Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2010/0122
Elsass, in der Ortenau, im Schwarzwald und in Oberschwaben kam es zu bewaffneten Aufständen
der Bauern gegen ihre Grundherren. Im Frühjahr 1525 formulierten die Memminger
Bauern unter dem Kürschnergesellen Sebastian Lotzer und dem Prediger Christoph Schappe-
ler in 12 Artikeln ihre Forderungen gegen die Feudalherren. Im Gegensatz zu dem „Alten
Recht", dem römischen Recht, begründeten sie ihre Ansprüche aus dem „Göttlichen Recht",
dem Evangelium.

Im Frühjahr formierten sich die Bauern in Stühlingen unter dem Söldnerführer Hans von
Bulgenbach zu einem Haufen und zogen durch die Baar über Villingen gegen die Stadt Freiburg
im Breisgau, die sie, zusammen mit sechs Haufen aus der Markgrafschaft, vom Kaiserstuhl
und aus der Ortenau mit insgesamt 5.000 Mann belagerten. Ihre zu Bystandt der gottlichen
Gerechtigkeit gegründete christenliche Vereinigung zwang die Stadt am 24. Mai 1525 zur
Unterzeichnung eines Vertrages zu Uffrichtung eins gemeinen Landtfridens und Abtilgkung der
unbillichen Beschwerden, darmit der gemein arm Man von geistlicher und weltlicher Oberkeit
unbillich, wider das Wort des heiligen Evangeliums Christi hören könne.42 Bereits am 8. Mai
1525 heißt es in einem Artikelbrief: In dieser christlichen Vereinigung und bruderschaft... be-
schicht dyaran der will Gotts in erfüllung sins gepots von brüderlicher liebhabung ... Nachdem
aber aller verraut, zwanknus und verderpnus üß schlossern, klöstern undpfaffenstiften er-
volgt und erwachsen, solen die von stund an in den Bann verkhündet sein.43 Die Bauern forderten
mit ihrem revolutionären Programm eine neue Gesellschaftsordnung der brüderlichen
Liebe und des gemeinen christlichen Nutzens allein gegründet auf göttliches Recht. Geistlichkeit
und Adel sollten auf ihre Privilegien verzichten.44 Dieser Artikelbrief blieb wie die Mehrzahl
der Manifeste des Bauernkrieges ungedruckt.

Johann Wörlin druckte 1525 den Ortenauer (Renchener) Vertrag zwischen Markgraf Philipp
I. von Baden und dem Rat der Stadt Straßburg mit zwei Bauernhaufen in der Ortenau am 25.
Mai 1525.45 Die Vereinbarung erfüllte weitgehend die Forderung der 12 Artikel, ohne aber die
bestehende feudale Rechtsordnung selbst infrage zu stellen. Sie legte fest: Bei Neubesetzung
einer Pfarrei Bestätigung des Pfarrers durch die Gemeinde. Beschränkung des Zehnten auf Getreide
und Wein, ohne den „kleinen Zehnten" von Obst, Beeren und Kleintieren; Beschränkung
der Frondienste auf höchstens vier Tage im Jahr; Jagderlaubnis auf schädliche Wildtiere wie
Füchse, Bären und Wölfe; Holznutzung für Brennholz; kein Frevel ohne gerichtliche Anerkennung
; Rückgabe von Allmenden an die Gemeinden, sofern sie nicht rechtmäßig erworben
worden waren und Todesfallregelungen.

Zu der Grundfrage des Bauernkrieges, dem menschlichen und göttlichen Recht, erschien bei
Johann Wörlin die Abhandlung „Von Leibeigenschaft und Knechtheit".46 Der Verfasser Urban

42 Der deutsche Bauernkrieg, gleichzeitige Urkunden Januar bis Juli 1525, hg. von Heinrich Schreiber (Urkun-
denbuch der Stadt Freiburg NF), Freiburg 1864, Nr. CCLX, S. 131-133, hier S. 132.

43 Zitiert nach: Flugschriften der Bauernkriegszeit, hg. von Adolf Laube und Hans Werner Seiffert, Berlin 1975,
S. 110. Abdruck ebenfalls in Schreiber (wie Anm. 42), S. 87-89.

44 Vgl. Horst Buszello/Dieter Mertens/Tom Scott: „Lutherey, Ketzerey, Uffrur". Die Stadt zwischen Reformation
, Bauernkrieg und katholischer Reform, in: Geschichte der Stadt Freiburg im Breisgau, Bd. 2: Vom Bauernkrieg
bis zum Ende der habsburgischen Herrschaft, hg. von Heiko Haumann und Hans Schadek, Stuttgart
1994, S. 41-52; Horst Buszello/Peter Blickle/Rudolf Endres: Der deutsche Bauernkrieg, Paderborn u.a.
1984, S. 74.

45 Abrede und entlicher vertrage zwueschen den Samlungen zwyer Hauffen in Ortenaw vor Offenburg, und zwue-
schen Buehel und Steinbach, uffgericht zu Remhen uff Ascens Domini Anno XXV, in: Laube/Seiffert (wie Anm.
43), S. 45-56.

46 Urbanus Rhegius: Von leybeygenschafft oder knechtheit, wie sich Herre[n] vn[d] eygen leüt Christlich halte[n]
sollent. Bericht uß götlichen Rechten, Johann Wörlin 1525, Bayerische Staatsbibliothek München, Res. Horn
2103; Laube/Seiffert (wie Anm. 43), S. 242-260; vgl. Alejandro Zorzin: Urbanus Rhegius Flugschrift „Von
Leibeigenschaft oder Knechtheit", in: Flugschriften der Reformationszeit, Colloquium im Erfurter Augustinerkloster
1999, hg. von Ulman Weiss, Tübingen 2001, S. 157-172.

122


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2010/0122