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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 177
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Schützer, zumal er parallel weiterhin das Freiburger Hochbauamt leiten konnte.39 Und schließlich
forderte ihn der Reichsstatthalter auch noch zur Teilnahme am Wettbewerb für das „Neue
Straßburg" auf.

Schlippes Freiburger Architekturleistungen hatten sich bis dahin vorwiegend auf Wohnbauten
konzentriert, die er als Vorstand des Hochbauamts für die Städtische Siedlungsgesellschaft
entwarf. Einige davon waren 1938 in der „Kulturschau des Gaues Baden" in Karlsruhe zu besichtigen
, wo ihnen höchste Anerkennung zuteil wurde.40 Bei den Planungen für das „Neue
Straßburg" ging es aber erst in letzter Instanz um die Bereitstellung gesunden und hygienischen
Wohnraums - im Vordergrund standen selbstredend die Repräsentationsbauten. Auf diesem
Sektor konnte Schlippe nur wenig Erfahrung vorweisen. Die einzigen öffentlichen Gebäude,
die er für Freiburg entworfen hatte, das Städtische Verkehrsamt und das Forstamt, durften kaum
als Renommierobjekte nationalsozialistischer Architektur gelten. Ihr Markenzeichen war nämlich
, dass sie sich nahtlos und unauffällig in ihre Umgebung einfügten.41 So nährt sich der Verdacht
, dass Schlippe als reiner Zählkandidat zur Teilnahme an dem Straßburger Wettbewerb
aufgefordert wurde - eine Annahme, die sich allerdings nicht beweisen lässt.

Traditionelles mit Zeitgeist-Dekor - Schlippes „Neues Straßburg"

Die fahrigen Striche, welche Hitler auf den Stadtplan geworfen hatte, galten als absolut verbindlich
. Sie bezeichneten die Bauachsen in Form eines liegenden Ypsilons, welches von Kehl
aus über den Rhein bis an die Straßburger Altstadt führte. Diese Vorgabe bedeutete eine Vernichtung
noch verbliebener Spuren der 1684 von Vauban gebauten Festungsanlage - für den
passionierten Denkmalpfleger Schlippe ein Gräuel: Ich habe mich ... als einziger erkühnt, eine
andere Einführung der neuen Hauptzufahrtsstraße vorzuschlagen, damit die letzten Reste der
Vaubanschen Zitadelle erhalten bleiben könnten. Ich wurde jedoch belehrt, daß lediglich die
Linienführung der zukünftigen Hauptzufahrtsstrasse vorgeschrieben, daß diese aber unabänderlich
sei.42 Sein Oppositionsgeist reichte jedoch nicht so weit, dass er sich kurzerhand über
die Vorgabe hinweggesetzt hätte. Offensichtlich war der Wunsch, das „Neue Straßburg" eigenhändig
zu formen, stärker als das denkmalpflegerische Gewissen. Wie er dem Kunsthistoriker
Paul Clemen beinahe entschuldigend mitteilte, habe er aber versucht, die Planungen hinsichtlich
ihrer Monumentalität dadurch abzumildern, daß ich eine Reihe wichtiger Bauten nicht an
der als Hauptzufahrtsstrasse doch sehr verkehrsreichen neuen Achse, sondern an einer senkrecht
zu ihr gerichteten, leicht geschwungenen Folge von Plätzen aufreihte. Schlippes Projekt
beinhaltete nicht nur eine Verlegung des linksrheinischen Hafens, sondern auch der um Straßburg
führenden Eisenbahnlinie. Zur Erklärung führte er in seiner Projektbeschreibung an: Ohne
diesen unvermeidlichen Eingriff ist ein organisches Wachstum zum Rhein hin unmöglich.43 Im
Wesentlichen plante Schlippe seine Bauten entlang zweier Achsen, deren eine, die 2,5 km lange
„West-Ost-Achse", in Kehl in einer als rundem Kuppelbau vorgesehenen „Kriegerehrenhalle"
enden sollte (Abb. 4). Als Reminiszenz an das Mittelalter sah er eine Rheinbrücke mit monumentalen
Brückenköpfen vor, die gleichsam zu einer „Burg an der Straße" ausgebildet werden
sollten. Von hier sollte die Anbindung des „Neuen Straßburg" an das „Alte Straßburg" sinnlich
fassbar werden: Es öffnet sich ... westwärts das Panorama des Neuen Straßburg vom
Opernhaus bis zur Gauhalle mit dem Münsterturm und den Vogesen im Hintergrund. Der

39 Über die erste Zeit seiner Tätigkeit verfasste Schlippe einen Bericht, der kaum Reminiszenzen an das „Dritte
Reich", dafür sehr anerkennende Passagen über die französische Denkmalpflege im Elsass zwischen 1919 und
1939 aufweist. Vgl. Joseph Schlippe: Denkmalpflege im Elsaß. In: Oberrheinische Kunst 10, 1942, S. 183-191,
hierS. 183.

40 Vgl. Vedral (wie Anm. 4), S. 62.
4« Vgl. ebd., S. 63.

42 Schlippe an Paul Clemen, 28.10.1944 (Abschrift), StadtAF, Kl/44 Nr. 44. Hier auch das folgende Zitat.

43 Joseph Schlippe: Die Gestaltung des Neuen Straßburg, Februar 1942, StadtAF, Kl/44 Nr. 516.

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