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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 219
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mit der Tatsache zu tun, dass der Kult erst im 19. Jahrhundert einsetzte, in einer Zeit, als Heilige nicht
mehr als Wundertäter, sondern als Tugendvorbilder verstanden wurden. Interessant sind auch die Ausführungen
der Verfasserin über verschiedene erfolglose Bemühungen um die Kanonisierung Bernhards.
Einen Hinweis verdient schließlich das Titelbild auf dem Einband, eine bisher unveröffentlichte Zeichnung
von Pfarrer Karl Stritt aus den 1940er-Jahren. Schmitts beachtliche kirchengeschichtliche Arbeit
wurde in die Reihe „Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde" aufgenommen.

Renate Liessem-Breinlinger

Christian Würtz: Johann Niklas Friedrich Brauer (1754-1813). Badischer Reformer in napoleonischer
Zeit (Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde Baden-Württemberg, Reihe B,
Forschungen, 159). W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2005. 422 S., 1 Abb.. gebunden.

Sigismund von Reitzenstein und Johann Niklas Friedrich Brauer waren die prominentesten badischen
Staatsdiener in der Ära Napoleons. Während der gewandte Diplomat Reitzenstein von Franz Schnabel
schon 1927 ausführlich gewürdigt wurde, ließ eine Monographie über den Juristen und Innenpolitiker
Brauer bis 2005 auf sich warten. Sie entstand als Dissertation an der Juristischen Fakultät der Universität
Heidelberg. Der Autor Christian Würtz bearbeitete die schriftliche Hinterlassenschaft Brauers aus 39
Dienstjahren von 1774 bis 1813, eine ungewöhnliche Fülle, denn dieser arbeitete nicht nur kenntnisreich
und solide, sondern auch fleißig und schnell. Brauer stammte aus einer hessischen Bürgerfamilie und hatte
in Gießen und Göttingen studiert. Dass Verwaltungsposten mit Landesfremden besetzt wurden, war in der
Markgrafschaft Baden, die keine Landesuniversität besaß, nichts Außergewöhnliches. Wichtig war nur,
dass die Bewerber aus einem konfessionsgleichen Territorium kamen. In seiner aktiven Zeit erlebte Brauer
den Aufstieg der Markgrafschaft zum Kurfürstentum und schließlich zum Großherzogtum. Es war sein
Verdienst, für den neuen Staat, dem höchst unterschiedliche Territorien eingegliedert wurden, eine einheitliche
Gesetzgebung und Verwaltung konzipiert zu haben.

Zu Brauers nachhaltigsten Leistungen gehört die Überarbeitung des „Code Napoleon" auf badische
Bedürfnisse hin und dessen Einführung als badisches Landrecht 1809. Die Zersplitterung im Bereich des
Zivilrechts, die schon 1771 nach der Vereinigung der beiden konfessionsunterschiedlichen badischen
Markgrafschaften nachteilig gewirkt hatte, war damit überwunden. Brauer hielt dieses Gesetzbuch für
„ächt nützlich", ob es „ächt römisch" sei oder nicht, spiele keine Rolle. Die Formulierung lässt einen Blick
zu auf Brauers Arbeitsphilosophie. Er verstand sich nicht als Wissenschaftler, sondern dachte und waltete
von der Praxis her.

Zukunftsweisend waren auch Brauers Vorarbeiten zur Union von Lutheranern und Reformierten in
Baden. 1803 publizierte er „Gedanken über einen Kirchenverein beeder protestantischen Religionsparthi-
ien", worin er nicht nur organisatorische Vorschläge machte, sondern sich mit den unterschiedlichen Lehrmeinungen
bezüglich des Abendmahls und der Prädestination auseinander setzte. Es kam Brauer zugute,
dass er über fundierte theologische Kenntnisse verfügte. Um die künftige Union auf den Weg zu bringen,
schlug er einen „Verein der Dogmen" vor. Den Pfarrern gestand er innerhalb eines gesamtkirchlichen Konsenses
weitgehende Lehrfreiheit zu. Johann Peter Hebel, der Brauer freundschaftlich verbunden war,
kannte das Manuskript schon vor der Veröffentlichung. Er kritisierte Brauers Vorstellung, die Einigung
könnte durch freiwilliges Kooperieren der Geistlichen in den Gemeinden von unten ausgehen, als realitätsfernes
„Luftgebilde". Vier Jahre später handelte Brauer dann schnell und pragmatisch, als er im Konstitutionsedikt
von 1807 den lutherischen und reformierten Kirchenrat aufhob und durch einen gemeinsamen
Oberkirchenrat ersetzte. Damit war die Vereinigung auf der Verwaltungsebene vollzogen; die Bekenntnisunion
kam erst 1821 zustande. Würtz deckt mit seiner Brauer-Monographie fast vier Jahrzehnte badischer
Verwaltungs- und Verfassungsgeschichte ab, denn der Geheime Rat agierte „im Zentrum der Macht".

Der Autor vermittelt auch ein Bild von Brauers Persönlichkeit und seinem privaten Umfeld. 1778, vier
Jahre nach seinem Dienstantritt in Karlsruhe, heiratete er Wilhelmine Friederike Luise Helmeling, eine
junge Dame, deren Eltern zur Karlsruher Oberschicht gehörten. Die Schwester der Braut führte als Ehefrau
des Legationsrats. Kaufmanns und Tabakindustriellen Johann Christian Griesbach ein gastliches
Haus, wo sich Schöngeister sowie politisch und wirtschaftlich Einflussreiche trafen. Aus Brauers Ehe mit
der um ein Jahr älteren Wilhelmine gingen sechs Kinder hervor. Die Familie wohnte im eigenen Haus in
der Adlerstraße, einem „Modellhaus", erbaut nach den Planvorgaben der jungen Stadtgründung und finanziert
mit einem zinslosen Darlehen des Markgrafen Karl Friedrich. Im Tagebuch eines Neffen wird Brauer
als freundlicher, gefälliger und anspruchsloser Ehemann beschrieben. Er teilte seine knappe Freizeit aber

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