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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2009/0058
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sich der Tod immer häufiger als „leibhaftiger" Kumpan zu seinem Opfer und scheint dadurch
sogar etwas von seinem Schrecken zu verlieren.

Bereits mehr als 100 Jahre vor den ältesten Totentänzen entstanden die ersten, heute noch
erhaltenen Bilder zu der alten Legende von der „Begegnung der drei Lebenden und der drei
Toten" (ab 1310), und zwar zunächst in Sempach-Kirchbühl, in Badenweiler und am Bodensee
. Diese Szenen gehören nicht zu den Totentänzen im engeren Sinn, bilden aber eine wichtige
Voraussetzung für deren Entstehung. Handlungsorte auf diesen Bildern sind - ebenso wie
bei der Legende von den „Dankbaren Toten" (ab 1513) - der Friedhof und das Beinhaus.

Die Ursprünge des deutschsprachigen Totentanzes sind am Oberrhein und in den angrenzenden
schwäbisch-alemannischen Sprachgebieten zu suchen.79 In diesem durch gemeinsame
Sprachwurzeln charakterisierten Bereich befinden sich zudem die meisten noch existierenden
oder nachweisbaren Totentanzdarstellungen europaweit.

Als Ursachen für die Entstehung und die häufige Anwendung des Totentanzmotivs sind vor
allem in Betracht zu ziehen:

- der verbreitete Volksglaube an die in einer gewandelten Existenzform weiterlebenden Toten
, wie dies auf den Bildern der Legende der „Begegnung der drei Lebenden und der drei
Toten" und der „Dankbaren Toten" dargestellt ist;

- die Päpstliche Konstitution „Benedictus Deus" von 1336 und die allgemein praktizierten
Gebete der Lebenden für die Verstorbenen, verbunden mit der festen Glaubensüberzeugung
von der Zugehörigkeit der „Armen Seelen" zur kirchlichen Gemeinschaft;

- die Tatsache, dass im Spätmittelalter der Tod ein beherrschendes Thema des täglichen Lebens
aller Stände war, bedingt durch die religiöse Einstellung;

- die generelle Ohnmacht der Menschen gegenüber dem Tod, besonders spürbar in Zeiten
von Krieg, Hunger und seuchenartigen Krankheiten, vor allem der Pest, die auch als
„Schwarzer Tod" bezeichnet wurde.

Zum Abschluss können die Worte auch heute nachdenklich stimmen, mit denen Matthäus
Merian 1649 - also ein Jahr nach Beendigung des Dreißigjährigen Krieges und ein Jahr vor
seinem Tod - die vierte Ausgabe seines „Todten-Tantz" eingeleitet hat: Ey wie viel besser wird
es seyn bey diesen letzten bösen Zeiten der frechen ruchlosen Welt, die beynahe gar nichts mehr
fürchtet, auch Gott den Allerhöchsten selbsten nicht, den Todten-Tantz ... vor Augen zu stellen.

79 Im Ergebnis ebenso Wunderlich (wie Anm. 1), S. 25 und Sörries (wie Anm. 6), S. 80. Dr. Uli Wunderlich lehrt
an der Fern-Universität Hagen und ist Präsidentin der „Europäischen Totentanz-Vereinigung". Ihre Veröffentlichungen
zum Thema „Totentanz" mit einer Aktualisierung des ForschungsStandes waren sehr hilfreich. Prof.
Dr. Reiner Sörries, Direktor des Museums für Sepulkralkultur in Kassel, hat 1998 eine annähernd vollständige
katalogartige Zusammenstellung der monumentalen Totentänze im deutschsprachigen Raum vorgelegt, auf die
sich dieser Beitrag verlässlich stützen konnte.

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