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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
127.2008
Seite: 51
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Die Bilder in den Flachbogen über jenen Fenstern stammen vermutlich noch aus der Zeit des
ersten Kapellenbaues. Da die ganze Fensterpartie nicht gemauert, sondern aus Holz gefertigt
ist, könnte sie dort herausgenommen und nach Ende des neuen Langhausbaues hier wieder eingefügt
worden sein.

Es ist aber ebenfalls denkbar, dass der Anbau erst Mitte der 1780er-Jahre errichtet wurde.
Denn das älteste der an den inneren Seitenwänden angebrachten Epitaphe datiert von 1787. Es
könnte daher sein, dass die Vorhalle erbaut wurde, um diese Gedenksteine aufzunehmen, nachdem
Kaiser Joseph II. im Jahr 1784 einerseits die Begräbnisse in den Kirchen untersagt, andererseits
aber auch die Aufstellung von Grabmonumenten in den Grabfeldern verboten hatte. Lediglich
an der Friedhofsmauer waren Epitaphe und Grabsteine zugelassen.21 Für die Anbringung
von Grabmalen stand zwar bereits seit den 1750er-Jahren ein kurzes Mauerstück mit elf
Nischen zur Verfügung, diese fanden allerdings bei den Angehörigen der Verstorbenen nur wenig
Anklang.22 Vermutlich wurden in der Vorhalle zumindest teilweise nicht nur die Monumente
angebracht, sondern fanden dort auch die Grabstätten selbst ihren Platz.23

Aufgrund des 1757 datierten Stifterbildes wurde bislang meist angenommen, dass auch der
Totentanz aus jenem Jahr stammt. Da aber, wie erwähnt, die Vorhalle erst nachträglich angefügt
wurde, kann also auch der Totentanz erst aus der Zeit nach deren Erbauung herrühren und
muss daher entstehungsgeschichtlich nicht zwingend in zeitlichem Zusammenhang mit dem
Stifterbild stehen. Für eine spätere Entstehungszeit des Totentanzes spricht zudem die Beobachtung
, dass die zwei Bilder zu beiden Seiten der Abbildung des Stifterehepaares ausgerechnet
den leidgeprüften Ehemann und die zänkische (Ehe-)frau zeigen. Ob diese Anordnung vom
Stifter Andreas Zimmermann (t 1774) zu Lebzeiten gutgeheißen worden wäre, ist doch sehr
fraglich. Auf jeden Fall aber fügt sich der Freiburger Totentanz in jene Epoche von etwa 1700
bis 1840 ein, in welcher „das altbekannte Totentanzmotiv zum Standardprogramm für Friedhofskapellen
avanciert".24

21 Vgl. Vollständige Sammlung aller seit dem glorreichsten Regierungsantritt Joseph des Zweyten für die k. k. Erbländer
ergangenen höchsten Verordnungen und Gesetze, 4. Teil, Wien 1788, S. 439. Allerdings befanden sich
nicht alle Grabmale von Anfang an in der Vorhalle. Der Grabstein von 1817 für die verstorbenen Mönche des
aufgehobenen Klosters St. Peter stand z. B. ursprünglich in einer Mauernische, vgl. hierzu: Das Tagebuch von
Ignaz Speckje, Abt von St. Peter im Schwarzwald, Bd. 2, bearb. von Ursmar Engelmann (Veröffentlichungen
der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe A, Quellen 13), Stuttgart 1966,
S. 548.

22 Andreas Zimmermann hatte neben dem Wiederaufbau des Langhauses auch damit begonnen, eine Mauer um den
bis dahin mit einer Hecke umzäunten Friedhof erbauen zu lassen. Jedoch kam dieses Vorhaben über ein nur wenige
Meter langes Teilstück bei der Südwestecke nicht heraus (vermutlich das Stück zwischen den Grabsteinen
Nr. 311 bis 324). Die darin sich befindenden Nischen (Blindfüllungen) boten die Möglichkeit, dass darin gegen
Bezahlung zum Besten der Gottesacker Kirche oder anderer guter Verwendung Denkmäler der Verstorbenen,
auch für ganze Familien, eingesezt werden können (Unbekannt an Stadtmagistrat, 24.6.1789, GLA, 200/853). Jedoch
waren rund 30 Jahre später von den elf Nischengrabplätzen erst drei Stück verkauft worden, da die Freyburger
... keinen Geschmack daran gefunden haben, Denkmäler darein zusezen (Unbekannt an Kaiser Joseph IL,
29.7.1789, GLA, 200/853). Erst seit Erbauung der restlichen Ummauerung in den Jahren 1788 bis 1790 erfreuten
sich diese Plätze größerer Beliebtheit.

23 Der älteste Grabstein ist jener der 1787 verstorbenen Maria Barbara Montfort. Obwohl bereits ihr Ehemann und
ihre Schwiegereltern ihre letzte Ruhestätte im Münster gefunden hatten, verhinderte das Verbot der Kirchenbestattungen
durch Joseph II., dass auch sie dort beigesetzt werden konnte, vgl. Karl Martin: Die Einwanderung
aus Savoyen nach Südbaden, in: Schau-ins-Land 65/66 (1938/39), S. 3-118, hier S. 95. Eine Grabstätte, wenn
schon nicht in einer Kirche, so doch zumindest in deren Vorraum, könnte einen gewissen Ausgleich für dieses
Manko dargestellt haben.

24 Reiner Sörries: Der monumentale Totentanz, in: Tanz der Toten-Todestanz. Der monumentale Totentanz im
deutschsprachigen Raum, hg. vom Zentralinstitut und Museum für Sepulkralkultur, Dettelbach 1998, S. 9-51,
hier S. 35. Der Autor fährt fort: „... ja man könnte das 18. Jahrhundert geradezu als Blütezeit der Totentänze bezeichnen
, wenn man die Zahl bekannter und erhaltener Beispiele und ihre praktisch unbegrenzte geographische
Verbreitung ... berücksichtigt", ebd., S. 35f.

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