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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
127.2008
Seite: 130
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Karl Winter hingegen hatte in Freiburg erfolgreich sein Jurastudium absolviert und mit einer
Promotion abgeschlossen. Auch er starb 1923. Sein Tod entsprach scheinbar exakt den Voraussetzungen
zur Etablierung des nationalsozialistischen Märtyrerkults, denn er war nicht nur
durch Gewalt verursacht, sondern Winter hatte zudem sein Leben im Kampf gegen die Roten
als Selbstopfer für die Fortexistenz der sinnstiftenden Gemeinschaft verloren:47 Nach einer
NSDAP-Versammlung im Februar 1923 wurden, wie die „Freiburger Zeitung" berichtete, einige
Teilnehmer auf offener Straße von Kommunisten angerempelt. Es kam zu einem Wortgefecht,
in dessen Verlauf der Kommunist Rüdiger dem Dr. Winter mit einem Dolch zwei derartige Stiche
in den Leih versetzte, daß W. [...] an den Folgen der Verletzung starb.4* Als im Zuge der
Gleichschaltung die Korporationen ihre Namen ändern mussten, gab sich die Burschenschaft
Teutonia im Andenken an ihren getöteten Verbindungsbruder die Bezeichnung Kameradschaft
Karl Winter.49 Damit ließ sich die fällige Reverenz an das neue Regime erweisen, war doch
Karl Winter - der erste Tote der nationalsozialistischen Freiheitsbewegung.50

Beide Tafeln befanden sich in unmittelbarer Nähe der Ehrentafel für die Gefallenen der
Freiburger Universität, die 1929 bei der WMF in Geislingen gegossen worden war. 51 Das
Denkmälerensemble wurde in der Presse zum „Ehrenhain" oder zur „Gedächtnishalle" hochstilisiert
und sollte den Hintergrund für universitäre Massenveranstaltungen bilden.52

Für derartige Veranstaltungen hatte sich die Aula, in der eine Büste Hitlers aufgestellt war,
mit ihren 1000 Plätzen als zu klein erwiesen. Das Marmorporträt war von dem Karlsruher Bildhauer
Otto Schließler geschaffen und zwischen zwei gewaltigen Hakenkreuzfahnen an der
Frontseite der Aula positioniert worden.53 Ein mit dem „Hoheitszeichen" dekoriertes Glasfenster
vervollständigte den nationalsozialistischen Charakter des Raumes.54 Keineswegs zufällig
fanden am Tag der Einweihung von Gebäude und „Heldengedenkstätte" - beide zusammen bildeten
, so die „Freiburger Zeitung", ein wahrhaftes Denkmal ewigen Deutschlands55 - auch das
alljährliche Langemarckgedenken und die feierliche Immatrikulation der Erstsemester statt.56

47 Vgl. Behrenbeck (wie Anm. 46), S. 521-523, Zitat S. 522.
4X Freiburger Zeitung, 2.3.1923.

49 Zu den Freiburger „Kameradschaften" vgl. Ute Scherb: Studentenhilfe und Studentenwerk - von der Selbsthilfeeinrichtung
zum Organ nationalsozialistischer Hochschulpolitik, in: Schau-ins-Land 116 (1997), S. 361-390.
hierS. 376-381.

50 Helmut Winter: Semesterbericht der Kameradschaft (erstattet an den Reichsstudentenführer), in: Nachrichten
der Kameradschaft Karl Winter in Freiburg und ihrer Altherrenschaft (Altherrenverband der ehem. Burschenschaft
Teutonia zu Freiburg) 2 (1938), n. p. [S. 3].

51 Die Planungen für diese 3,60 m breite und 1.80 m hohe Tafel, auf der die Namen hunderter Gefallener mitsamt
der Sterbeorte verzeichnet sind, zogen sich von 1914 bis 1929. Sie wurde im I. Stock des Kollegiengebäudes vor
der Akademischen Lesehalle in einen bogenförmigen Durchgang eingepasst und an ihrem oberen Ende durch
drei Holzkreuze ergänzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde darunter als Ergänzung eine zweite Tafel angebracht
, die den Opfern von II. Weltkrieg und Gewaltherrschaft gewidmet ist. Vgl. UAF. B1/4343 und B1/4344.

52 Vgl. Freiburger Tagespost. 14.11.1936; Freiburger Zeitung. 15.11.1936; Freiburger Stadtanzeiger. 16.11.1936:
Der Alemanne, 15.11.1936 (Sonderbeilage); Heinz Hartmann: Die Feier vom 14. November, in: Freiburger Studentenzeitung
2/XIV. Semester, 26.11.1936. n. p.

53 Dieses Arrangement entsprach fast idealtypisch den Regeln für die optimale Gestaltung eines nationalsozialistischen
Feierraumes. Vgl. Behrenbeck (wie Anm. 46), S. 389-401. Die Gestaltung der Freiburger Aula wich von diesem
Schema einzig durch die Verwendung des Hakenkreuzes auf den Fahnen ab. Zur Wirkung dieses „Kampfsymbols
" vgl. Horst Ueberhorst: Feste, Fahnen. Feiern. Die Bedeutung politischer Symbole im Nationalsozialismus
, in: Symbole der Politik, Politik der Symbole, hg. von Rüdiger Voigt, Opladen 1989. S. 157-178. hier S.157f.

54 Kerber an Metz, 27.10.1936, in: StadtAF, C4/I/7/3. Die übrigen Fenster zeigten Reichsadler, Stadtwappen und
die Symbole der Fakultäten. Vgl. die Beschreibung des Raumes in: Völkischer Beobachter (süddeutsche Ausgabe
), 19.11.1936, in: UAF, B1/160.

55 Freiburger Zeitung, 15.11.1936.

56 Vgl. Hartmann (wie Anm. 52). Der Reichsminister für Wissenschaft und Erziehung hatte deutschlandweit den
15. November als Tag für die Langemarckfeiern festgelegt. In Freiburg wurde die Feier wegen der Einweihung
um einen Tag vorverlegt. Vgl. Rundschreiben des Reichsministers für Wissenschaft und Erziehung an die Rektoren
, 10.10.1936; Schreiben des Freiburger Rektors an Kultusminister Wacker, 28.10.1936, in: UAF, B1/160.

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