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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2009/0179
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Abb. 2 Gertrud Luckner, Ehrenbürgerin von
Freiburg. Während des Dritten Reiches half sie
zusammen mit Karl Siegfried Bader verfolgten
Juden (StadtAF, M 75/6 Nr. 109989B).

auch dem Urteil der älteren Geschichtsschreibung nach wohl kaum. Wenig, angesichts der Dimension
des Holocaust viel zu wenig getan zu haben, bilanzierte rückblickend die als eine der
ersten Deutschen als „Gerechte unter den Völkern" vom jungen Staat Israel ausgezeichnete
Gertrud Luckner. Um wie vieles bescheidener musste Bader seinen Beitrag dazu veranschlagen
. Kaum der Rede wert schien er ihm, und im Unterschied zu vielen nach 1945 zum vorgeblichen
Regimegegner und Judenfreund mutierten Mitläufern blieb er hier weiterhin wenig
mitteilsam. Als selbstverständliche Mitmenschlichkeit hätten Helfende wie Luckner, wie letztlich
auch Bader ihr Tun bezeichnet, aber nicht als „Widerstand". Dazu war der Widerstandsbegriff
lange viel zu sehr allein dem Staatsstreich, dem Sturz der Diktatur vorbehalten.

Die historische Forschung arbeitet inzwischen mit einem demgegenüber deutlich erweiterten
Widerstandsbegriff. Es war das Ziel des groß angelegten Forschungsprojekts „Bayern in der
NS-Zeit", „das Widerstandsthema breiter zu entfalten, es einzubetten in die keineswegs ein-
linige, sondern äußerst unterschiedliche Wirkungs- und Erfahrungsgeschichte des Nationalsozialismus
."37 Darüber hinaus sollte die Widerstandsthematik gelöst werden von der Ebene der
„großen Politik", auf der zu wirken ohnehin nur wenigen möglich war. Seither wurde mehr und
mehr anerkannt, dass es auch eine Alltagsebene von Widerstand gab, wenngleich noch lange
um Bezeichnungen für diese Kleinformen gerungen wurde: Widerständigkeit, Nonkonformität,
Verweigerung, Dissenz, Resistenz. Widerständig war demnach der Pfarrer, der in seiner Predigt
die Euthanasie geißelte. Widerständig war die Bauersfrau, die einem Kriegsgefangenen
einen Apfel schenkte. Und widerständig war der Schüler, der die verbotene Swing- oder Jazzmusik
hörte. Keiner von ihnen wollte das NS-Regime stürzen. Vielmehr war ihr Handeln, wie

37 Martin Broszat: Resistenz und Widerstand. Eine Zwischenbilanz des Forschungsprojekts, in: Bayern in der NS-
Zeit IV, hg. von Martin Broszat u.a., München/Wien 1981, S. 691-709, hier S. 693.

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