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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0046
«Legenda aurea» dokumentieren das hohe Niveau der Buchmalerei des hohen Mittelalters
..." Das gilt wohl auch für Sibilla am Ende des 15. Jahrhunderts. Seinerzeit wurden alle
Heiligen und Engel mit blonden Haaren dargestellt, natürlich auch auf dem Staufener Altar.

Eine offene Frage ist jene der Perspektive. Durfte, wollte oder konnte Sibilla nicht? Auf einigen
ihrer Bilder nutzt sie eine Art „Kavaliersperspektive", ein in der Darstellenden Geometrie
gebräuchlicher Begriff.39 Der Grabstein der hl. Elisabeth ist etwa so gemalt (Abb. 7). Weitere
Beispiele sind die Altäre in verschiedenen Szenen der Klaren-Legende und der Elisabeth-
Legende.40

Eine weitere Bemerkung zur Farbenwahl: Gelb ist traditionell die Farbe des Neides und des
Gewandes des Judas. Es kommt also außer bei den Haaren, dort aber als goldgelb, kaum vor. Es
überwiegen Blau, Rot und Grün, sie stehen für Glaube, Liebe und Hoffnung. Blau und Weiß sind
immer die Altardecken gemalt. Blau und Rot wird oft für den Hintergrund verwendet, Grün für
die Blumenwiesen im Vordergrund. Der Hintergrund ist bei Sibilla selten einfarbig, sondern
meist - wie in der „Legenda Aurea" - teppichartig gemustert. In einigen Bildern malt Sibilla ein
vollständiges Interieur oder noch mehr z.B. in dem Bild der Schreiberin und Straßburger Äbtissin
Magdalena Steimerin.41 Das unterscheidet diese Bilder von den Heiligen-Miniaturen vom
Ende des 15. Jahrhunderts einer Basler Handschrift aus dem dortigen Kartäuserkloster, die
durchgehend einen einfarbigen Hintergrund haben.42 Ein Beispiel für die „konventionelle" Art
der Miniaturen ist das Elisabeth-Bild aus einer Handschrift von 1479, also zeitgleich mit Sibilla:
Rahmen, fast einfarbiger Hintergrund, Blumenwiese, blauer Mantel, Brot und Krug in den
Händen, alles comme il faut. Der Blick ist aber durch das durchgezogene Unterlid streng.43

Eine andere Eigenheit der Bilder der Sibilla sind die Engel, die mit unterschiedlichen
Accessoires und unterschiedlicher Mimik das Geschehen begleiten. „Abgeschlossenheit" der
Nonnen von der Welt? Welch ein Widerspruch! Wie sollten dann die Nonnen den Staufener
Altar kennen, die Bilder des Stefan Lochner oder des „Meisters des Paradiesgärtleins"? Vielleicht
durfte Sibilla gelegentlich das Freiburger Münster besuchen und kannte somit das
Tympanon, die Glasfenster und Figuren.44 Zu den Stiftern der Freiburger Glasfenster am Ende
des 15. Jahrhunderts gehörten u.a. die Familien Bondorf, Heininger, Heinrici und Vogt.45 Die
Witwe Elsbeth Heinrici und ihr zweiter Ehemann, der Metzger und Münsterpfleger Johannes
Heininger, wohnhaft im Haus „Zum Regenbogen",46 wurden eingangs in diesem Zusammenhang
bereits erwähnt. Sie stifteten das Elisabeth-Fenster, das sich jetzt in der Sakristei befindet.
Die hl. Elisabeth hält in der Linken einen Wecken, den sie einem Bettler reicht, in der Rechten
zeigt sie ein aufgeschlagenes Buch. Weitere Stifter, die mit Sibilla und der Schreiberin Elisabeth
Vögtin in Bezug stehen können, sind: 1476 Margreth Vögtin, Witwe des Symon Oberriet, 1507
Ludwig Heinrici und seine Frau Vrena, geb. Wetzel, sowie Ulrich Riedrer und seine Frau Vrena,
geb. Bondorf.47 Die Familie Heinrici ist wohl 1429 aus Waldkirch nach Freiburg gekommen.

Die Kavalierperspektive gehört zu den dimetrischen Darstellungen. Die Projektionsebene verläuft senkrecht zu den
beiden Hauptprojektionsachsen (links-rechts, oben-unten). Die Projektion der dritten Koordinatenachse verläuft unter
45° und die Maßstäbe sind auf allen drei Koordinatenachsen gleich.

BLB Karlsruhe, Thennenbach 4, fol. 16v und 18v; DNB Leipzig, Klemm-Sammlung I 104, fol. 24v und 172v
BLB Karlsruhe, Thennenbach 4, fol. 16v, 18v und 157r. Abgedruckt in Werner Heiland-Justi: Sibilla von Bondorf
- Malerin heiliger Frauen und heiliger Männer, Lindenberg 2010, Abb. 10, 11 und 33).

Heinrich Arnoldi von Alefeld: Meditationes et orationes de sanctis mulieribus, Universitätsbibliothek Basel, cod. B
X 36, fol. 2r-53v

700 Jahre Elisabethkirche in Marburg 1283-1983, Bd. 7, hg. von Herwig Göddeke, Marburg 1983, S. 55 und Abb. 2
(aus einer Handschrift des Frauenklosters zu Kilckberg von 1479).
Emil Späth: Das Tor zum Leben, Lindenberg 2004.

Becksmann (wie Anm. 5), S. 392. Vgl. auch die Wappensammlung im Stadtarchiv Freiburg.

Hermann Flamm: Geschichtliche Ortsbeschreibung der Stadt Freiburg im Breisgau, Bd. II, Häuserstand 1400-1806
(Veröffentlichungen aus dem Archiv der Stadt Freiburg im Breisgau 4), Freiburg 1903, S. 127.
Becksmann (wie Anm. 5), S. 392.

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