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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
127.2008
Seite: 124
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2008/0124
In den Klassenzimmern der Freiburger Schulen wurden 1936 über 200 Hitlerbilder aufgehängt
, allesamt Fotografien, die man per Sammelbestellung beschafft hatte (Abb. 14).18 Der
vergleichsweise späte Hängetermin - das Stadtschulamt hatte bereits im Juli 1934 einen Bedarf
von 225 Hitlerbildern angemeldet - erklärt sich daraus, dass ursprünglich nicht wie in Tausenden
anderer deutscher Schulen nur ein Fotoabzug die Freiburger Klassenzimmer
schmücken, sondern über eine Ausschreibung ein eigener Künstlerentwurf gewonnen werden
sollte. Einem Bericht des Hochbauamtes vom März 1935 ist jedoch zu entnehmen, dass die beteiligten
Kunstmaler Werner Holl, Theodor Kammerer und Ottomar Starke nur wenig originelle
Interpretationen von bekannten Fotografien ablieferten.19 So sah man sich gezwungen, dann
doch wie viele andere Städte auch bei der „Vertriebsstelle Deutscher Führer-Büsten und Bilder
" vorstellig zu werden. Gleichwohl hielten die Stadtoberen weiter an einem eigenen, exklusiv
für Freiburg gestalteten Hitlerbild fest. Es sollte seinen Platz im Historischen Kaufhaus
finden und dort bei wichtigen Empfängen vom „erlesenen" Kunstgeschmack der Freiburger
Entscheidungsträger künden. Nach dem gescheiterten Wettbewerb um die Schulbilder griff
man jetzt auf das bewährte Mittel der Auftragsvergabe an einen erstklassigen Künstler zurück.
In Absprache mit Hofner nahm Oberbaudirektor Schlippe Kontakt mit dem in Donaueschingen
lebenden Maler Erwin Heinrich auf, der seit ihrer Gründung im Jahr 1927 im Vorstand der Badischen
Secession saß und dort für die Geschäftsführung verantwortlich war.20 Die Auftragsvergabe
könnte wesentlich auf den Einfluss Edmund von Freyholds zurückgegangen sein, der
als Kunstmaler ebenfalls langjähriges Secessionsvorstandsmitglied war und von 1933 bis 1944
ununterbrochen als NSDAP-Stadtrat, ab 1935 als „Ratsherr" fungierte und qua Amt die Freiburger
Kulturpolitik entscheidend mitgestaltete.21 In diesem Fall allerdings ohne Erfolg, denn
Erwin Heinrich forderte für das begehrte Hitler-Gemälde stolze 12.000 RM - so viel war der
Stadt die Sache dann doch nicht wert.22

Statt seiner abgelehnten Hitler-Büste kaufte die Stadt dem Freiburger Bildhauer Ulrich Kottenrodt
im November 1937 für den Jugendlesesaal der Städtischen Volksbücherei eine andere
Skulptur ab, die den Kopf eines Frontsoldaten des Weltkrieges darstellte. Es ist davon auszugehen
, dass die Skulptur sozusagen den Tenor der Literatur, wie sie in der Bibliothek vorwiegend
angeboten wurde, in einer bildhauerischen Darstellung widerspiegeln sollte.23 Um seine
Wirkung zu unterstreichen, stellte man das Objekt auf einen anderthalb Meter hohen Sockel,
denn, so Büchereidirektor Philipp Harden-Rauch schon 1934: Die literarische Erziehung der

lx Vgl. Schlippe an OB II. 30.3.1936, in: StadtAF, C4/VII/6/4. Vgl. auch Heinz Boberach: Jugend unter Hitler,
Düsseldorf 1982, S. 70-90; Lothar Gruchmann: „Blutschutzgesetz" und Justiz. Entstehung und Anwendung des
Nürnberger Gesetzes vom 15. September 1935, in: Faszination und Gewalt. Zur politischen Ästhetik des Nationalsozialismus
, hg. von Bernd Organ und Wolfgang W. Weib, Nürnberg 1992, S. 49-59, hier Abb. S. 50.

19 Vgl. Stadtschulamt an OB, 27.7.1934, Bericht des Hochbauamtes vom 3.10.1935, Hofner an Hochbauamt,
8.6.1935 und 30.12.1935, alle in: StadtAF, C4/VII/6/4.

20 Rainer Haehling von Lanzenauer: Erwin Heinrich, in: Baden-Württembergische Biographien, Bd. 5, Tübingen
2007, S. 131-133, hierS. 131.

21 Vgl. Ecker/Pfanz-Sponagel (wie Anm. 1). S. 39 und 55.

22 Vermerk Hofner, 10.2.1936, in: StadtAF C4/VII/6/4. Zum Vergleich: Adolf Riedlin erhielt für sein Wandgemälde
im Gaswerk gerade einmal 3.000.- RM. Vgl. Vertrag zwischen Riedlin und Schlippe. 17.3.1936. in: StadtAF.
C4/II/14/5.

23 Beschluss des Bürgermeisteramts, 16.11.1937, in: StadtAF, C4/X/22/9. Derartige „Heldenköpfe" wurden im
Dritten Reich häufig für die Darstellung soldatischer Tugenden verwandt. In Heidelberg beispielsweise befand
sich seit 1935 über dem Eingang zum Kriegsgeschichtlichen Seminar ein Soldatenkopf von Fritz Hofmann. Vgl.
Dietrich Schubert: „Ehrenhalle" für 500 Tote (1932-1933), in: Heidelberger Denkmäler 1788-1981, hg. von einem
Autorenkollektiv am Kunstgeschichtlichen Institut der Universität Heidelberg (Neue Hefte zur Stadtentwicklung
und Stadtgeschichte. Eine Schriftenreihe der Stadt Heidelberg 2). Heidelberg 1982, S. 78-83, hier S.
78 und Abb. S. 80.

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