vielen Jahren ehrenamtlich in der badischen Heimat- und Denkmalpflege.36

Ein ungelöstes Rätsel - Schlippes Berufung ins Elsass

Bis heute ist unklar, weshalb ausgerechnet Freiburgs Stadtbaumeister Schlippe bei Wagner in
so hohem Ansehen stand, dass der ihm die Teilnahme an einem „erstrangigen" Wettbewerb antrug
. Allerdings hatte ihn der Gauleiter bereits im September 1940 zum Stadtbaudirektor von
Straßburg ausersehen.31 Das Angebot ist zunächst im Zusammenhang mit der generellen Neubesetzung
aller Verwaltungspositionen nach der Besetzung des Elsass zu werten. Wagner rekrutierte
sein Personal ausschließlich in Baden - zumindest so weit passt Schlippe ins Bild. Dennoch
ist die Wahl kaum nachvollziehbar: Schlippe war kein Parteimitglied und darüber hinaus
bekennender Katholik - beides hätte ihn eher zum Gegner als zum Protegee machen müssen,
denn Wagner war nicht nur fanatischer Nationalsozialist, sondern auch ein berüchtigter Kirchenfeind
. Die nahe liegende Vermutung, Schlippes direkter Vorgesetzter, Freiburgs Oberbürgermeister
Franz Kerber, habe sich über die Empfehlung seines Städtebaufachmanns bei seinem
Parteigenossen Wagner beliebt machen wollen, lässt sich weder erhärten noch widerlegen.

Dass Schlippe sich selbst um den Straßburger Posten gerissen haben könnte, muss ebenfalls
bezweifelt werden - er lehnte ihn nämlich ab. Um einen plausiblen Grund für seine Absage zu
finden, wandte sich Schlippe an einen Freund und langjährigen Mitstreiter auf dem Gebiet der
Heimatpflege, den Freiburger Landeskommissär Paul Schwoerer. Der gab ihm den Rat, gesundheitliche
Gründe anzugeben und darauf zu verweisen, dass er wegen körperlicher
Schwächung der Größe der Aufgabe nicht gewachsen sei.38 Wagner nahm ihm die Absage
offenbar nicht übel, sondern besprach, so jedenfalls die Version des Freiburger Oberbaudirektors
, mit ihm gleich eine alternative Besetzung: Schlippe empfahl dabei wärmstens Richard
Beblo, der den Zuschlag dann auch bekam. Ganz wollte der Gauleiter aber auf Schlippes
Dienste wohl doch nicht verzichten: Alternativ übertrug ihm Wagner das Amt des elsässischen
Landesdenkmalpflegers - eine äußerst verlockende Aufgabe für den ehrenamtlichen Heimat-

32 Vgl. Bauten und Planungen des Architekten Regierungsbaumeister Dipl. Ing. Alfred Wolf. Festschrift [Freiburg
1952], StadtAF, Dwe 3325; Werner Durth/Niels Gutschow: Träume in Trümmern. Planungen zum Wiederaufbau
zerstörter Städte im Westen Deutschlands 1940-1950. Bd. 2: Städte. Braunschweig/Wiesbaden 1988,
S. 581 dort Anm. 36 (Panther); Josef Werner: Architektur und Ästhetik: über Sendlings Werk und Wirken. In:
Erich Schelling. Architekt 1904-1986. München 1994, S. 10-15.

33 Vgl. Meinhold Lurz: Die Heidelberger Thingstätte. Die Thingbewegung im Dritten Reich: Kunst als Mittel politischer
Propaganda. Heidelberg 1975; Voigt (wie Anm. 4), S. 79.

v Vgl. Voigt (wie Anm. 4), S. 79.

35 Vgl. ebd., S. 57 und 74.

36 Vgl. Vedral (wie Anm. 4), S. 62f; Hans Geiges: In memoriam Joseph Schlippe. In: Schau-ins-Land 89, 1971,
S. 153-156.

37 Schlippe an Franz Kerber, 16.11.1940 (Abschrift), StadtAF, Kl/44 Nr. 516.

38 Vgl. Schlippe an Paul Schwoerer, 31.10.1941 (Abschrift), StadtAF, Kl/44 Nr. 521.

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