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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0039
rii deuotarum dominarum ordfinisj sfanctaej Ciarae pro VI s. (arg.) anno d[omi]ni 1483.ls Es
ist also Spekulation, zu behaupten, Sibilla hätte die Franziskus-Legende nicht übersetzt - das
Gleiche gilt natürlich auch umgekehrt.

Kommen wir auf die Beschreibung der Miniaturen der Sibilla zurück. Friedrich Schmoll
äußerte sich 1918 über ihre Arbeit folgendermaßen:19 „Eine Beurteilung dieser Illustrationen ist
recht schwierig, und ich konnte keine künstlerische Analogie dazu finden; indes muß festgestellt
werden, dass hier ein Künstler arbeitet, der die Gesetze der Linear-Perspektive noch nicht
kennt ... Einzelheiten, wie Blumen und Musterung der Gewandung, gibt der Maler fein und
wohlgelungen wieder, setzt auch die Personen psychologisch in Verbindung zueinander. Aber
man betrachte das unmögliche Knien der Bettler bei Nr. 4 und deren Körperverdrehungen.
Auffallend breit sind die Gesichter mit den runden Pausbacken, ferner die langen Finger ohne
Gelenke; die Gewandsäume sind stets in der selben Weise gegeben, eine Reihe weißer Punkte
wird nebeneinander gesetzt. Sollten die Bilder ... gleichzeitig mit der Handschrift entstanden
sein, so müsste der Illuminator vielleicht in bewusster Weise archaische Formen verwendet
haben." Nun, die Frage Maler oder Malerin hat sich geklärt. Der Bettler mit den verdrehten
Beinen ist mit Sicherheit ein von der Mutterkornvergiftung (Ergotismus) befallener Mensch
(Abb. 2).20 Hinsichtlich der Kleidung sei gesagt, dass in der Klaren-Legende sich die Heilige in
viele verschiedene Gewänder - mit goldenen Applikationen oder goldenen Säumen - kleidet.21

Die nächste, ausführliche Arbeit, die sich mit der klösterlichen Malerei des Mittelalters
beschäftigt, erschien 1953.22 Ein eigenes Kapitel darin ist der „Buchmalerei aus Frauenklöstern
" gewidmet. Offensichtlich waren die in London liegenden Werke seinerzeit nicht
bekannt, weshalb Sibilla von Bondorf nicht namentlich genannt wurde. Die Diskussion ist auf
die in Freiburg, München und Karlsruhe liegenden Werke beschränkt. Aufgrund eines Hinweises
von Kurt Bauch, des damaligen Freiburger Ordinarius für Kunstgeschichte, werden als
Vorbilder der „Nonnenmalerei" der „Meister des Frankfurter Paradiesgärtleins" und auch der
Staufener Altar postuliert.23 Beides ist nicht haltbar, wie bereits früher ausgeführt.24 Die Nähe
zum Paradiesgärtlein findet sich auch an anderer Stelle und wird auf Stefan Lochner ausgedehnt
.25 Zusammenfassend wird die „Nonnenmalerei" eher abwertend beurteilt:26 „Die Gesamtcharakteristik
der Freiburger Nonnenmalerei ist etwa folgendermaßen zusammenzufassen: Die
Figuren tragen runde schematisch gezeichnete Köpfchen ohne Kinn, in denen Augen, Mund
und Nase wie Knöpfe eingesetzt sind. Ihre Bewegungen und Stellungen fließen weich und sind
ohne heftige Aktion. Die Gegenstände sind ihrer Eigenständigkeit beraubt und innerhalb des
Bildraums nur noch Schmuck ... Alles ist sehr wirklichkeitsfern, verträumt, märchenhaft. Alles
lebt ohne Tiefe. Die Hände der Nonnen waren geschickt, sauber und fleißig: ihre Arbeiten sind
teilweise sogar sehr reizvoll, entwicklungsgeschichtlich sind sie aber ohne Bedeutung. Die
Kunst eines Paradiesgärtleinmeisters, und wahrscheinlich nicht nur sie, wird bis zum Schema
vereinfacht, einseitig gesteigert, verflacht, um so die ausser künstlerischen Ansprüche der
Nonnen zu befriedigen ... keinen Anspruch mehr stellt, als das durch die Lektüre mystischer
Schriften schwärmerisch angeregte Bildbedürfnis der Nonnen zu stillen ... entspricht der Ab-

Horodisch (wie Anm. 17), S. 224.

Friedrich Schmoll: Die Heilige Elisabeth in der Bildenden Kunst des 13. bis 16. Jahrhunderts, Marburg 1918.
DNB Leipzig, Klernm-Sammlung I 104, fol. 84v. Ein ähnlich verkrüppelter Bettler rindet sich in BLB Karlsruhe,
Thennenbach 4, fol. 17r. Vgl. die Darstellung auf dem Isenheimer Altar von Matthias Grünewald.
BLB Karlsruhe, Thennenbach 4, fol. 13r, 15r, 16v, 18r, 18v, 23v und 28v bis sie ab fol. 32r als Nonne auftritt.
Christian von Heusinger: Studien zur oberrheinischen Buchmalerei im Spätmittelalter, Dissertation, Freiburg 1953.
Ebd., S. 104.

Heiland-Justi (wie Anm. 17), S. 285f.
Steingräber (wie Anm. 13), S. 239.
von Heusinger (wie Anm. 22), S. 105.

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