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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0029
Worms am 10. September 1495 geschehene Geburt Siamesischer Zwillinge legte er sogleich als
ein himmlisches Zeichen für die Zusammengehörigkeit und das Zusammenwirken von König
und Reichsständen bei der Bekämpfung der Türken aus und widmete die (dreimal aufgelegte)
lateinische Version seiner Verse Konrad Stürtzel, die (zweimal aufgelegte) deutsche Version
dem König.72

Die Umsetzung der Wormser Reformbeschlüsse bestimmte die Tagesordnung der folgenden
Reichstage in Lindau, Worms, Freiburg und Köln. Maximilian erschien auf ihnen entweder gar
nicht, weil er in Italien oder in Geldern Krieg führte, oder sehr verspätet, so in Freiburg, damit
die Reichsstände merkten, dass sie ohne ihn nicht zu Beschlüssen gelangen könnten. Stürtzel
gehörte zu den Räten, denen die undankbare Aufgabe zufiel, namens des abwesenden Königs
mit Erzbischof Berthold und den Ständen zu verhandeln. Stürtzels Verhandlungsführung in
Lindau stellte Maximilian nicht zufrieden, er habe sich bei der Diskussion über die Einhaltung
der Wormser Beschlüsse, vor allem die Aufbringung des Gemeinen Pfennigs, und über die
sofortige Beleihung der ausstehenden Gelder von den Reichsständen in die Defensive drängen
lassen, die hartnäckig nach der Aufbringung in den habsburgischen Ländern fragten.73 Dennoch
verstand sich keiner der Räte so gut wie Stürtzel darauf, die Kriege Maximilians als notwendige
Verteidigung des Reichs zu erweisen und im Sinne des Königs die großen Entwicklungen
aufzuzeigen.

Neue Aufgaben hatte Stürtzel auf der Reichsbühne nicht allein in der „Innenpolitik" zu meistern
, sondern auch in der internationalen Diplomatie. Der Zug, den eben damals, 1494/95, der
französische König Karl VIII. durch ganz Italien unternahm, um das Königreich Neapel zu
erobern, brachte grundlegende Probleme auf die Tagesordnung: die Notwendigkeit, Reichsitalien
zu sichern, insbesondere Mailand, die größte Herrschaft südlich der Alpen. Ludovico Sforza,
dessen Nichte Maximilian 1493 in zweiter Ehe geheiratet hatte, sollte die Belehnung als
Reichsfürst erhalten. 1494 war sie ihm insgeheim bereits verbrieft worden, angesichts der französischen
Bedrohung sollte die Investitur mit dem Herzogtum und mit der Grafschaft Pavia nun
vollzogen werden. Dies in Stellvertretung des Königs feierlich zu tun, wurde Stürtzel zusammen
mit dem Bischof von Brixen nach Mailand gesandt. Gleichzeitig schickte Maximilian eine
Reitertruppe, das Geld abzuholen, das Ludovico zahlte und von dem die Kurfürsten den ihnen
zugesagten, aber nicht verbrieften Anteil nie erhielten.74 Die Zeremonien und Feiern erstreckten
sich über eine ganze Woche, sie fanden in Mailand und in Pavia statt, jedes Mal war es
Stürtzel, der die Belehnung vornahm und die Publikationsrede hielt. Der Mailänder
Belehnungsakt fand zweimal statt, zuerst vor dem engeren Hof im Castello Sforzesco, danach
vor den Gesandtschaften und der Mailänder Öffentlichkeit auf dem Platz vor der Kathedrale.
Beim Akt in der Mailänder Burg hielt Stürtzel eine lateinische Prunkrede.75 In der richtigen
Erkenntnis, dass Prunkreden, auch wenn sie zu verschiedenen Anlässen gehalten werden, sich
doch in vielen Teilen ähneln, griff Stürtzel auf die Rede zurück, die er neun Jahre zuvor, 1484

Sebastian Brant: Ad clarissimum Rhomanorum Regis Cancellarium dominum Conradum Stürtzel Iurium Interpretern
praestatissimum de monstruoso partu apud Wormaciam ... MCCCCXCV. Quarti idus Septembris edito explana-
tio, [Basel, Johann Bergmann von Olpe] 1495 (GW, 5028ION); nachgedruckt [Augsburg], Johann Froschauer [1495]
(GW, 5031); [Straßburg], Johann Prüß [1495] (GW, 5032); Sebastian Brant: Varia Carmina, Straßburg, Johannes
Grüninger 1498 (GW, 5068), fol, 94r-95v; Sebastian Brant: Kleine Texte, hg. von Thomas Wilhelmi, Stuttgart
1998, Nr. 153, S. 236-239.

Reichstage von Lindau, Worms und Freiburg 1496-1498, bearb. von Heinz Gollwitzer (Deutsche Reichstagsakten,
Mittlere Reihe 6), Göttingen 1979, S. 187-206 und 264-280; Rannacher (wie Anm. 18), S. 88-111 und 116-119;
Wiesflecker (wie Anm. 18), Bd. 2, S. 261-271; Peter Schmid: Der Gemeine Pfennig von 1495, Göttingen 1989, S.
296-336.

RI XIV, n. 3360. Deutsche Reichstagsakten (wie Anm. 38), Bd. 5,1,1, S. 303, n. 274; Schröcker, Unio atque con-
cordia (wie Anm. 71), S. 156-167.

Deutsche Reichstagsakten (wie Anm. 38), Bd. 5,1,1, S. 287-299, n. 269-271 (Belehnungsurkunde und Berichte); RI
XIV, n. 3441 und 3446.

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