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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0055
Das Verfahren vor dem Landvogt

Nach diesen Vorfallen brachte die Ebringer Herrschaft beim habsburgischen Landvogt in
Ensisheim eine Klage gegen die Stadt ein,15 da diese dero von Emps ihre gericht geschmäht,
darin gefallen usw., und begehrte abtrag. Dagegen erhob Freiburg Widerklage ebenfalls mit
dem Begehren auf abtrag, da von Seiten Ebringens durch ir selbsgewalt die unsern geschädigt,
in sie geschossen, geschlagen, geworfen, vil verwundt, ein entlibt, darzu unser fänli zerrissen,
geschmäht usw.16 Bei der Landvogtei wurde das Verfahren unter dem Betreff geführt: der uffrur,
mißhell und fürnemens halb.11 Der Landvogt setzte wiederholt Termin an, konnte aber gegen
die Widerspenstigkeit der Parteien zunächst nichts ausrichten. Es brauchte einen Befehl König
Maximilians, dass es schließlich doch noch am 26. Oktober 1495 zur entscheidenden Verhandlung
kam. Die Zuständigkeit der Ensisheimer Regierung ergab sich daraus, dass beide Parteien
vorderösterreichische Landstände waren. Die Stadt hatte sich 1368 von ihrer bisherigen Herrschaft
der Grafen von Freiburg gelöst und sich unter die Obhut des Hauses Habsburg begeben.
Anders war die Situation in Ebringen, das Allodialgut der reichsunmittelbaren Abtei St. Gallen
und seit 1349 an die Herren von Hornberg und deren Nachfolger zu Lehen ausgetan war. Die
Adelsherrschaft hatte sich ebenfalls mit Osterreich verbunden, womit Ebringen zwar st.-gallisches
Lehengut blieb, andererseits jedoch der vorderösterreichischen Landeshoheit unterstand.
Ebringen wurde daher nicht dem breisgauischen Prälatenstand zugerechnet und blieb auch später
nach dem 1621 erfolgten Heimfall an St. Gallen beim Ritterstand. Ortsherrin war zur Zeit
des Kirchweihstreits Helena geborene von Klingenberg, Witwe des Ritters Hans von Embs. Sie
wurde unterstützt von ihrem Schwiegersohn, dem tirolischen Ritter Jörg von Ebenstein, der ihre
Tochter Veronika geheiratet hatte.18 Vertreten durch die Herrschaft waren als Prozessbeteiligte
auf Ebringer Seite auch Vogt, Geschworene und ganze Gemeinde in das Verfahren einbezogen.

Die Stadt Freiburg und die Adelsherrschaft Ebringen, beide im Besitz der vollen Gerichts-
barkeit einschließlich der Hochgerichtsbarkeit, jedoch unter dem Schirm Österreichs, traten
sich hier als gleichberechtigte Parteien gegenüber, die ihre Konflikte vor der übergeordneten
Stelle, dem Landvogt in Ensisheim, auszutragen hatten. Die vorländische Regierung fungierte
dabei als Austrägalgericht, das die Streitsachen der landständischen Glieder schiedlich, wenn
auch mit Nachdruck zu regulieren hatte. Das Schiedskollegium wurde vom Landvogt, Caspar
von Mörsperg, präsidiert und bestand im Übrigen aus den königlichen Räten Graf Konrad von
Tübingen und Herr zu Lichteneck, Statthalter Ritter Ludwig von Maßmünster, Kanzler Doktor
Konrad Stürtzel, Ritter Walter von Andlau, Doktor Johannes Knapp, Ulrich Riedrer sowie dem
Landschreiber Michel Armstorfer. In dieser Besetzung dominierte also der elsässische und
breisgauische Adel, was für Ebringen eine vorteilhafte Ausgangssituation bilden mochte. Auch
waren die Beziehungen Freiburgs zu Caspar von Mörsperg nicht nur freundlich und man
beklagte vonseiten der Stadt wiederholt dessen anmaßendes Auftreten. Im „Untreubuch" findet
sich dazu der nach dem Abschluss des Rechtsstreits mit Ebringen eingetragene Vermerk: Unser
herr landvogt ist einer gemeinen statt des zwey jar har, sid dis buch angefangen ist, gar unfrunt-
lich gesin.19

Indessen fallen hier zwei Namen ins Auge, welche nicht nur für politische Positionen, sondern
auch für fachliche Kompetenz und persönliche Integrität stehen: Konrad Stürtzel und

15 Ebd., S. 613; ungenau Schreiber (wie Anm. 2), S. 198: „Der Landvogt zog die Sache an sich."

16 Urkundenbuch Freiburg (wie Anm. 1), S. 617f.

17 So im Schiedsspruch vom 30. Oktober 1495 (siehe Anhang).

18 Zu den komplizierten lehnrechtlichen Verhältnissen vgl. Clausdieter Schott: Lehnrecht der Abtei St. Gallen -
Das Beispiel Ebringen, in: Festschrift für Claudio Soliva, hg. von Clausdieter Schott und Eva Petric, Zürich
1994, S. 272-293, hier S. 283.

19 StadtAF, B5 IIIc Nr. 10, fol. 5r; vgl. auch Schreiber (wie Anm. 2), S. 190.

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