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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0041
geschlossenheit der Nonnen gegenüber allem Außenleben ..." Die Arbeit über den „Meister des
Frankfurter Paradiesgärtleins" stammt von 1932.27 Darin findet sich eine seltsame Beschreibung
einer Geißelung Christi: „... die Schergen mit Judenprofil oder breiten Backenfalten .. ,"28
Eine Art vorauseilender Gehorsam? Auch in der Publikation von 1953 wird - wie oben zu lesen
war - von „geschickten, fleißigen und sauberen Hände der Nonnen" und von „entwicklungsgeschichtlich
ohne Bedeutung" gesprochen:29 Da scheint noch immer das faschistische Frauenbild
durchzuschimmern. Wahre und hehre Kunst kann scheinbar nur von Männern kommen.

Eine ausführliche und allgemeine Diskussion der Problematik der Rezeption der mittelalterlichen
Kunst vor allem aus Frauenklöstern würde hier zu weit führen, zumal Ausführliches an
anderer Stelle zu finden ist.30 Wie dem auch sei, auch die Punktaugen perpetuieren sich und finden
sich 1996 als „... ronde schematisch getekende kopjes zonder kin waarbij de ogen en de
mond als knoppen zijn ingezet".31 Die Punktaugen sind auch noch im Jahr 2008 vorhanden: „...
auffallend kindlichen Physiognomien mit rundem Kopf, punktartigen Augen, kleinem Mund

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Diskussion

Einige der vermeintlichen Beobachtungen, die sich festgesetzt zu haben scheinen, sind schlichtweg
falsch. Ein Blick mit dem Vergrößerungsglas auf die Originale lässt die Augen - worauf
bereits hingewiesen wurde - als mit Pupille und Iris ausgeführt erkennen (Abb. 3).33Das Kinn
ist mit einem feinen Strich angedeutet und der Mund hat deutlich Ober- und Unterlippe, keine
Knöpfe. Diese Art das Gesicht zu charakterisieren findet sich sowohl auf den Miniaturen des
„Codex Manesse" als auch der „Legenda Aurea".34 Die Nase wird in einem Schwung durchgezogen
, wie es auch „moderne" Künstler z.B. Henri Matisse machen. Die Augen werden von
ihm zumeist mit starkem Unterlidstrich gemalt, etwa bei dem Bild „Madame L.B. (Lucienne
Bernard)" (Abb. 4a). Sibilla lässt diesen Strich durchgehend weg wie übrigens auch Matisse bei
dem Bild „Madame L.D. La blouse bleu" (Abb. 4b). Damit verlieren die Gesichter den starrenden
, strengen Ausdruck, den wir auch von byzantinischen Mosaiken oder mittelalterlichen
Glasfenstern kennen.

Nicht erwähnt wird in allen Arbeiten über die Miniaturen die absolute „Größe" der Bilder.
Bei den Außenabmessungen von 7x10 cm sind die Gesichter nur etwa 1 cm im Durchmesser,
Augen und Finger messen 1 mm, da etwa noch Gelenke zu malen, ist schier unmöglich. Viele
der Details der Bilder müssen mit einem „Einhaar-Pinsel" gemalt worden sein. Das ist hohes
technisches Können. Zum Stichwort „wirklichkeitsfern": Die Geburtsszenen der hl. Klara und

Kurt Bauch: Holzschnitte vom „Meister des Frankfurter Paradiesgärtleins", in: Oberrheinische Kunst. Jahrbuch der
oberrheinischen Museen V (1932), S. 161-170.

Ebd., S. 169. Kurt Bauch war ab 1. Mai 1933 Mitglied der NSDAP und wurde im SS 1933 Professor für
Kunstgeschichte. Die zwischenzeitlich vakante Stelle war bis zum WS 1932/33 von Walter Friedländer vertreten worden
. Als Jude wurde dieser im SS 1933 - von Martin Heidegger - „beurlaubt", http://www.ikg.uni-karlsruhe.de/pro-
jekte/kgns/lektiographie frameset.htm (26.04.2011). Nach freundlicher Auskunft von Rüdiger Becksmann, Freiburg,
verließ Kurt Bauch nach dem 20. Juli 1944 seine Marinedienststelle in Berlin und kehrte an die Universität Freiburg
zurück.

Christian von Heusinger schloss sich später offensichtlich der Friedensbewegung an.

Jan Gerchow/Susan Marti: Nonnenmalereien, Versorgungsanstalten und Frauenbewegungen, in: Krone und
Schleier (wie Anm. 15), S. 143-154.

Clara Bruins: Mystik in Miniatur, Dissertation, Amsterdam 1996.
Bodmann-Kornhaas (wie Anm. 3), S. 203.
DNB Leipzig, Klemm-Sammlung I 104, fol. 73v.

Codex Manesse, Große Heidelberger Liederhandschrift, Universität Heidelberg, cpg 848, (1305-1340), fol. 219v;
Legenda Aurea des Jacobus de Voragine, hg. von Jacques Laager, Zürich 1982.

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