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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2010/0128
Im gleichen Jahr erschien bei Johann Wörlin 1522 eine Flugschrift über die angeblich 1462
gemachten Prophezeiungen eines Karmelitermönches aus Prag:63 O man wirt zelen Viervierzehen
hundert jar, darnach in kurzen jaren so wirt kommen ein wind, der wird mache betrüben
... Die starken porten werden geöffnet so streng, das ein yeder Christen sol fürchten gott... Man
wirt sehen manig tausend fliehen und deren werden vil erstochen Christen leüt, in vil landen
...Es werden grossen schaden nehmen die da sitzen an dem höchsten und messen das tuch nach
irer elen. Die Prophezeiung richtete sich gegen die welsche Welt, d.h. gegen Florenz. Mancher
meine, es gehe ihn nichts an, aber im wirt vergeen seine röte und sein lazur färb banner wirt
undertrucken der greyff mit grossem neyd das geschlecht von den getreüwn graven und die
Fürsten von dem genist des Adlers... Auch wirt man groß volk sehen können uff dem Land und
mit schiffen gen Venedig von Lamparten bis an das gebürg ... Den ungläubigen Juden, ketzern
und heiden wird er zerbrechen thürn und muren mit grosser gwalt... Der selbig keyser mit seinen
helffern und nachvolgern wird ein grosse ufflauf mache zu Rom wid die sein gerechtigkeit
haben verschlafen. Dieses zusammenphantasierte Machwerk ungeklärter Provenienz traf offensichtlich
den Nerv eines abergläubigen Publikums, in dem die Rache Gottes an den Missständen
der Zeit angekündigt wurde.

In der anonymen Schrift informierte sich der Sultan bei einem Mamelucken, also einem abgefallenen
Christen, wie in kurz zu erschienen jaren ein Prophet in Teütschlanden uffgestanden
sey, der durch höhe seine kunst und Vernunft der Christlichen Kirchen grossen abbruch zufügt
habe. Der Sultan erhielt den Bescheid: Anfengklich har er vil guts dinge von den Christen ge-
schriben und dardurch ein grossen rum erlangt ... Item durch sein und seiner Discipel
[=Schüler] ler und underweysung hat er vil götlichen Dienstes, es sei mit meßhalte, kirchen
bauen, jarzeitstiften, fürbitt der seien, gnad und ablaß und der heiligen (besunders der mutter
Christi) lob und eer trefflichen abgeschnitten. Die Schrift gehört zu den polemischen Pamphleten
gegen Luther in der Reformationszeit.64

Johann Wörlin als Vorläufer der Freiburger Zeitungsdrucker

Mit seinen Flugschriften und „Neüwen Zeytungen" übermittelte Johann Wörlin seinen Lesern
aktuelle Nachrichten aus aller Welt und war damit ein Vorläufer der Freiburger ZeitungsVerleger
. Noch waren diese Nachrichten ungeordnet und von unterschiedlicher Provenienz und Qualität
. Sie stammten, wie oben ersichtlich ist, aus Mitteilungen von Privatpersonen wie von Johannes
Fabri über den Regensburger Konvent und über die Züricher Disputation, aus Berichten
von Georg von Frundsberg bzw. seinem Feldschreiber über die Schlacht von Pavia, von
amtlichen oder halbamtlichen Stellen wie z.B. von der Stadt Freiburg die Missive an die Stadt
Bern, von Berichten aus dem nahe gelegenen Großpriorat der Johanniter in Heitersheim von
seinem Autor Jakob Mennel über die Eroberung von Rhodos, aus Nachdrucken von anderen
Offizinen wie die Schrift von Rhegius oder als Auftragsarbeit wie die Lieddrucke. Sie waren
noch unredigiert, unkommentiert und unregelmäßig, d.h. es fehlte ihnen eine periodische Erscheinungsweise
.

Das neuartige Medium Flugschrift erforderte auch eine Form des Vertriebs an den Käufer.
Der bisherige Verkauf über die stationären Buchführer und den halbjährlich stattfindenden
Messevertrieb für den akademischen Käufer und den institutionellen Verkauf an Klöster und
Universitäten erreichte die neuen Leserschichten nur unzureichend und war für eine schnelle
Nachrichtenübermittlung ungeeignet. Der Vertrieb erfolgte durch Krämer auf Märkten, Jahr-

63 Dise prophecy ist funden worden in Osterreich uff einem Schloß das heißt Altenburg, Herzog August Bibliothek
Wolfenbüttel, A: 188 Quod. (35).

64 Wie der türckisch Keyser und ein verleugneter Christ von des Luthers wegen einander geschriben haben, Herzog
August Bibliothek Wolfenbüttel, H: Yv 2643.8° Heimst.

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