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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2010/0067
floss, zur Versorgung der Felder zu nutzen, die andernfalls unfruchtbar geblieben wären.56 Das
Geländebewässerungssystem erfuhr bis zur Schwelle des 19. Jh. keine bemerkenswerten Veränderungen
.57 Die am weitesten verbreitete Technik bestand aus dem Blockieren eines Kanals
mit einer „Stellfalle", um das Wasser auf die angrenzenden Böden zu leiten. Mit der Zeit wurde
diese Technik durch die Düngung der Felder verbessert, die zugleich eine höhere Produktivität
erlaubte. Die Wässerung sorgte für die Entsäuerung des Geländes und spülte die Parasiten und
das Unkraut fort, sodass das Gelände für die nächste Düngung vorbereitet wurde.58

Dieses System folgte dem Zyklus der Jahreszeiten und bedurfte einer ständigen Instandhaltung
. Neben der Ebnung des Geländes mussten die Kanäle von allen Rückständen und von dem
Geröll, das den regelmäßigen Wasserfluss behinderte, gereinigt werden. Ebenso mussten die
Schleusen, die Holz- und Eisengeräte, die einer beständigen Korosion ausgesetzt waren, einer
Überprüfung unterzogen werden. Nur eine aufmerksame und gewissenhafte Verwaltung der
Feldbewässerungs- und Düngungssysteme ermöglichte die Ernte. Es war genau diese Pflege
der Kanalisations- und Verteilungssysteme, die die Bildung einer Vereinigung wie die bereits
zitierte Runzgenossenschaft nötig machten.

Zu den Abwässern wurde bereits oben angemerkt, dass das in die Stadt geleitete Wasser nach
Gebrauch als Abwasser zur Bewässerung der inner- und außerhalb der Stadtmauern gelegenen
Felder genutzt wurde.59 Der Transport der flüssigen Abfälle über die Kanäle erregte auch Missbilligung
. Zwischen 1529 und 1535 beklagt sich der aus der Stadt Basel, die sich im Jahre 1529
dem Protestantismus zuwandte, ins ruhigere Freiburg geflüchtete Humanist Erasmus von Rotterdam
in einem am 23. Februar 1534 an den Gönner Gaspar Schets gesandten Brief über die
starke Verschmutzung der Bächle, die Abfälle und Abwasser durch die ganze Stadt tragen und
die Luft mit ihren übelriechenden Ausströmungen verpesten.60

In diesen Jahren gab der Stadtrat Erlasse heraus, die deutlich machen, wie schwierig es war,
die Reinheit der Kanäle zu wahren. Die entlang der Straße von Pferden oder anderen Tieren
hinterlassenen Fäkalien wurden regelmäßig in den Kanälen entsorgt, um zu verhindern, dass
sie sich anhäuften und den Durchgang der Wagen behinderten oder mögliche Kunden von den
Geschäften fernhielten.61 Seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts versuchten die städtische
Obrigkeit mit der Einführung einer städtischen Müllabfuhr das Problem zu lösen. Ein vom Freiburger
Rat angestellter Geselle drehte dreimal täglich mit einem Wagen eine Runde durch die
städtischen Straßen und sammelte die von den Einwohnern produzierten Abfälle ein. Jeder Einwohner
konnte auf die Menge eines Henkelkorbs quantifizierte Abfälle auf dem Wagen ablegen
.62 Bei größeren Mengen waren die Einwohner gehalten, den Unrat an dafür bestimmte Orte

56 Ebd., S. 31; Eva-Maria Butz: Adlige Herrschaft im Spannungsfeld von Reich und Region. Quellendokumentation
zur Geschichte der Grafen von Freiburg 1200-1368 (Veröffentlichungen aus dem Archiv der Stadt Freiburg
im Breisgau 34/2), Freiburg 2002, Nr. 33, S. 16.

57 Vgl. Ursula Huggle/Norbert Ohler: Sachwörterbuch Landwirtschaft. Südwestdeutschland in Geschichte und
Gegenwart., 1. Grunddaten - Bevölkerung, Landesbau und Siedlungswesen - Der landwirtschaftliche Betrieb -
Abgaben und Dienste, Freiburg u.a. 2006, S. 184f.

58 Himmelsbach (wie Anm. 28), S. 32.

59 Vgl. Anm. 33. Siehe auch Lange (wie Anm. 6), S. 89f.

60 Opus espistolarum Des. Erasmi Roterodami, X (1532-1534), hg. von Percy Stafford Allen, Helen Mary
Allen und Heathcote William Garrod, Oxford 1941 (Repr. 1963), S. 348: Est hic alta <im>mundities. Per
omnes vias huius oppidi decurrit torrens arte ductus. Is excipit saniem laniorum ac macelli, oleum omnium
culinarum, sordes singularum medium, vomitum ac mictum omnium, feces etiam illorum qui domi latrinas non
habent. Ex hac acqua lavantur lintea, purgantur vinaria vasa, atque etiam culinaria. Haec tolerari poterant si
esset quod ederetur. Toto anno vescor pullis gallinaceis. Zu Erasmus von Rotterdam vgl. Johann Huizinga:
Erasmus, Basel 1928, S. 185-187. Vgl. ebenfalls Tümmers (wie Anm. 5), S. 106f.

61 Schadek/Untermann (wie Anm. 1), S. 113f.

62 Die Quellen, z.B. vom 10. Mai 1559 (vgl. Schadek/Untermann [wie Anm. 1], S. 112, Anm. 193), liefern keine
detaillierteren Informationen zu den Maßen des Henkelkorbs. Nach Angaben aus dem Internet (www.mittelalter-
zentrum.de) betrug die Größe eines Henkelkorbs ca. 30 cm im Durchmesser und 40 cm in der Höhe, wodurch er
nicht mehr als 1 kg fassen konnte.

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