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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 154
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den Mündungsarmen des Rheins lag, waren deshalb neben den Hanfimporten aus dem Baltikum
auch die Hanfanbaugebiete am Oberrhein von großem Interesse. Es gelang dem holländischen
Handel in der frühen Neuzeit weitgehend, die oberrheinischen Lande vor allem hinsichtlich
des dort stark ausgedehnten Tabak-, Krapp- (Pflanze zum Rotfärben) und Hanfbaus
seiner kommerziellen Vorherrschaft zu unterwerfen. Vor allem in großen Teilen der Ortenau
und des Hanauer Landes, aber auch im Breisgau gehörten der Anbau von Hanf und sein Verkauf
ins Ausland, vorwiegend in die Niederlande, vom 16. bis ins 19. Jahrhundert zu den
hauptsächlichsten Einnahmequellen.19 Die Möglichkeit, vom Oberrhein Hanf zu importieren,
war für Holland auch deshalb bedeutsam, weil in Kriegszeiten, etwa während der Seekriege
mit England in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, das Nadelöhr des Öresunds, das bei
der Beschaffung von baltischem und russischem Hanf zu passieren war, leicht blockiert werden
konnte und überhaupt die Einfuhr auf dem Seeweg in Kriegszeiten immer mit der Gefahr
verbunden war, dass selbst Handels- und Transportschiffe neutraler Staaten aufgebracht wurden
, wenn sie sogenannte Konterbande geladen hatten, also kriegswichtige Waren, die für den
Kriegsgegner bestimmt waren. Und Hanf zählte in Kriegszeiten eindeutig zur Konterbande.20
Dabei gab es keineswegs eine durchgängige Frachtschifffahrt vom Hochrhein oberhalb Basels
bis hinunter nach Holland. Stapelrechte und Schifferprivilegien machten bei der Frachtfahrt
auf dem Rhein wiederholtes Umladen erforderlich. Schließlich bildete die Felsenstrecke
zwischen Bingen (Binger Loch) und St. Goar einen sehr gefährlichen und bei niedrigem Wasserstand
für Lastschiffe unpassierbaren Stromabschnitt, was dann die Überbrückung dieser
Strecke per Landtransport nötig machte.21 Das tat dem Handel allerdings keinen Abbruch. So
wurde der für den auswärtigen Verkauf bestimmte Hanf aus den oberrheinischen Anbaugebieten
etwa in den ausgesprochenen Hanfbaugemeinden des Hanauerlandes, der Gegend um Kehl,
von Maklern im Auftrag großer Handelshäuser in Straßburg und anderen Städten aufgekauft
und von dort nach Holland, Belgien, Nordfrankreich, England exportiert, wo aus dem angelieferten
Rohmaterial, in erster Linie der von den kräftigeren, weiblichen Pflanzen stammende
Seilerhanf, Schiffstaue und Segel hergestellt wurden. Um 1660 kauften Straßburger Kaufleute
allein aus den Bezirken Achern und Bühl jeweils 5000 Zentner Hanf auf. Aber auch Agenten
im Auftrag von Seilereien in Cannstatt, Augsburg, Frankfurt, Mainz, Reutlingen und Basel traten
in Erscheinung.22 Spätestens im 17. Jahrhundert gelangte Hanf aus den Gegenden um Bühl,
Achern, Lichtenau, Kehl, Renchen, Offenburg und Lahr zum Weiterverkauf auf die Ostermesse
nach Frankfurt am Main, zumindest im späten 18. Jahrhundert der „Hauptort für Deutschland,

19 Willi A. Boelcke: Wirtschaftsgeschichte Baden-Württembergs von den Römern bis heute. Stuttgart 1987, S.
151; Oskar Teubert: Die Binnenschiffahrt. Ein Handbuch für alle Beteiligten, 1. Bd. Leipzig 1912. S. 56f.:
Eberhard Gothein: Geschichtliche Entwicklung der Rheinschiffahrt im XIX. Jahrhundert (Die Schiffahrt der
deutschen Ströme 2). Leipzig 1903. S. 4ff. Gleichzeitig spielten die Oberrheinlande eine bedeutende Rolle als
Absatzgebiet für die niederländische Exportwirtschaft. Noch im 18. Jahrhundert versorgte Holland „mittelst der
Schiffahrt auf dem Rheine ... Saarbrück, Zweibrücken, Baden, Würtemberg, Elsaß, Breißgau, Spirbach, beinahe
die ganze Schweiz, Metz, Lothringen etc. mit Droguerey= und Spezerei=Waaren, Fischen, Oelen etc.; dagegen
brachten sie zurück: Holz. Rhein= und Moseler Wein, Pottasche, Eisen etc.", Krünitz (wie Anm. 16). S. 742f.

20 Laut Marperger (wie Anm. 4), S. 221 f., heißt es „in dem 6. Articul des Tractats von der Marine A[nno] 1648.
zwischen dem König in Spanien und den Herrn General Staaten der vereinigten Niederlande auffgerichtet/ ...
daß unter den Nahmen der Contrabanden und verbotenen Kauffmannschafften/ auch sollen verstanden und begriffen
seyn/ alle Zurüstung/ so zum Kriegs^ und Orlogs=Gebrauch geartet und gemachet ist/ darunter dann auch
Hanff/ Flachs und Leinwand/ weil aus den ersten das zu Orlog [Kriegs]=Schiffen benöthigte Thauwerck/ item
der Zwilch zu Sand- und Pulver-Säcken/ zu Zelten und Soldaten-Hembdern kann gemacht werden/ verstanden
wird".

21 Teubert (wie Anm. 19), S. 16f. und 25f.; Böcking, Textband (wie Anm. 12), S. 81-84 und 121 ff.; Looz-Cors-
warem (wie Anm. 12), S. 2f.

22 Boelcke (wie Anm. 19), S. 151; Wilhelm Schadt: Der Hanfbau im badischen Hanauerland. In: Die Ortenau 52
(1972), S. 148-164, hier S. 148f. und 158; Ders.: Der Hanfanbau. In: Kurt Klein: Land um Rhein und Schwarzwald
. Die Ortenau in Geschichte und Gegenwart. Kehl 1978, S. 265-268, hier S. 266f.

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