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Gestalten nehmen und eine Bestrafung der Priester, die zur Ehe greifen. Da die verdammten
und verführerischen Lehren allermeist durch den Buchdruck ausgebreitet würden, dürfe kein
Drucker ohne behördliche Genehmigung drucken. Niemand dürfe die verbotenen Schriften Luthers
kaufen, verkaufen oder verschenken. Auch dieser Beschluss, an dem Fabri als Rat Ferdinands
mitgewirkt hatte, erschien bei Wörlin.

Ulrich Zwingli und die Disputationen von Zürich

Ulrich Zwingli (1474-1531), in Wildhaus bei Toggenburg geboren, studierte in Wien und Basel
und wurde 1506 Pfarrer in Glarus, 1516 Wallfahrtskaplan in Einsiedeln und schließlich
1519 Leutpriester am Großmünster in Zürich. Als Anhänger der bibel- und christozentrischen
Frömmigkeit des Erasmus und der Prinzipien „sola Sciptura" und „solus Christus" predigte er
das Evangelium gegen das seelenlose und bedrückende Menschenwerk kirchlicher Gesetzlichkeit
.20 Zum Eklat kam es am 9. März 1522, am Frühabend des ersten Fastensonntags, als seine
Anhänger bei dem schon erwähnten Wurstessen im Hause Froschauer demonstrativ gegen das
kirchliche Fastengebot verstießen.

Am 29. Januar 1523 berief der Rat der Stadt Zürich die Prädikanten der Stadt und Landschaft
Zürich zu einer Disputation ein wegen der wachsenden Unruhe unter der Bevölkerung wegen
Fastengebot, Kirchenzehnten und Klosterwesen.21 Im Gegensatz zu den scholastischen Disputationen
, bei denen im Streitgespräch vor den theologischen Fakultäten die Thesen der Doktoranden
erörtert wurden, erhob sich eine weltliche Behörde, der Rat der Stadt Zürich, zum
Schiedsrichter über theologische Fragen. Es sei unter den Predigern Zwietracht entstanden: Die
eine Partei meine, das Evangelium getreulich gepredigt zu haben, die andere nenne dessen Verkündigung
Ketzerei und Verführung. Zu dieser ersten Züricher Disputation wurde auch der Bischof
von Konstanz geladen, der als seinen Vertreter den Generalvikar Johann Fabri schickte.
Zwingli vertrat in 69 „Schlussreden" seine Thesen von Kirche und Papsttum, Messe, Priester-
tum, Orden, Fasten, Feiertage, Fegefeuer und Heiligenverehrung aus der Sicht des reinen Evangeliums
. Fabri forderte im Namen des Bischofs, dass die Angelegenheit vor ein Konzil gebracht
werden müsse. Der Rat der Stadt Zürich beschloss trotzdem, das mag Ulrich zwingli fürfaren
und hinfür, wie bishar, das heilig evangelium und die recht göttlich gschrift verkünde.22

Auf die offizielle Darstellung der Disputation durch den Züricher Schreiber Erhard Hegen-
walt vom 3. März 1523 antwortete Fabri mit einer warlich untterrichtung23 Fabri stellte den
Bericht des aus seiner Sicht parteyischen Schreibers Hegenwalt richtig. Er wurde damit seinerseits
das Objekt der Satire „Gyrenrupffen", dem Geierrupfen, aus der Feder von sieben Züricher
Handwerkern.

An der zweiten Disputation vom 26. bis 29. Oktober nahm Fabri nicht mehr teil. Vor 900
Zuhörern wurde über Zwingiis Ablehnung der bildhaften Darstellung von göttlichen und heiligen
Personen disputiert. Die Kultbilder seien Verstofflichung der Götzen, die der Mensch im
Herzen trage und ihn vom wahren Gottesdienst abhielten. Der Rat ließ beide Fragen offen,
wollte sie aber durch Gutachten klären lassen.

20 Wolfgang Reinhard: Probleme deutscher Geschichte 1495-1806. Reichsreform und Reformation 1495-1555
(Handbuch der deutschen Geschichte 9), Stuttgart 2001, S. 285.

21 Gäbler (wie Anm. 15), S. 61-72.

22 Bernd Moeller: Zwingiis Disputationen. Studien zu den Anfängen der Kirchenbildung und des Synodalwesens
im Protestantismus, I. Teil, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung 56
(1970), S. 275-324, hier S. 292.

23 Ain warlich underrichtung wie es zu Zürch auff den neunundtzweintzigsten Tag des Monats Januarij nechstuer-
schynen ergangen sey, Universitätsbibliothek Freiburg, N 3537.

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