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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 285
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finanzielle Grundlage dafür geschaffen worden. Als Bauplatz wurde das Gelände des ehemaligen Augustiner
-Chorherrenstifts Allerheiligen mit der Burgkaserne gegenüber dem Konvikt ins Auge gefasst. Der
Ankauf des östlichen Grundstücksteils - die ehemalige Präsenzscheune war bereits in kirchlichem Besitz
- vollzog sich bereits im Jahr 1900 ohne Schwierigkeiten. Das städtische Gelände kam durch Tausch gegen
das Haus „zum Herzog" in kirchlichen Besitz. Schon im Januar 1901 hatte die Planung für das neue
Ordinariatsgebäude begonnen. Zunächst wurde ein erstes Raumprogramm aufgestellt, das bis Oktober
1901 im Detail ausgearbeitet war.

Inzwischen hatte Raimund Jeblinger sein Amt angetreten und konnte am 24. Februar 1902 den ersten
Plansatz mit Kostenvoranschlag liefern, der von der Baukommission angenommen wurde. Die abschließende
Planung mit Grund- und Aufrissen, Fassadenentwurf und detaillierter Kostenberechnung lag
Mitte Februar 1903 vor und wurde nur noch in Details bei der Bauausführung verändert, wobei sich Jeblinger
zugunsten seiner Vorstellungen mehrfach über Anweisungen und Wünsche des Ordinariats hinwegsetzte
. Im Juni 1903 war die Burgkaserne endgültig abgerissen und die Fundamentierung konnte beginnen
. Ein Jahr später stand der Rohbau, im Dezember 1904 konnte der hölzerne Dachstuhl gesetzt werden
, die Verkleidung der modernen Beton-/Backsteinkonstruktion mit Landstuhler Sandstein war im Juli
1905 abgeschlossen und auch der Innenausbau konnte binnen Jahresfrist beendet werden. Erzbischof Thomas
Nörber weihte das Ordinariatsgebäude am 25. November 1906.

Die Oberflächen am Außenbau sind höchst verschiedenartig bearbeitet: Neben glatt scharrierten Steinen
sitzen gekrönelte und bossierte Quader. Die Wandflächen und ihre gliedernden Teile, Gesimse, Stützen
, Tür- und Fensterrahmen sind reich ornamentiert. Die Formensprache der Architektur und der
schmückenden Details ist der Spätromanik entlehnt, die mit byzantinisierenden Elementen und - vor allem
im Bereich der Ornamentik - mit Jugendstilmotiven durchsetzt ist. Die von Jeblinger vorgeschlagene
farbige Fassung und Vergoldung der Ornamente kam nicht zur Ausführung, sie ist auf das Gebäudeinnere
beschränkt. Leider ist der Außenbau nicht ohne Beeinträchtigungen geblieben. Eine Bombe traf am 8. Februar
1945 die Nordwestecke des Ordinariats. Anfang der 1950er-Jahre wurde sie ohne den Aufsatz des
Turmrisaliten und ohne den Giebel über der Herrenstraßenfassade wiederhergestellt. Einem Dachausbau
zu Beginn der 1960er-Jahre fielen die für den Gesamteindruck so wichtigen Lukarnen mit der bewegten
Kontur der auf- und absteigenden Giebel und die meisten der Wasserspeier zum Opfer. Das Nebentreppenhaus
wurde im Zug eines Anbaus an der Herrenstraße zu Beginn der 1970er-Jahre entfernt.

Eine gelungene Verbindung der Ansprüche an ein modernes Verwaltungsgebäude mit dem Wunsch des
Erzbistums nach Repräsentation stellen Aufteilung und Ausgestaltung des Inneren dar. Die Büroräume für
die verschiedenen erzbischöflichen Dienststellen sind entlang der zentral in der Mittelachse des Gebäudes
verlaufenden Flure angelegt. Archivräume und Registraturen waren ebenso Bestandteil des Bauprogramms
wie der große Sitzungssaal und Räume für das geplante Diözesanmuseum. Der am aufwendigsten
dekorierte Raum des Ordinariatsgebäudes ist jedoch das über alle Geschosse reichende Haupttreppenhaus
im vorderen Teil des Mittelrisalits. Zurecht begrüßt der Autor die Anfang 2006 erfolgte
Rückverlegung des Hauptzugangs an die Schoferstraße. Seit 1933 war das eigentliche Hauptportal geschlossen
und man betrat das Gebäude durch den Nebeneingang an der Herrenstraße. In der Tat ist die
Treppenanlage in der Architektur der Zeit nahezu einzigartig. Die gesamte Raumschale ist mit plastischem
und gemaltem Dekor versehen, der stellenweise die Architektur völlig überspielt. Zur Architektur- und
Ornamentmalerei gesellt sich ein figürliches Programm mit ausgefeilter Ikonografie. Die Kirchenmaler-
firma C. P. Schilling, Freiburg war mit der Innendekoration des Treppenhauses und der anderen Räume
beauftragt, federführend beteiligt war der Maler Franz Schilling, ein Neffe des Firmeninhabers. Die feinen
Steinmetzarbeiten - auch am Außenbau - führte der Freiburger Bildhauer August Müßle aus.

Hinter dem Treppenhaus liegen zum Hof im Erdgeschoss der Archivraum und darüber der große Sitzungssaal
. Durch die Architektur, ihre Proportionen, den Dekor, die originale Möblierung und das durch
Butzenscheiben abgedämpfte Licht entsteht der Eindruck eines mittelalterlichen Burgsaales. Das reiche
malerische Programm nimmt auf die Geschichte des Erzbistums und der Konstanzer und Freiburger Oberhirten
Bezug. Durch architektonische Gestaltung und Farbigkeit besonders hervorgehoben ist auch der
„zur Aufbewahrung kirchlicher Altertümer" vorgesehene Raum an der Südostecke des Hauptbaus, der allerdings
nie in dieser Funktion genutzt wurde. 1921, zwei Jahre vor der Eröffnung des Augustinermuseums
, hatte die Stadt angeregt, die Exponate des Diözesanmuseums in kommunale Obhut zu übernehmen
. 1935 stellte die Erzdiözese ihre Schätze der Stadt als Dauerleihgabe zur Verfügung. Der Museumsraum
im Ordinariat fiel in einen Dornröschenschlaf. Nach der völligen Zerstörung des Erzbischöflichen

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