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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2010/0102
halten ist, durch ein Giftsäckchen den Brunnen am Buchbühl verseucht habe, um die Pest nach
Waldkirch zu bringen. Das Gift soll er sich in Freiburg bei dem Juden Anschelm von Vehrringen
aus Jerusalem geholt haben. Drei der gefangenen Juden mussten den Rat von Brunnen zu
Brunnen begleiten und die Giftsäckchen entfernen. Über das weitere Schicksal der Waldkir-
cher Juden ist nichts bekannt. Wahrscheinlich wurden sie wie in Freiburg verbrannt.62

In den Jahren 1474, 1480 und 1492 brach die Pest in Waldkirch erneut aus. Wegen der loeff
wild (wilde Läufe = Pest), wie es in einer Urkunde von 1478 heißt, sahen sich viele Bürger
dazu veranlasst, ihr Erbe vertraglich zu regeln. Auch im 16. Jahrhundert war die Pest ständiger
Begleiter wie die Jahre 1501, 1526, 1530 und 1535 zeigen. Wieso in den Jahren 1580 und 1592
die Bohrer und Balierer besonders von der Pest betroffen waren, ist nicht mehr zu klären. 1582
wurde sogar Propst Adrian Mantz ein Opfer der Seuche.63

Ende des 16. Jahrhunderts begann der jahrelang anhaltende Streit um den Bestattungsort der
Pesttoten. Das Wort „Pest" wurde wie üblich vermieden. Stattdessen hieß es im Juli 1590, es
herrsche nit guete lufft, sterben und boss Kranckheit. Es setzte sich die Meinung durch, dass
die Verstorbenen ihre letzte Ruhe nicht wie bisher bei der Kirche mitten im Ort, sozusagen bei
den Lebenden, finden sollten, sondern in angemessener Entfernung von den bewohnten
Häusern. Waldkirch besaß jeweils einen Friedhof bei den Pfarreien St. Martin, St. Peter und
St. Walburg. Als 1431 das Chorherrenstift gegründet wurde, verloren die drei Pfarreien ihre
Selbstständigkeit und das Recht, Beerdigungen abzuhalten. Es sollte nur noch der Kirchhof um
die Stiftskirche St. Margaretha als Friedhof benutzt werden. Die Stiftsleitung wollte ihn - da
zu klein und wegen der Ansteckungsgefahr - verlegen. Als Ausweichplatz wurde der Kirchhof
bei St. Peter - am Standort der heutigen Petershöfe - oder der Spitalkirchhof vorgeschlagen.
Die vorderösterreichischen Beamten erinnerten daran, dass die abgestorbenen Ehhalten und
Dienstboten, wie auch fremde Personen zu einfallenden Sterbensläufen in der fürsti durchlt.
Spitalkirche, so allernächst vor Waldkirch gelegen, wie es hierbevor auch bewilligt worden, zu
begraben seien.64 Dem Stift wurde von den Beamten u.a. vorgeworfen, dass die Gottesdienste
bei Beerdigungen nicht dem Anlass entsprechend abgehalten würden und der schwer begehbare
Weg dringend instand zu setzen sei. In diesen Streit griff auch Bischof Kardinal Andreas
von Österreich ein, der befahl, Weg und Friedhof entsprechend zu pflegen, und der am 15. Juli
1595 den Kirchhof bei St. Peter einweihen ließ. Als 1629 die nächste Pestwelle Waldkirch traf,
flammte die Auseinandersetzung um den Beerdigungsplatz sofort wieder auf. Am 12. Januar
1629 wurde durch österreichischen Regierungserlass den Bürgermeistern und Vögten von
Waldkirch und dem gesamten Kirchspiel befohlen, dass alle Verstorbenen während der Pestzeit
auf dem Kirchhof von St. Peter beizusetzen seien. Die Bevölkerung hielt aber an den
Beerdigungen auf dem Stiftskirchhof fest, z.B. wurde eine an der Pest gestorbene Frau ins
Beinhaus bei der Stiftskirche gebracht.65 Es blieb dem Stift überlassen, was mit der Leiche
geschah, denn der zuständige Amtmann Merz kümmerte sich weder um Regierungs- noch

62 Max Wetzel: Waldkirch im Elztal. Stift, Stadt und Amtsbezirk, Teil I, Freiburg 1912, S. 267; Hermann Rambach
: Die Waldkircher Juden im Mittelalter, in: Das Elztal vom 30. Januar und 27. Februar 1954 (auch Vortrag
am 17. Januar 1978); Michael Longerich: Judenverfolgungen in Baden im 14. Jahrhundert. Am Beispiel
Breisach, Endingen, Freiburg und Waldkirch, in: s Eige zeige 4 (1990), S. 33-46.

63 Roth von Schreckenstein: Beiträge zur Geschichte des Stifts und der Stadt Waldkirch, in: ZGO 36 (1883),
S. 212-240, 286-321 und 433-460, hier S. 313; August Münzer: Waldkircher Pröpste, Teil I, in: Schau-ins-Land
33 (1906), S. 57-76, hier S. 65f. und 71-73; Hermann Rambach: Soziale Fürsorge, Krankheiten und ihre Abwehr
in alten Zeiten, handschriftlich in: Stadtarchiv Freiburg (StadtAF), Kl/92 (Nachlass Hermann Rambach).

64 GLA, 226/309; Heinrich Roth: St. Peter und St. Martin bei Waldkirch i.Br. Eine patroziniengeschichtliche Untersuchung
zur Frühgeschichte des Elztals, Dissertation, Freiburg 1946; Dorothea Scherle: Die Sebastianskirche
in Waldkirch, in: 700 Jahre Stadtrecht Waldkirch 1300-2000 (Beiträge zur Geschichte der Stadt Waldkirch
6), Waldkirch 2000, S. 167-193, hier S. 169.

65 1629 Februar 23. Die Regierung [in Ensisheim] bestätigt den Empfang des Entschuldigungsschreibens der Amtleute
vom 14. Februar 1629, GLA, 226/310 (Abschrift in StadtAF, Kl/92).

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