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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 200
(PDF, 44 MB)
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Sammlung bereit: Er listet in Tabellenform 1276 Volksmissionen auf, die zwischen 1849 und 1918 in Baden
abgehalten wurden, nennt Pfarrort und Dekanat, die Namen der Missionare, ihre Herkunft samt der
Fundstellen für seine Angaben. Die Tabelle gliedert er parallel zu den historischen Rahmenbedingungen
in drei Blöcke: die schon erwähnte Phase von 1849 bis 1872, in der auswärtige Ordensangehörige auftraten
- in den Städten vorwiegend Jesuiten aus der Koblenzer Gegend oder aus Regensburg, in ländlichen
Gegenden Redemptoristen aus dem Elsass, vereinzelt auch Kapuziner aus der Schweiz oder aus Mainz.
Mit zunehmender Entfernung von der Revolution gewannen die Liberalen an Dominanz und fanden zunehmend
Gehör für ihre Kritik an den Volksmissionen als katholischen Machtdemonstrationen, „Schaustücke
", bei denen Volksmassen durch Höllenpredigten irre geleitet würden. Im Frühjahr 1872 trat ein
Gesetz in Kraft, das auswärtigen Ordensangehörigen verbot, in Baden Missionen abzuhalten. Baden kam
damit dem Jesuitengesetz des Reichstags zuvor.

Während der zweiten Phase zwischen 1872 und 1894 fanden entsprechend der Gesetzeslage nur Weltpriester
-Missionen statt, nur 41 im Verlauf von 22 Jahren im Vergleich zu 325 in den 23 Jahren zuvor.
1894 gelang es der zur einflussreichen politischen Größe erstarkten Zentrumspartei, die Aufhebung des
Missionsverbots durchzusetzen. Über 900 Missionen verzeichnet Heitz im dritten Abschnitt zwischen
1894 und 1918. Er kommentiert die Entwicklung über die Jahrhundertwende und den Ersten Weltkrieg
hinaus. Der Schwerpunkt seiner Forschungen liegt auf dem 19. Jahrhundert und hier auf den Wechselwirkungen
zwischen Volksmissionen und Ultramontanismus. Der Autor hat mit dieser facettenreichen und
gründlichen Untersuchung eine Lücke in der südwestdeutschen Landesgeschichte geschlossen.

Renate Liessem-Breinlinger

Otto Herding (t 2001): Beiträge zur südwestdeutschen Historiographie. Bearb. und hg. von Dieter
Mertens und Hansmartin Schwarzmaier, Redaktion: Michael Klein (Veröffentlichung der Kommission
für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B, Forschungen, 162). W. Kohlhammer
Verlag, Stuttgart 2005. 284 S., 1 Abb., gebunden.

Wissenschaftler pflegen mit ihresgleichen nicht zimperlich umzugehen, weder mit Zeitgenossen, noch mit
Vorangegangenen. Der schwäbische Geschichtsschreiber Christian Friedrich Sattler (1705-1785) sah
„stinkende und düstere Nebel" aus den Werken früherer Chronisten aufsteigen. Im Geist seiner Zeit, der
Aufklärung, beanspruchte er für sich, die Sicht auf die Wahrheit zu eröffnen, gestützt auf archivalische
Quellen in der Tradition des Begründers der Urkundenlehre Jean Mabillon (1632-1707). Auch Martin Gerbert
(1720-1793), Abt von St. Blasien und Autor einer zweibändigen Geschichte des Schwarzwaldes,
distanzierte sich von den Verkrustungen der alten Geschichtsschreibung und versprach seinerseits, die Tatsachen
aus alter Zeit unverfälscht und gestützt auf sichere Dokumente zu beschreiben. Die Zeitgenossen
nannten ihn respektvoll den „zweiten Mabillon". Der Karlsruher Historiker Franz Joseph Mone (1796-
1870), Herausgeber einer Quellensammlung zur badischen Geschichte, stellte zwei Generationen später
fest, dass die Bereitschaft, die Wahrheit unverfälscht zu dokumentieren, bei Gerbert nicht für alle Tatbestände
in gleicher Weise galt. Wenn es um „frevelhafte Verschwörungen" ging, vermied er es, Nachahmer
zu ermutigen.

Wissenschaftlich zu untersuchen, ob und wie in verschiedenen Epochen Geschichte erforscht, dokumentiert
und vermittelt wurde, ist eine lohnende und ergiebige Aufgabe. Die Konzeption des Handbuchs
der baden-württembergischen Geschichte sah 1980 deshalb eine ausführliche Abhandlung über die Historiographie
des deutschen Südwestens vor, für die Otto Herding, vormals Ordinarius in Freiburg und Tübingen
, als Autor gewonnen wurde. Er reichte bei der Kommission für geschichtliche Landeskunde verschiedene
Einzelbeiträge ein. Zur Zusammenfassung seiner Ergebnisse zu einem Handbuchartikel reichte
die Zeit und Kraft des inzwischen Hochbetagten nicht mehr aus. Als „Beiträge zur südwestdeutschen Historiographie
" wurden 14 Aufsätze in einer Monographie publiziert, eine verdienstvolle Initiative der Bearbeiter
, ihrerseits namhafte Landeshistoriker.

Aus dem Kapitel über Martin Gerbert wurde schon eingangs zitiert. In dem ausführlichen Text kommen
auch die Verdienste weiterer berühmter Gelehrter aus dem Benediktinerkonvent von St. Blasien zur
Sprache: Stanislaus Wülberz (1695-1755), Trudpert Neugart (1742-1825), dem Arbeiten Uber die Geschichte
des Bistums Konstanz und zwei Urkundenbände zu verdanken sind, Marquard Herrgott (1694-
1762), ein Spezialist für die Geschichte des Hauses Habsburg. Der Blick reicht auch hinüber nach St. Peter
, wo die Äbte Philipp Jakob Steyrer und Ignaz Speckle im Rahmen der etwas bescheideneren wissenschaftlichen
Möglichkeiten ihres Hauses ihr Geschichtsbewusstsein dokumentierten.

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