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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
127.2008
Seite: 135
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Teil des Konzeptes zur Kriegsvorbereitung interpretiert wurden.69 Andererseits zeigt sich im
Vergleich mit Arno Brekers Zehnkämpfer von 1936 ein deutlicher Unterschied: Hopps muskelbepackter
Diskuswerfer konzentriert sich auf eine konkrete Handlung - den unmittelbar bevorstehenden
Abwurf der Scheibe während Brekers blank polierte Aktfiguren unabhängig
von ihrer Betitelung symbolhaft den neuen deutschen Menschen [wiedergeben], der mit der Erfüllung
einer Weltmission beschäftigt ist.70

Im Frühjahr 1938 suchte der Oberbürgermeister persönlich das Atelier des Bildhauers auf,
um das Gipsmodell zu besichtigen.71 Kerber zeigte sich beeindruckt und erklärte seine Absicht,
die Figur anzukaufen und öffentlich auszustellen. Auch ein Standort war bereits im Gespräch:
Der Zehnkämpfer sollte auf der Liegewiese des Strandbads aufgestellt werden. Jenes war erst
wenige Jahre zuvor eröffnet worden und galt als Symbol für die Schaffenskraft der nationalsozialistischen
Stadtregierung.72 Der auserkorene Standort sollte die Statue allerdings nur übergangsweise
beherbergen, endgültig wollte man sie nach dem Willen des Oberbürgermeisters
als bildhauerischen Schmuck an einer für den Karlsplatz geplanten Festhalle platzieren.73

Hopp selbst befürwortete die Aufstellung im Alleegarten nahe der „Kolonialeiche", weil die
Plastik hier der studierenden Jugend stets vor Augen stände.14 Dieser Standort wurde allerdings
sogleich verworfen. Wäre er realisiert worden, hätten sich die nackte Trauernde des dortigen
Gefallenendenkmals und der nackte Diskuswerfer direkt gegenübergestanden.

Die Standortentscheidung konnte erst einmal vertagt werden, weil die Skulptur monatelang
als Ausstellungsobjekt durch Baden reiste und von der Kunstsinnigkeit im Freiburger Rathaus
kündete, wurde sie doch stets mit dem Hinweis: Angekauft vom Oberbürgermeister der Stadt
Freiburg präsentiert.75 Im Frühjahr 1939 traf sie wieder in Freiburg ein. Da sich alle bis dato
gesammelten Standortvorschläge als unzulänglich erwiesen hatten, regte das Gartenamt
schließlich im Juni 1939 an, die Figur vor dem eigens umzubauenden Gebäude des Turn- und
Sportplatzes der HJ an der Schwarzwaldstraße aufzustellen.76 Zur Realisierung dieses Vorhabens
sollte es freilich nicht mehr kommen: Am 1. September 1939 begann mit dem deutschen
Angriff auf Polen der Zweite Weltkrieg. Hellmuth Hopp wurde eingezogen und fiel wenige
Monate später bei Cherbourg.

Während der Zehnkämpfer nach Ende der NS-Diktatur nicht mehr als hoffähig galt, wurden
zwei andere Figuren Hopps noch post mortem aufgestellt, wahrscheinlich im Jahr 1946. Es
handelte sich hierbei um die Skulpturen „Der Fliegende" und „Die Schwebende", die noch
während des Krieges für die Freitreppe zum neu erbauten Lufthansa-Empfangsgebäude auf

69 Vgl. Frank Wagner/Gudrun Linke: Mächtige Körper. Staatsskulptur und Herrschaftsarchitektur, in: Inszenierung
der Macht. Ästhetische Faszination des Faschismus, hg. von Franz Behnken und Frank Wagner, Berlin
(W) 1987, S. 63-78, hier S. 76.

70 Arie Hartog: Bemerkungen zur Plastik im Dritten Reich, in: Deutsche Bildhauer 1900-1945. Entartet, Ausstellungskatalog
, hg. von Christian Tümpel, Zwolle 1992, S. 83-91, hier S. 89. Brekers Zehnkämpfer ist abgebildet
in: Klaus Wolbert: Die Nackten und die Toten des „Dritten Reiches". Folgen einer politischen Geschichte
des Körpers in der Plastik des deutschen Faschismus, Gießen 1982, S. 117. Zur Wirkung der Skulpturen Brekers
vgl. Wolfgang F. Haug: Ästhetik der Normalität - Vor-Stellung und Vorbild. Die Faschisierung des männlichen
Akts bei Arno Breker, in: Behnken/Wagner (wie Anm. 69), S. 79-102.

71 Die Nachweise über den „Zehnkämpfer" finden sich, sofern nicht anders vermerkt, in: StadtAF, C4/X/21/3.

72 Vgl. Der Alemanne, 10./11.4.1937.

73 Die neue Festhalle sollte zusammen mit einem Aufmarschplatz das nationalsozialistische Freiburg repräsentieren
. Vgl. Josef Diel: Ein Dach für alle. Von der alten Festnähe zum neuen Konzerthaus, Freiburg 1996, S. 27f.
Die Tatsache, dass hier der „Zehnkämpfer" aufgestellt werden sollte, kann als Indiz für die hohe Wertschätzung
gelten, die Hopp bei Kerber genoss.

74 Schlippe an OB, 7.11.1938, in: StadtAF, C4/X/21/3.

75 Es handelte sich dabei um die Gaukulturschau in Karlsruhe im Herbst 1938, um eine Kunstausstellung anlässlich
eines NSDAP-Kreistags im Sommer 1939 sowie um die Frühjahrsausstellung in Baden-Baden im selben
Jahr.

™ Gartenamt an OB, 22.6.1939, in: StadtAF, C4/X/21/3.

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