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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
127.2008
Seite: 190
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theologischen Auseinandersetzung um die Bedeutung der Begriffe am Ausgang des Mittelalters, nimmt
sich der Beitrag von Maarten J. F. M. Hoenen an. Anhand von Universitätsprotokollen, erhaltenen
Drucken und Handschriften und ihrer Kommentierung beleuchtet Hoenen die universitäre Lehrpraxis in
Philosophie und Theologie. Die philosophische Grundausrichtung prägte die Universitätsbesucher bis hin
zum Gebrauch der Grammatik (S. 78). Karl-Heinz Braun beschreibt die Geschichte der Theologischen
Fakultät von einfachen, von Raum- und Personalmangel gezeichneten Verhältnissen ausgehend, über die
Zeit von Humanismus und Reformation bis zum Tod von Jodokus Lorichius (t 1612), der als einer der
„nachhaltigsten Freiburger Theologen" (S. 118) vorgestellt wird, der „wie ein intellektuell erfahrener Pate
an der Seite eines Sozialdisziplinierungsprozesses" stand und damit zugleich in die Neuzeit wies: „Spätestens
mit Lorichius wird mit dem Attribut .provinziell' die Freiburger Theologische Fakultät nicht mehr
adäquat erfaßt" (S. 119). Bettina Bubach unterstreicht in Ergänzung zu ihrer Dissertation (vgl. Schau-ins-
Land 125 (2006), S. 207f.), dass sich die Rezeption des Römischen Rechts an der Universität eher im Bereich
der Fakultätsgutachten, als in der eigenen Rechtspflege durch Senat und Konsistorium vollzog, bei
der Sätze des Römischen Rechts mehr zur Demonstration von Buchgelehrsamkeit, denn als echte Argumente
dienten. Allerdings waren diese Gremien auch überwiegend mit Laien besetzt. Alexander Holler-
bach zeichnet Entwicklungslinien der juristischen Fakultät nach. Nach der Frühzeit, für die Namen wie
Angelus de Besutio. Sebastian Derrer und Ulrich Zasius stehen, wird gegen die Ansicht von Michael Stolleis
, dass das Jus publicum an der Universität Freiburg erst mit rund 150-jähriger Verspätung 1767 Einzug
gehalten habe, vor allem das Wirken Johann Georg Kieffers hervorgehoben. Hier vermisst man ein klärendes
Wort, dass es sich bei den unter seinem Namen veröffentlichten Dissertationes um Arbeiten seiner
Schüler handelt, auch wenn das an der Bedeutung Kieffers wenig ändert. In den Jahrhunderten zuvor verlorenes
Terrain machte dann der aufgeklärte Absolutismus gut. Er brachte eine enge Anlehnung an Wien
und zugleich eine weitere Ausdifferenzierung der Fakultät durch die Aufnahme der Staats- und Finanzwissenschaften
sowie der Rechtsgeschichte. Hollerbach schließt seinen Beitrag mit einem Ausblick in das
19. Jahrhundert, in dem sich der Übergang „vom aufgeklärten Absolutismus josephinistischer Prägung"
zum „Frühkonstitutionalismus süddeutscher Spielart (S. 149) vollzog, und in die „Rotteck-Zeit" mit den
„politischen Professoren" Rotteck, Welcker und Duttlinger. Als letzter Vertreter der so genannten Reichspublizistik
hatte Johann Anton Mertens 1817 nur noch über die „ehevorige Reichs-Staatsverfassung" (S.
152) gelesen. Kontinuitäten zwischen der späten österreichischen und frühen badischen Zeit betont Karl-
Heinz Leven für die Medizinische Fakultät. Von den Neuerungen der theresianischen Reformen, die die
bis dahin übliche medizinische Praxis von Grund auf veränderten, profitierte die vorderösterreichische
Provinz langsam aber stetig: Maßnahmen wie die Umwandlung der Hospitäler in Krankenhäuser, die Verdrängung
antiker Autoren durch Zeitgenossen im Lehrbetrieb, die Ausdifferenzierung der Professuren und
Eingliederung der Chirurgie sowie die kontinuierliche Zunahme der Studenten von 12 (!) auf 50 schuf
eine „klinische Medizin, die diesen Namen verdiente" (S. 182). Die Reformen des aufgeklärten Absolutismus
, die eine fruchtbare Verbindung mit lokalem philanthropischem Engagement eingingen, erfahren
hier eine sehr positive Bewertung. Das mag auch daran liegen, dass mit Gerard van Swieten ein Fachmann
von Rang im Zentrum der Wiener Reformtätigkeit stand. Wege und Irrwege der aufgeklärten Medizin zeigt
Cornelia Brink in einem Beitrag über die Angst vor dem Scheintod auf, der indes keinerlei Bezug zur Freiburger
Universität besitzt. Iris Becher befasst sich mit der Geschichte der naturwissenschaftlichen Sammlungen
, die zunächst von barocker Schau- und jesuitischer Darstellungslust geprägt war. Nach dem Zu-
sammenprall der unterschiedlicher Sammlungsprinzipien um 1800 (S. 236) verlagerte sich erst im 19.
Jahrhundert das Interesse vom „Absonderlichen und Einmaligen" zum „Typischen und Normalen" (S.
199) und brachte eine Ablösung der älteren enzyklopädischen Kuriositätensammlungen durch Lehrsammlungen
im heutigen Verständnis. In diesem Prozess spiegelt sich zugleich die Autonomisierung der Naturwissenschaften
gegenüber dem Primat der Theologie. Eva-Maria Wagner zeichnet die Geschichte des
Botanischen Gartens nach, der wegen seiner exponierten Lage noch mehr als die übrigen Universitätseinrichtungen
Opfer der frühneuzeitlichen Kriege und modernen Stadterweiterungen wurde. Dieter Speck
nimmt sich der bisher wenig beachteten Reformbemühungen an der Universität nach 1716 an, die eine
Erweiterung des Fächerkanons und eine Verkürzung des Grundstudiums beabsichtigten. Sie gingen von
den vorderösterreichischen Landständen aus, integrierten „Elemente einer Ritterakademie in die Universität
" (S. 282) und brachten eine erste Niederlage der Jesuiten mit Signalwirkung: „Die Ablösung der
kirchlich-geistlichen Institutionen im Bildungswesen durch eine weltlich-staatliche Bildungspolitik hatte
in den habsburgischen Landen in Freiburg begonnen" (S. 278). Mit einem Blick auf die theologische Fa-

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