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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 165
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2007/0165
Die dickeren, für die Gewinnung des Seilerhanfs geeigneten Stängel der samentragenden
weiblichen Pflanzen, des Maskelhanfs, waren für die Hanfbreche zu stark; soweit sie nicht, wie
oben beschrieben, von Hand geschleißt wurden, kamen sie vor dem Gang durch die Hanfbreche
unter die Hanfpleuel. Ein solches mechanisches Werk gehörte auch zu dem wenig unterhalb
der Elzbrücke mit seinen Hauptmühlwerken am rechten, stadtseitigen Ufer des Flusses gelegenen
Komplex der Kenzinger Herrschaftsmühle. Bezeichnenderweise war die Kenzinger
Hanfpleuel am linken Flussufer errichtet, wahrscheinlich aus Gründen der Feuersicherheit. Das
lässt dich jedenfalls aus den Bestimmungen schließen, die Bauerngericht und Vogt von Ober-
achern 1580 für die Benutzung der dortigen Plauelmühlen erließen. Darin wurde Einheimischen
wie Fremden, welche eine Pleuelmühle gemietet hatten, bei Strafe von 1 Pfund Pfennige
(lb) verboten, bei offenem Licht zu arbeiten; lediglich bei Verwendung von Laternen sollte die
Benutzung der Pleuelmühlen für die Oberacherner Hänfer ab vier Uhr morgens gestattet sein.68
Im Unterschied zum Mühlwerk einer Mahlmühle, das die horizontal liegenden Mühlsteine zum
Mahlen des Getreides antrieb, war das einer Pleuelmühle so konstruiert, dass die durch den
Wellbaum übertragene Kraft des Mühlrads mörserähnlich mehrere Stößel, bei der mit drei
Mühlrädern ausgestatteten Kenzinger Hanfpleuel waren es im 17. Jahrhundert 12, nacheinander
hochhob und wieder niederfallen ließ, wodurch die unter die Pleuel geschobenen Hanf-
stängel geklopft und gequetscht und deren holziger Kern gebrochen und zersplittert wurde.69
Das Kenzinger Pleuelwerk wurde im Jahr 1711 durch eine Hanfreibe ersetzt.70 Eine solche bestand
aus einer senkrecht stehenden, drehbar gelagerten Spindel, welche durch ein aufgestecktes
Kammrad, in welches ein auf dem horizontalen Wellbaum angebrachtes, ebenfalls hölzernes
Zahnrad griff, angetrieben wurde. In diese Spindel war rechtwinklig der Spindelwagen,
eine starke Achse eingefügt, auf die der walzen- oder kegelstumpfförmige Läuferstein drehbar
montiert war. Durch den sich mit dem Mühlrad drehenden Wellbaum durch Kamm- und Zahnrad
auf die senkrechte Spindel und damit auch auf den Spindelwagen übertragen, ließ die Kraft
des Wassers so den Läuferstein auf einer steinernen oder einer aus hartem Stirnholz zusammengefügten
, runden Platte im Kreis laufen.71 In der Hanfreibe (Abb. 5) wurden, wie in der
Hanfpleuel, in erster Linie die langen und sehr dicken mit der Hanfbreche kaum oder nur mühsam
zu brechenden Stängel des Maskelhanfs gequetscht und mürbe gemacht, um dann anschließend
mit der Hanfbreche weiter von holzigen Stängelteilen befreit zu werden.72 Oftmals
fand der durch die Bearbeitung in der Hanfpleuel oder Hanfreibe gewonnene, noch grobe, in
diesem Produktzustand sogenannte Basthanf aber auch direkten Absatz bei den Seilern, die dieses
Zwischenprodukt entsprechend dem jeweiligen Endzweck bis zum benötigten Feinheitsgrad
durch Schwingen und Hecheln selbst weiter aufbereiteten.73

68 Beck (wie Anm. 25), S. 142.

69 Mühlengetriebene Poch- oder Pleuelwerke zum Brechen des Hanfs: Meyers Konversations-Lexikon (wie Anm.
62), Bd. 8, S. 122; vgl. auch Beck (wie Anm. 25), S. 142, und Ernst Ochs: Badisches Wörterbuch. Bd. 1. Lahr
1925-1940, Stichwort „Bleuel", S. 262; Beschreibung der Kenzinger Hanf- oder Pleuelmühle im Jahr 1603: Jürgen
Treffeisen: Beschreibung der Herrschaft Kürnberg und Kenzingen im Jahr 1599/1603. Erster Teil: Kenzin-
gen (1603). In: „s'Eige Zeige" 9 (1995), S. 115-128, hier S. 119; vgl. auch Reinhold Hämmerle: Die Kenzinger
Elz - gefürchtet, gebändigt, geliebt. In: Kenzingen (wie Anm. 40), S. 37-70, hier S. 51 f.

70 Hämmerle (wie Anm. 69), S. 53.

71 Eine Hanfreibe ist im Heimatmuseum im Anwesen Menton in Teningen zu besichtigen. Vgl. hierzu: Heimatmuseum
im Anwesen Menton (Schriftenreihe des Fördervereins Anwesen Menton e.V. 2). Hg. vom Förderverein
Anwesen Menton e.V. Teningen 1998. Ebd., S. 7, auch eine Fotografie der Hanfreibe. Eine weitere, nach dem
selben Prinzip konstruierte, ursprünglich von der Oberen Mühle in Steinach stammende Hanfreibe findet sich im
Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof in Gutach. Vgl. Dieter Kaub/Willi Sauer/Reinhold Mayer:
Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof in Gutach. Heidelberg 1986, S. 76ff., ebenfalls mit Fotografie.
Das Funktionsprinzip der hier beschriebenen Hanfreibe entspricht dem, was Krünitz (wie Anm. 16), S. 796f, als
„mährische Hanfmühle" beschreibt.

72 Meyers Konversations-Lexikon (wie Anm. 62). S. 121f.

73 Krünitz (wie Anm. 16). S. 830; Basthanf: Ebd.. S. 816f.

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