Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
127.2008
Seite: 91
(PDF, 36 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2008/0091
Die skizzierten Umstände legten es nahe, dass von Galler nach den Innovationen fragte, die
zur Ertragssteigerung im Ackerbau eingeführt worden waren. Und er sparte nicht mit Kritik,
wo er ein unbedachtes Festhalten an überholten Produktionsweisen feststellen musste.75

Eine eingehende Schilderung gibt Galler vom Ackerbau in der Herrschaft Mahlberg:

Die Ackerfelder werden in dieser Herrschaft durchgehends in drei Zeigen oder Fluren eingeteilet, nämlich
: Winter-, Sommer- und Brachfeld ...

1. Im Winteifeld wird Weizen, Korn [= Roggen] und gemischte Frucht, nämlich Weizen und Korn unter
einander, gehauet: vom Spelz oder Dinkel aber weiß man in dortiger Gegend nichts ... Im Durchmesser
wird die Aussaat in mittelmäßig guten Jahren neun- bis zehnfach eingeerntet. [Nachdem das Getreide
geerntet ist,] werden die Ackerfelder ... mit Rübsamen besäet... Bei vermischter guter Witterung
soll ein Joch Acker 150 und mehr Körbe voll Stupfelrüben abwerfen können.

2. Im Sommerfeld bauet man: a. Sommerweizen, aber sehr wenig und nur in den Riedorten; b. Gerst und
Sommerweizen untereinander, Mälzer genannt, auch nicht viel; c. lautere Gerst; d. Gerst mit Linsen
oder Wicken vermischt am meisten und e. Habern, diesen aber meistens nur auf frisch umgebrochenen
Matten und Weiden.

In die lautere Gerst wird gewöhnlich entweder sogleich bei der Aussaat, oder wenn sie schon drei bis
vier Zoll lang ist, holländischer Klee gesäet... Der Sommerweizen gibt in mittleren Jahren die Aussaat
sieben- bis acht-, die lautere Gerste sechs- bis sieben-, die gemischte Gerste und der Haber aber acht-
bis neunfach wieder zurück.

3. Man sieht in der Herrschaft Mahlberg sehr selten im Brachfeld einen Acker ohne Anblümung. Die Kres-
zenzien, die darin gepßanzt werden, sind:

I.Hanf sehr viel. 2. Grundbim [=Kartoffeln], in Menge. 3, Winterrieps, viel. 4. Sommerreps, wenig. 5.
Magsamen [=Mohn], ziemlich, aber nicht mehr so viel wie vormals, weil er sehr selten gerät. 6. Ackerbohnen
, viel. 7. Erbsen, nur so viel, als man davon in d[en] Haushaltungen braucht. 8. Welsch- oder
Türkisch-Korn, nicht in großer Menge, weil man sich desselben nur bei der Schweinszucht bedienet. 9.
Linsen und 10. Wicken, sehr selten allein, sondern unter der Gerste. II. Kraut, nur so viel, als in den
Haushaltungen gebraucht wird. 12. Klee, sehr viel, aber nur holländischer, der im dritten Jahre ein
Ende hat, damit in selbem die Kleeäcker wieder mit Winterfrucht angeblümt werden können. 13. Hirse
wird nur da und dort zwischen anderen Gewächsen gesäet. 14. Flachs, keiner, weil er bisher niemals
gut solle ausgefallen sein.16

Demnach war im Oberamt Mahlberg noch das alte System der Dreifelderwirtschaft erkennbar
, mit vorherrschendem Getreideanbau. Doch trug die dritte Flur nur noch den Namen
„Brachfeld", da auch sie mit Früchten angebaut, d. h. „besömmert" wurde.77 Man war also, und
zwar durchgehend, zur „verbesserten Dreifelderwirtschaft" oder Fruchtwechselwirtschaft übergegangen
. Der Wechsel brachte eine erhebliche Ertragssteigerung mit sich, war aber nicht unumstritten
, da das „Brachfeld" nicht mehr oder nur zeitlich sehr eingeschränkt als Viehweide
genutzt werden konnte.78

75 Im folgenden beschränke ich mich auf den Acker- und Weinbau; ich gehe nicht ein auf Gallers Bemerkungen
über Obst- und Gartenbau sowie Waldwirtschaft. Zur Landwirtschaft und den Innovationen s. Meinrad Schaab:
Siedlung, Gesellschaft. Wirtschaft von der Stauferzeit bis zur Französischen Revolution, in: Handbuch der baden
-württembergischen Geschichte. Bd. 1. Teil 2, hg. von Meinrad Schaab und Hansmartin Schwarzmaier.
Stuttgart 2000. S. 457-585. bes. S. 539-545; Friedrich-Wilhelm Henning: Die Innovationen in der deutschen
Landwirtschaft im ausgehenden 18. und 19. Jahrhundert, in: Innovationsforschung als multidisziplinäre Aufgabe.
Redaktion: Frank R. Pfetsch (Studien zum Wandel von Gesellschaft und Bildung im Neunzehnten Jahrhundert
14). Göttingen 1975. S. 157-168; Straub (wie Anm. 15), S. 116-129; Schülin (wie Anm. 47). S. 18-34.

76 Das Badische Oberland (wie Anm. 1), S. lOf. - Zu den angebauten Pflanzen s. Udelgard Körber-Grohne:
Nutzpflanzen in Deutschland. Kulturgeschichte und Biologie, Stuttgart 31994.

77 Zur Besömmerung der Brache s. Achilles (wie Anm. 14), S. 21 f.: „Ohne großen Schaden für andere Früchte
konnte man das Brachfeld erst im größeren Umfang besömmern, als man - zuerst vorsichtig tastend - dazu überging
, Leguminosen [Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen. Linsen oder Wicken] darauf anzubauen."

78 Dazu Wilhelm Abel: Geschichte der deutschen Landwirtschaft vom frühen Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert
(Deutsche Agrargeschichte 2), Stuttgart 31978. S. 315-318.

91


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2008/0091