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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
127.2008
Seite: 141
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vorlegte, in dem er aber anklingen ließ, dass er nicht an die durchschlagende Wirkung einer
Straßenumbenennung glaubte. Der NSDAP-Stadtrat empfahl die Beibehaltung des bisherigen
Namens. Kurze Zeit später wurde die Straße dennoch umbenannt und der Rasenweg aus der
Taufe gehoben.

An der Diskussion um diese Neubenennung erstaunt, dass anscheinend niemand auf den Gedanken
kam, die Straßenbezeichnung aus dem nationalsozialistischen Ideologiefundus zu
wählen. Erst ein halbes Jahr später, als die Angelegenheit bereits vergessen schien, reichte ein
SS-Untersturmführer neue Vorschläge ein, die zumindest teilweise Anklang finden sollten. Polizeidirektor
Günther Sacksofsky erkannte jetzt die Gelegenheit, die Benennungen ganzer
Straßenzüge auf ihre Bewohner abzustimmen: Der Umstand, dass in dieser Siedlung vorwiegend
Kriegsteilnehmer und Vorkämpfer des Nationalsozialismus untergebracht sind, scheint
mir sie zum Träger der Namen des 9. November besonders geeignet zu machen. Diese Begründung
zeigt, wie gut sich der Polizeipräsident in ideologischem Fahrwasser zu bewegen
wusste. Er verstand Straßenbenennungen als Auszeichnung nicht nur für die Personen, deren
Namen auf den Schildern prangten, sondern auch für diejenigen, die ihre Adresse dergestalt
„adeln" durften. Sacksofskys Argumentation entsprach der weitverbreiteten nationalsozialistischen
Propagandalinie, die ehemalige Frontkämpfer, frühe Nationalsozialisten und Gefallene
- besonders diejenigen „der Bewegung" - gern in ein- und demselben Atemzug nannte und sie
damit nach eigenem Selbstverständnis gemeinsam als „Wegbereiter des Dritten Reiches" ehrte.
Sacksofsky ging dabei zu den Plänen der Stadtverwaltung auf Abstand, die einen Mittelpunkt
in der Stadt für die Ehrung der Blutopfer unserer Bewegung ins Auge gefasst hatte - allerdings
erst nach dem Bau einer großen Festhalle. Offensichtlich hatte es der Polizeidirektor eiliger, in
Freiburg ein solches „Erhebungsviertel" zu etablieren, als die Vertreter des Bürgermeisteramtes
. Deren Verhalten könnte zum einen als Verzögerungstaktik gedeutet werden, zumal Bürgermeister
Hofner im Herbst 1936 das Archiv um einen Benennungsvorschlag für das „SA-
Viertel" bat, der sich auf eine Zunft oder ein Gewann beziehen sollte, also auf einen neutralen
Namen abzielte. Zum anderen besteht aber auch die Möglichkeit, dass es den Verantwortlichen
besonders wichtig war, einen zentralen Ort für die entsprechende Benennung auszuwählen. Es
bleibt müßig, anhand des Schriftwechsels zu mutmaßen, wo die überzeugteren Nationalsozialisten
saßen - ob in der Polizeidirektion oder im Rathaus. Die Straßen wurden jedenfalls nicht
umbenannt, und sogar der Siedlungsname St.-Josefsiedlung blieb bestehen.97

Auch die Wiehre sollte ihren nationalsozialistischen Straßenzug bekommen: Am dortigen
Bahnhof richtete man eine Dietrich-Eckart-, eine Maikowski- und eine Marschall-von-Bieber-
stein-Straße ein.98 Die Ortswahl war kaum zufällig - schließlich passierten viele Reisende von
auswärts die anliegenden Straßen. Die Anregung eines Oberstleutnants hingegen, eine Luden-
dorffstraße einzurichten, wurde im Dezember 1934 mit dem Verweis auf die Tatsache, dass
dieser noch nicht gestorben sei, abgelehnt: Nach den strengen Weisungen des Herrn Reichsministers
und des Herrn Bad. Ministers des Innern dürfen Strassenum- und Neubenennungen
nach Lebenden künftighin nicht mehr stattfinden. Es erübrigt sich somit, heute schon zu Ihrer
Anregung Stellung zu nehmen. Anscheinend fürchtete Bürgermeister Hofner eine Retourkutsche
mit Hinweis auf die Benennung der Gallwitzstraße, denn er führte weiter aus: Die
Bezeichnung einer Strasse zu Ehren von Exzellenz von Gallwitz war insofern vertretbar, als
Gallwitz Ehrenbürger der Stadt Ereiburg ist und es einem alten Brauch entspricht, Strassen den
Namen von Ehrenbürgern beizulegen."

97 Auch hier hatte Rudel einen klangvollen Vorschlag eingebracht, nämlich ..Albert-Leo-Schlagetersiedlung". Rudel
an Kerber, 2.6.1936, in: StadtAF, C4/XII/30/1.

98 Verfügung von Sacksofsky, 18.4.1935, in: StadtAF, C4/XII/29/5.

99 Hofner an Kriegsheim, 10.12.1934, in: Ebd.

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