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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
127.2008
Seite: 183
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stens im 19. Jahrhundert dort angepflanzt wurden. Denn Ampelographen, wie man die Rebsortenforscher
griechisch nennt, wunderten sich im 19. Jahrhundert, dass sie nirgends in Südtirol die Traminerrebe antrafen
. Auch ein sprachgeschichtliches Argument unterstützt Krämers Ergebnis: Wäre Tramin die Heimat
der gleichnamigen Rebe, hätten die Einheimischen bodenständige Namen für ihre Traubensorte entwickelt
. Die Benennung nach einem Ort gibt nur Sinn, wenn damit eine Wanderung dokumentiert wird.

Denkbar wäre nach dem Dargelegten eine Verwechslung von Rebsorte und Handelsnamen. Krämer tendiert
jedoch zu der Annahme, dass im 15. Jahrhundert die in Südwestdeutschland viel angebaute Sorte be-
wusst nach der beliebten Handelsmarke benannt wurde. Vermarkter und Produzenten sich davon einen
Vorteil auf dem Markt versprachen. Den Einfluss des Marktes betont die Autorin auch bezüglich der Entscheidung
, welche Sorten die Weingärtner anpflanzten. Traditionell ging man davon aus, dass in erster Linie
das Klima entschied. Krämer weist aber nach, dass die Wünsche der Konsumenten den Ausschlag gaben
.

Die Bedürfnisse der Verbraucher sind der Mode und damit dem Zeitgeist unterworfen. Zwei Beispiele:
Im 18. Jahrhundert dominierten Weine aus der Champagne und Burgund, im 19. Jahrhundert war es der
Riesling vom Rhein. Gegenüber diesen und anderen Leitregionen attestiert die Autorin dem württembergischen
Weinbau für ihren Untersuchungszeitraum eine Position der Unterlegenheit. Diese Wortwahl passt
zu ihrer klaren sachlichen Sprache. Zur Entschädigung merkt sie aber an, dass die junge Erzeugergeneration
heutzutage herausragende Weißweine aus der Sorte Sauvignon Blanc, einer Kreuzung aus Traminer
und Cabernet Sauvignon. produziere. Unter den Rotweinen aus Württemberg hebt sie den Lemberger hervor
, der seit 1860 angebaut und als Qualitätssorte anerkannt wird.

Als Gründe für die Nachrangigkeit der württembergischen Weine in der Vergangenheit führt Krämer
die Sortenvielfalt an, ein Ergebnis der beständigen Orientierung an auswärtigen Anbaugebieten. So konnte
sich keine Leitsorte etablieren, kein eigener Stil entwickeln. Auch die Besitzzersplitterung hat genauso
dazu beigetragen wie die starke Nachfrage nach preiswertem Wein durch die einheimische Bevölkerung,
was zur Bevorzugung von Massenträgern führte. Ein Beispiel hierfür ist der Trollinger, der seit dem 18.
Jahrhundert in Württemberg weit verbreitet war. Auch seine Herkunftsgeschichte ist kompliziert und beginnt
lange vor seinem Auftauchen in Tirol.

Christine Krämer behandelt mehrere Dutzend verschiedener Rebsorten und ordnet sie ihren Epochen
zu. Für das 16. und 17. Jahrhundert sind es: Heunisch, Traminer, Elbling, Burgunder. Muskateller. Gutedel
, Pferdesheimer, Veltliner, Walmer und Fütterer, eine südwestdeutsche Qualitätssorte. Die Liste fürs 19.
Jahrhundert ist lang: Riesling. Lemberger, Taubenschwarz. Affenthaler, verschiedene rote Burgundersorten
, Weißburgunder und Chardonnay. Schwarzriesling, St. Laurent, Melon, Ortlieber oder Knipperle und
Sauvignon Blanc. Interessantes steht im Kapitel über den blauen Schleuchner, alias Primitivo oder
Zinfandel. als dessen Heimat die Autorin Ungarn ansieht.

Hier ist ein beachtliches Buch entstanden, in dem sich immer wieder Neues entdecken oder nachschlagen
lässt, zum Beispiel Klärendes angesichts der Begriffsverwirrung zwischen Tokaier, Burgunder
und Ruländer. Im Ausblick benennt Christine Krämer, die mit dieser Arbeit in Tübingen promoviert
wurde, weitere Forschungsfelder zur Geschichte des heimischen Weinbaus, zum Beispiel über die sozialen
Verhältnisse der Weingärtner. Renate Liessem-Breinlinger

Die Landesverwaltung Baden und das Staatssekretariat Wohleb 1945-1947, bearb. von Kurt Hochstuhl,
hg. von der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg (Die Protokolle der Regierung
von Baden 1), Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2006, XCIX und 240 S.

Obwohl die französische Besatzungsmacht in den frühen Nachkriegsjahren die Aufnahme von Ostflüchtlingen
in ihrer Zone hinauszögerte und beschränkte, war das Thema „Flüchtlingsfürsorge" von Anfang an
aktuell: durch den Evakuiertenaustausch mit der amerikanischen Zone (Nordbaden), die Aufnahme von
Personen aus dem französischen Sektor von Berlin und den Zustrom von Ausgewiesenen aus Österreich.
Schon im Dezember 1945 diskutierte die von den Franzosen eingesetzte deutsche Landesverwaltung Baden
über die Verpflichtung zur Übernahme von etwa 60.000 Flüchtlingen aus Österreich und dem Sudetengebiet
. Im Mai 1946 befürchtete das nämliche Gremium, dass sich unter diesen „Elemente" befänden,
die wegen nationalsozialistischer Betätigung ihr Land verlassen müssten.

Archivalien, worin diese Vorgänge aus den Jahren 1945 bis 1947 dokumentiert sind, liegen neuerdings
gedruckt vor, bearbeitet vom Leiter des Staatsarchivs Freiburg, Dr. Kurt Hochstuhl, und herausgegeben

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