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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2010/0178
Überblick zu bewahren. Beispielhaft für das Verständnis dieses Entstehungs- und Entwicklungsprozesses
ist die Geschichte des Priorates Zell. Sie spiegelt den Höhepunkt des cluniacensischen Mönchtums am
Oberrhein wider - von der Errichtung des Klosters kurz vor dem Jahr 1072 anlässlich der Schenkung seitens
Hessos von Rimsingen an die Abtei Cluny bis zu der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts, als das Priorat
in ein zähringisch-straßburgisch-nimburgisches Umfeld fest eingebunden wurde.

Was die Lokalisierung der cluniacensischen Niederlassungen betrifft, wäre eine Karte hilfreich gewesen
. Ein Quellenanhang, der zwei Urkunden und die Stemmata der frühen Besitzbestätigungen für St.
Alban in Basel enthält (S. 455-461), ein Abkürzungsverzeichnis, das Quellen- und Literaturverzeichnis
(S. 465-532) und ein Register (S. 533-560) schließen den Band ab.

Aufgrund der Tatsache, dass der Autor die theoretischen und methodischen Fundamente einer modernen
Mediävistik vorbildlich beherrscht, kann diese (nur geringfügig überarbeitete) Dissertation nicht zuletzt
jedem Doktoranden der Kirchen-, Adels- und Landesgeschichte besonders empfohlen werden.

Marco Leonardi

Karl-Heinz Meier-Braun/Reinhold Weber: Kleine Geschichte der Ein- und Auswanderung in Baden-
Württemberg, DRW-Verlag Weinbrenner, Leinfelden-Echterdingen 2009, 190 S., Abb.

Wie schon die vom gleichen Verlag herausgegebene „Kleine Geschichte der Markgrafschaft Baden"
nimmt man auch dieses Buch gern in die Hand, ist es doch übersichtlich strukturiert und durch Schlaglichter
, Erläuterungen, eine Zeittafel und Abbildungen ansprechend gestaltet. Der Bogen der Wanderung
sbewegungen reicht vom Spätmittelalter bis in die heutige Zeit, wobei der Schwerpunkt der beiden
Autoren entsprechend ihren Interessen stärker auf der soziologischen als auf der historischen Seite liegt.
Karl-Heinz Meier-Braun ist Journalist und Leiter der Fachredaktion „SWR International", außerdem
Integrationsbeauftragter des Südwestrundfunks. Reinhold Weber hat als Zeithistoriker bei der Landeszentrale
für politische Bildung bereits einige Bücher zur Geschichte des südwestdeutschen Raums ver-
fasst. Die Autoren widmen sich den „zentralen Migrationsphänomenen der ,klassischen' Epochen" bis hin
zu den heutigen Problemen des Einwanderungslands Baden-Württemberg. Dabei lenken sie den Blick
nicht nur auf Aus- und Einwanderung, sondern vor allem auf die Integration von Migranten - z.B. Glau-
bensflüchtlinge - im „Schmelztiegel Südwestdeutschland". Nur kurz widmen sie sich der jüdischen Bevölkerung
in Baden und Württemberg, ihrer rechtlichen Situation und ihrem Schicksal. Das Land Baden
wurde aus historischen Gründen von den Juden bevorzugt: Lebten 1920 hier 24.000 Juden, so waren es
1925 in Württemberg nur 11.000.

Nach den Auswanderungswellen im 19. Jahrhundert wurde das südwestdeutsche Gebiet immer mehr
zum Einwanderungsland, da die Industrialisierung zusätzliche Arbeitskräfte erforderte. Beim Bau der Eisenbahnlinien
und später der Autobahnen war man auf Facharbeiter wie die Italiener angewiesen, die sich
im Tunnel- und Straßenbau auskannten. Der Erste Weltkrieg führte infolge Arbeitskräftemangels zu einer
neuen Art von „Einwanderung" durch Kriegsgefangene und aus anderen Ländern deportierte Arbeiter. Sie
wurden zur Zwangsarbeit verpflichtet wie auch im Zweiten Weltkrieg. Noch vor der Kapitulation im Mai
1945 stellte die Zuwanderung von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen eine neue Herausforderung dar,
aber auch eine Chance, füllten sie doch die durch Kriegsverluste entstandenen Lücken auf und halfen beim
Wiederaufbau. Sie bewältigten ihre Eingliederung auch gegen den Widerstand der Einheimischen.

Baden-Württemberg war in den 1950er-Jahren Vorreiter in der Aufnahme von Gastarbeitern. Ein besonderes
Augenmerk legen die Autoren auf Probleme bei der Integration von Migrantenkindern, die sich
an den schulischen Leistungen ablesen lassen. So gehen beispielsweise nur 5,9 % der italienischen Kinder
aufs Gymnasium; der Bundesdurchschnitt liegt jedoch bei 26,8 %. Heute leben rund 166.000 Italiener
in Baden-Württemberg, mehr als in anderen Bundesländern.

Mit den Spätaussiedlern aus dem Osten, vor allem Russlanddeutschen, gelangten 1990 36.000 Menschen
nach Südwestdeutschland. 2007 waren es nur noch 697. Für sie stellte offenbar die Forderung nach
Grundkenntnissen in der deutschen Sprache eine schwer zu überwindende Barriere dar.

Trotz „Vorreiterrolle" im Bemühen um Eingliederung ist die politische Integration nach wie vor ein Desiderat
. Dabei haben 25 % aller Baden-Württemberger einen Migrationshintergrund; im Bundesdurchschnitt
nur 19 %. Wichtig wäre zum einen, Hürden bei der Einwanderung abzubauen, zum anderen die
Ausbildung der Migrantenkinder entscheidend zu verbessern. Ein sicher nur auf lange Sicht realisierbares
Vorhaben. Ursula Huggle

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