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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
127.2008
Seite: 85
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Was Galler hier bietet, ist eine Landesbeschreibung aus der Sicht des Kameralisten, des
„Ökonomen". Er beschreibt den Zustand des Landes und die getroffenen Maßnahmen zur Besserung
des allgemeinen Wohls, aber auch die Versäumnisse und retardierenden Elemente, das
Festhalten am Alten und Überkommenen. Die Angaben beruhen auf eigenen Beobachtungen
sowie auf amtlichen Erhebungen und Aufzeichnungen, zu denen Galler durch Empfehlungsschreiben
der Karlsruher Regierung überall Zugang hatte.

Wie sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Perspektive und Ziel solcher Beschreibungen
verändert hatten, verdeutlicht ein Vergleich mit älteren „Visitations"-Berichten. War zuvor
der Lebenswandel der Untertanen und die Korrektheit der Arbeit geistlicher und weltlicher
Amtsträger ein wesentlicher Gegenstand der Nachforschung (ging es mit anderen Worten
darum, „Lotterleben" und Verwaltungsfehler aufzuspüren),46 dominierte jetzt der Bereich der
Ökonomie, die Erfassung des Zähl- und Messbaren, die Statistik.47 Zwar gibt es auch bei Galler
das Kapitel „Moralischer Charakter und Religion", doch ist es mit Abstand das jeweils kürzeste
und enthält oft nur Gemeinplätze. „Der aufgeklärt absolutistische Staat begann, die Menschen
zu zählen, das Land zu vermessen, das Leben zu erfassen"48 - und gezielt-forderad zu
verändern.

Bevölkerung: Stand und Entwicklung

Zu Ende des Jahres 1784 lebten im Oberamt Hochberg nach den Angaben Gallers 20.490 Einwohner
. Wie für Galler aus den Seelentabellen der letzten Jahre ersichtlich, war die Bevölkerung
kontinuierlich angewachsen. Der Überschuss der Geburten gegenüber den Sterbefällen
betrage nach Auskunft des Landphysicus durchschnittlich pro Jahr 157. Das ergibt ein natürliches
Wachstum von durchschnittlich 0,8%; im Jahr 1785 betrug es, bezogen auf das Vorjahr,
sogar 1% (Geburtenüberschuss 202). Als augenfälligen Beweis für die Zunahme der Menschen
in diesem Oberamt führt Galler auch an, daß viele Kirchen und Schulhäuser, die ehedem geräumig
genug waren, jetzt nach und nach erweitert werden müssen.*9

Im Oberamt Rötteln-Sausenberg belief sich die Bevölkerung 1784 auf 28.105 Seelen. Nach
einem Niklas von Galler vorliegenden Auszug aus den Geburts- und Sterbelisten der Jahre 1760
bis 1779 überstieg in diesem Zeitraum von 20 Jahren die Zahl der Geburten die der Todesfälle
um 2.368. Mithin verzeichnete das Oberamt einen durchschnittlichen natürlichen Zuwachs von
118 Personen pro Jahr, so dass wir von einem natürlichen Wachstum in der Größenordnung
von 0,4-0,5% ausgehen dürfen. Eine Erklärung für die im Vergleich zu Hochberg geringere Zuwachsrate
findet Galler in der niedrigeren Geburtenzahl, die auch für das Oberamt Badenweiler
gelte: Man macht den Bauern dieses Oberamts sowohl als der Herrschaft Badenweiler den
Vorwurf, daß sie selten mehr als 2, höchstens 3 Kinder zeugen; sie suchen dadurch die Teilung

46 Siehe dazu Schäfer (wie Anm. 33), S. 158-173, mit dem Beispiel einer Visitationsreise des Markgrafen Karl
Wilhelm von 1717.

47 So etwa im Bericht des Badenweiler Oberamtmannes Salzer von 1754, Fritz Schülin: Merkwürdiges im Umbruch
und Wandel der Agrarwirtschaft im Markgräflerland der Regierungszeit des Markgrafen Karl Friedrich
(1746-1811), in: Das Markgräflerland 1976, S. 4-48, hier S. 36-43, oder in den Reiseberichten des badischen
Rentkammerpräsidenten Christian von Gayling von 1776 bis 1801, Schäfer (wie Anm. 33), S. 173-201. Die Forschung
stimmt darin überein, dass die rationale Erfassung und Durchdringung der Gesellschaft in der Markgrafschaft
Baden(-Durlach) mit der Reformpolitik des Markgrafen Karl Friedrich in engem Zusammenhang steht:
dazu jetzt Holenstein (wie Anm. 14). Vergleichbar für Vorderösterreich ist die „Statistik der Kaiserl. Königl.
Vorlande" von Alphons Lugo 1797, ediert in: Vorderösterreich. Eine geschichtliche Landeskunde, hg. von
Friedrich Metz, Freiburg 21976, S. 797-818.

48 Wolfgang Hug: Sozialer und politischer Wandel am Oberrhein um 1800, in: Der Oberrhein in Geschichte und
Gegenwart (wie Anm. 5), S. 104-123, Zitat S. 106.

49 Alle Zitate in diesem Abschnitt in: Das Badische Oberland (wie Anm. 1), S. 27f.

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